Einen Strand in der Stadt zu haben und spontan Beachvolleyball spielen zu können, ist echt ein Traum. Da können Münsters Beachvolleyball-Plätze nicht mit den Stränden Barcelonas mithalten. Auch wenn diese künstlich mit Sand aus Ägypten anlässlich der olympischen Spiele aufgeschüttet wurden.
Fährt man mit dem Fahrrad etwas raus aus der Stadt zu den Abschnitten Marbella oder Bogatell, wird er sogar richtig schön. Samstags fahre ich oft mit den Leuten vom Beachvolleyball 30 Minuten mit dem Zug nach Castelldefells. Dort ist es ruhiger und man kann den ganzen Tag beachen und die Sonne genießen.
Sucht man jedoch richtig klares, türkises Wasser, Felsklippen und Pinienwälder, muss man noch ein bisschen weiter fahren.
Wir haben ein Auto gemietet und sind an die Costa Brava nach Sa Riera gefahren, das war wunderschön.
Mit meinem Besuch aus Deutschland bin ich außerdem in die Berge Richtung Norden gefahren. Der Naturschutzpark der Vulkane der Garrotxa liegt im Nordosten Kataloniens und man kann wunderbar wandern und sich eine Auszeit vom turbulenten Stadtleben gönnen.
Die kleinen mittelalterlichen Dörfer Santa Pau, Besalú und Castellfollit de la Roca sind auch einen Besuch Wert.
Und in den Bergen bei Sadernes ganz in der Nähe, haben wir ein wunderschönes Airbnb gefunden mit einer Terasse, von der aus man einen Blick über die bewaldeten Berge hat.
Auf dem Rückweg haben wir noch einen Zwischenstop in Girona eingelegt. Fans von Game of Thrones erkennen bestimmt einige Drehorte wieder.
Wenn man nicht so weit fahren möchte, kann man 23 Minuten mit dem Zug nach La Floresta fahren, einem kleinen Dorf auf der anderen Seite des Berges Tibidabo, in dem Anfang 1900 die reichen Barcelonesen dekadente Wochenendhäuser gebaut haben.
Da sie ihre Wochenenden bald glamouröser am Meer verbringen wollten, verließen sie in den 60er Jahren ihre Chalets, die daraufhin verfielen und in Vergessenheit gerieten. Jahrzente später kamen die Hippies und Künstler und machten La Floresta zu einem Ort voller Kreativität, Kunst und Handwerk.
Jeden Sonntag findet ein kleiner Markt mit Live-Musik und süßen Ständen statt, an denen selbstangebautes Gemüse, Zeichnungen, Pasten, Seifen, Keramik und handgefertigter Schmuck angeboten wird. Die Athmosphäre ist ausgelassen und hat dörflichen Charakter, weshalb man nicht wie in Barcelona das Gefühl hat, man müsste ständig auf seine Wertsachen aufpassen.
Ein paar Touri-Tipps für Barcelona
2011 war ich bereits in Barcelona und habe nun mit einer Freundin zum zweiten Mal die Sagrada Familia besucht. Es ist total spannend, was seitdem passiert ist und wie der Bau erweitert wurde. Kaum zu glauben, dass die Kirche 2026, zum 100. Todestag Gaudís, fertig gestellt werden soll. Eigentlich bin ich weniger an den typischen Touri-Attraktionen interessiert und Kathedralen habe ich auch schon genug gesehen. Aber die Sagrada Familia ist wirklich etwas Besonderes, auch wenn die Atmosphäre bestimmt etwas spiritueller wäre, wenn man nicht inmitten einer einzigen, lauten Touristenmasse mit Audio-Guide am Ohr und Handy in der anderen Hand stehen würde. Andererseits kann die Instandhaltung und der Bau der Kathedrale auch nur durch die Eintrittsgelder finanziert werden. Um stundenlange Wartezeiten zu vermeiden, sollte man aber unbedingt im Voraus Online-Tickets kaufen.
Empfehlenswert war auch die Free-Walking-Tour in meinem Viertel El Raval. Free-Walking-Tours sind alternative Stadtführungen, die auf Spenden basieren und in denen nicht nur die Hauptattraktionen abgehakt werden.
Chris aus Irland, der Mitbewohner einer Freundin, lebt seit mehreren Jahren in Barcelona und führt fast täglich durch das Viertel, von dem er so begeistert ist und in das er selbst ein paar Tage zuvor gezogen ist. (In sein altes Zimmer in El Born hat es immer reingeregnet und der einzige trockene Ort war der Schreibtisch. Deshalb hat er angefangen, Gedichte zu schreiben und diese beim Story-Telling-Abend im Pub Limerick vorzutragen. Aber damit kann er seinen Lebensunterhalt auch nicht bezahlen). Und so erzählt er von der allgegenwärtigen Street Art, von Problemen wie Gentrifizierung durch Ladenketten und Airbnb, von Ungerechtigkeiten gegenüber „illegalen“ Einwanderern und von wahren Gruselgeschichten an den originalen Orten.
Jetzt gehe ich viel aufmerksamer durch mein Viertel, weiß von einigen Graffitis, durch wen sie entstanden sind und was sie bedeuten und finde immer neue „Doseninstallationen“ von Milata. Das ist ein Pärchen, das überall in Raval Dosen mit Buchstaben bemalt aufhängt, welche gegenseitige Liebesbotschaften darstellen. Besonders romantisch war der Heiratsantrag und die positive Antwort darauf, ebenfalls in Dosenform.
In Barcelona trifft man viele interessante Menschen und bunte Vögel, die schon viel erlebt haben, kaum Pläne machen, sondern einfach machen, worauf sie Lust haben und das Leben auf sich zukommen lassen. Mir fällt auf, dass alle super offen sind und es total leicht ist, nette Leute kennenzulernen. Auch die Leute, die schon jahrelang in Barcelona leben, erweitern gerne ihre Freundeskreise, auch wenn man selbst nur für einen begrenzten Zeitraum in der Stadt ist. In Salamanca hatte ich eher das Gefühl, dass viele denken, es würde sich nicht lohnen, mit einem Erasmus-Studenten befreundet zu sein, der nur ein paar Monate in der Stadt ist. Hier in Barcelona genießt man die Zeit im Hier und Jetzt, unternimmt viel zusammen, lernt über andere Kulturen und Lebensweisen. Man weiß ja selbst nicht, wie das eigene Leben in ein paar Monaten aussieht. So kann man nicht sein ganzes Leben leben, aber im Moment lebt es sich gut. Und die Begegnungen sind nicht oberflächlich, auch wenn man sich wieder von jemandem verabschiedet, den man eigentlich liebgewonnen hat. Heutzutage ist man ja so vernetzt, dass man Kontakte leicht pflegen kann und sich bestimmt nicht zum letzten Mal sieht.
Zum Thema interkulturelles Lernen: Unter der Aufsicht von Giulia habe ich neulich das beste original italienische Tiramisu zubereitet, was ich je gegessen habe. Das kann ich euch nicht vorenthalten. Achtung: nicht für Veganer oder Menschen auf Diät geeignet.
Man rührt eine Masse aus 150 g Zucker, 5 Eigelben und einem ganzen Ei (lange mit dem Handrührgerät aufschlagen), sowie zwei Schalen Mascarpone an. Diese mit in Kaffee und Marsala (italienischem Schnaps) getränkten Löffelbiskuits oder (Butter-) Keksen abwechselnd schichten. Wichtig ist, dass die Kekse nicht zu trocken und nicht zu durchtränkt sind und dass es vier Schichten sind. Dazwischen ist dann immer nur wenig Masse, das ist gewollt. Am Ende raspelt man dunkle Schokolade darauf und lässt die Schale voller Kalorien mindestens eine Stunde im Kühlschrank ruhen, bevor man sie verspeist. Am nächsten Tag schmeckt es fast noch besser, wenn man denn so lange warten kann.
Mein Praktikumsalltag
Mein Praktikumsalltag ist total vielfältig. Neben der Hospitation in einigen Kursen besteht er vor allem aus selbst organisierten Angeboten: Dem Filmabend, kursbegleitenden Tutorien, dem Konversationskurs im Café Cosmo und meinem A2-Deutschkurs.
Letzterer findet dienstags und donnerstags am Campus Mundet statt, welcher ebenfalls zur Universitat Barcelona gehört. Dieser liegt etwas außerhalb auf einem Berg ca. 20 Minuten nördlich des Zentrums. Von der Metro-Station muss man etliche Treppen an den unterschiedlichen Uni-Gebäuden vorbei bewältigen, um nach ganz oben zu gelangen, wo sich das erziehungswissenschaftliche Gebäude befindet, in dem ich unterrichte.
Daneben befinden sich eine Kirche, ein großer Platz und ein Brunnen. Der Campus Mundet erinnert fast an ein Bergdorf. Der Campus ist voller Pinien, Palmen und Grasflächen und ich komme oft früher, um ein bisschen der Hektik des Zentrums zu entfliehen und mit einem Kaffee auf der Terrasse der Cafeteria die Sonne zu genießen. Auch der Innenhof des Gebäudes ist sehr schön und hat ein Wasserbecken.
Leider ist mein Unterrichtsraum dagegen eine Vollkatastrophe. Der Raum wird zu 95% von einem riesigen Holztisch eingenommen. Dazu gibt es kein Tageslicht, sondern nur grelles Neonlicht. Die Tafel ist viel zu hoch und man kann sie auch nicht verschieben.
Die Raumsituation bietet natürlich schlechte Voraussetzungen für Gruppenarbeiten oder Bewegungsspiele im Raum. Leider kann ich den Raum aber nicht wechseln, da alle anderen belegt sind.
Ich habe sogar ein Büro mit Apple-Computer. Aber da dieses die gleiche ungemütliche Atmosphäre hat, bereite ich Unterricht lieber zuhause oder in einem der schönen Cafés vor.
In meinem Fortgeschrittenen-Kurs wird mit einem A2-Buch gearbeitet, in Wirklichkeit haben die Studierenden aber ganz unterschiedliche Niveaus, was es schwierig macht, den Unterricht so zu gestalten, dass niemand überfordert wird und sich niemand langweilt.
Ich versuche den Unterricht so anschaulich und abwechslungsreich zu gestalten, auf die Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer einzugehen, viele Sprechanlässe zu schaffen und Grammatikeinheiten in inhaltliche Kontexte einzubinden, damit sie eher nebenbei und nicht als trockene Pflicht gelernt werden. Außerdem versuche ich alle Lerntypen anzusprechen, zwischen den Sozialformen zu wechseln und den Unterricht insgesamt so zu gestalten, wie ich selbst gerne eine Sprache lernen würde. Es macht total Spaß, alles selbst zu planen und gestalten zu können und die Aspekte, die einen bei bereits absolvierten Sprachkursen gestört haben, anders zu machen. Zum Beispiel als Lehrperson nicht strikt an seiner Stundenplanung hängen zu bleiben, sondern auf spontane Fragen eingehen zu können und aufkommende Grammatikthemen zu behandeln, auch wenn sie eigentlich nicht auf dem Plan stehen. Oder auch nicht ausschließlich mit dem Buch zu arbeiten, sondern auch die Lebenswelt der Teilnehmer miteinzubeziehen. Natürlich muss man trotzdem irgendwie mit dem Stoff vorankommen und kann sich nicht drei Wochen mit einer Lektion beschäftigen, aber ich fühle mich jedes Mal sicherer und habe das Gefühl, mit jeder Stunde dazuzulernen. Gleichzeitig erweitere ich auch meinen spanischen Wortschatz. Oft muss ich viel Spanisch reden und übersetzen. Dabei ist es eine Herausforderung, die deutsche Grammatik auf Spanisch zu erklären, wenn man in der spanischen Grammatik selbst noch Lernbedarf hat. Aber ich bin schon sehr froh um meine fünf Jahre Schulspanisch und mein Auslandssemester in Salamanca.
Weitere Uniaktivitäten
Ich habe ja bereits erwähnt, dass die spanischen Studierenden die kostenlosen, außercurricularen Angebote zum Sprachenlernen kaum nutzen, was echt schade ist. Der DAAD in Barcelona gibt echt viel Geld für tolle Angebote aus. Allerdings kann man auch noch an den Werbestrategien arbeiten. Die facebook-Seite des DAAD (Deutschlektorat Barcelona), welche wir Praktikanten betreuen und auf denen wir alle Events posten, wird kaum gesehen. Es gibt lediglich eine Handvoll „Facebook-Freunde“) und das Profilbild zeigt einen Leuchtturm, was man jetzt nicht unbedingt mit dem DAAD verbindet. Deshalb hoffen wir darauf, dass unsere Plakatausdrucke an den schwarzen Brettern Beachtung findet. Kontraproduktiv ist dabei, dass die Plakate wöchentlich entfernt werden und wir jede Woche die gleichen Plakate neu ausdrucken und aufhängen müssen. An der Uni fällt generell auf, dass man einige Organisationsstrukturen verbessern könnte. Beispielsweise müssen wir jede Woche die Sekretärinnen fragen, ob uns der Hausmeister die Aula zu unserem Tutorium aufschließen kann.
Aber zurück zu den tollen Angeboten des DAAD. Vor zwei Wochen fanden Impro-Theater-Workshops mit zwei Mitgliedern des Impro-Theaters „Artig“ aus Österreich statt. Vormittags für die Studierenden, nachmittags für Lehrende. Es hat viel Spaß gemacht, selbst alles auszuprobieren. Ich habe viele Anregungen erhalten, wie man Improvisation vielfältig im Fremdsprachenunterricht einsetzen kann und habe direkt eine Übung in meinem Kurs ausprobiert.
Letzte Woche kam der österreichische Filmressigeur Arman Riahi an die Uni und zeigte seinen neuen Film „Die Migrantigen“ auf Deutsch mit spanischen Untertiteln. Danach gab es eine Diskussion. Im Dezember wird es außerdem ein Workshop-Wochenende mit dem Filmemacher Stefan Bohun geben, bei dem es um das Erstellen eigener Kurzfilme geht. Außerdem wurde der deutsche Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar eingeladen, um einen Vortrag über die 68er-Bewegung international zu halten. Und das alles kostenlos! Ich hoffe, dass ich wenigstens meine Schüler dazu motivieren kann, die Angebote wahrzunehmen.
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