Hallo, liebe ERASMUS-Menschen. Mein Name ist Emil, ich studiere Grundschullehramt in Münster und absolviere gerade ein Praktikum an der Heworth Primary School im wunderschönen York. Zur Schule werde ich in einem späteren Post mehr schreiben, jetzt lernt ihr erst einmal aus erster Hand den nach Schokolade duftenden Dschungel aus hübschen Läden, alten Gebäuden und reizenden Kneipen namens York kennen, in dem ich mich bis Ende Dezember wiederfinde.
Und ja richtig, York riecht unter der Woche nach Schokolade. Das liegt an einer großen Fabrik direkt außerhalb der Stadt, die Schokoriegel herstellt. Jetzt fehlt nur noch dass ich eine goldene Eintrittskarte gewinne (Hoffnung stirbt zuletzt).
Im Weiteren erzähle ich euch wie ich wohne, wie ich hierhergekommen bin, wie die Stadt so ist und was ich von den bevölkernden Homo Sapiens halte. Lea, meine Kollegin an der Grundschule hat übrigens ebenfalls einen (weitaus professionelleren) Blogpost über York veröffentlicht, also werde ich versuchen, möglichst nicht allzu viel davon zu wiederholen – viel Spaß beim Lesen!
Unterkunft
Ich habe bereits mit vielen ERASMUS-Studenten hier in York gesprochen und soweit ich feststellen kann, habe ich – was die Unterkunft angeht – sowohl das meiste Glück und das meiste Pech gehabt. Glück zuerst: Ich wohne derzeit in einem kleinen Haus in Clifton, im Norden Yorks. Meine Mitbewohner sind zwei nette Polen Mitte dreißig, mit denen ich mich blendend verstehe. Mein Zimmer ist zwar klein und spartanisch, aber ich habe den Rest des Hauses zur Verfügung und – Bonus – im Schuppen stehen Hanteln und eine Bank, wodurch ich Fitnessstudio-Gebühren spare. Das Beste: Beide meiner Mitbewohner arbeiten Nachtschichten und schlafen tagsüber, was bedeutet, dass ich quasi das ganze Haus für mich habe!!!
Pech hatte ich dagegen mit der ersten Wohnung, die ich ausgesucht hatte. Deren Vermieter hatte ich einen Vorschuss zugeschickt, kurz bevor ich auf die andere (rund 100 Pfund billigere und viel bessere Wohnung gestoßen war). Zwar wurde mir zugesichert, dass ich meinen Vorschuss umgehend zurückbekommen würde, jedoch ist dies schon ca. drei Monate her und ich bin immer noch ähnlich arm. Na ja, lieber arm dran als Arm ab. Ich bin aber auf gutem Wege, das Debakel zu lösen und habe dies bis zum nächsten Blogpost hoffentlich geklärt.
Anreise
Ich habe viel Kram! Und wenn ich ein paar Monate irgendwo wohnen soll, dann nehme ich gern einen Teil davon mit. Daher habe ich mich dazu entschlossen die rund 1.000 Kilometer mit dem Auto zurückzulegen. So konnte ich z.B. meine Gitarre und mein Fahrrad mitnehmen, auf die ich nicht verzichten will, die als Handgepäck jedoch etwas umständlich gewesen wären. Die Tour verlief fast perfekt, abgesehen von dem kleinen Problem, dass ich in Calais aufgrund einer Sprachbarriere in der falschen Schlange stand und meine Fähre um 23:35 Uhr verpasst habe. Glücklicherweise verriet mir ein netter Mitarbeiter, dass es noch eine weitere (um 00:30 Uhr) gab, auf die ich mich evtl. schmuggeln könnte und ich konnte die Zeit gut nutzen um mithilfe eines Eddings, eines Taschenmessers, einem Stück Papier und etwas Haarwachs das gut sichtbar an meinem Spiegel hängende Ticket entsprechend zu fälschen (kein Scherz). Ansonsten lief alles gut und ich bin jetzt mobil mit Rad und Auto (zumindest ein Fahrrad empfehle ich jedem). Die größte Sorge, die ich vorher hatte, war die Umstellung auf Linksverkehr, das war jedoch kein Problem – mal sehen, ob ich die Rückreise überlebe.
Die Stadt
York ist wunderschön und vor allem ALT. Die Stadt ist auf einem alten römischen Lager namens Eberacum errichtet und man kann teilweise noch alte Ruinen sehen. Der Großteil der Altstadt stammt aus dem Hochmittelalter und die gotischen Fassaden, engen Gassen und altertümlichen Läden und Unmengen an Kneipen und Cafés machen York zu einem verworrenen, unübersichtlichen Schmuckstück, in dem ich mich auch nach mehr als zwei Monaten immer noch verlaufe! Wie auch in vielen anderen britischen Städten wird in York die Kneipenkultur großgeschrieben, wobei ich vor allem überrascht war, wie früh dies schon losgeht (die ersten Trinker sieht man ab 17:00, also quasi direkt nach dem Tee) und wie edel viele sich anziehen – auch wenn es nur auf ein Bier in die Kneipe geht. Diese reichen von spottbillig und süffig bis hin zu hoch edel und unbezahlbar – alle dicht beieinander und alle voller guter Laune.
Man sollte allerdings nicht denken, dass man nüchtern keinen Spaß haben kann! In York gibt es viele Museen und Touren, wovon eine ganze Menge umsonst sind, viele alte Gebäude – allen voran die mittelalterliche Stadtmauer und unzählige entzückende Geschäfte von denen man jeden Tag neue entdeckt. Außerdem scheint in York immer etwas los zu sein, sei es Kirmes, Straßenkünstler, Stadtfeste, oder Umzüge. Wer sich in York langweilt, der ist selbst schuld. Die Altstadt beherbergt ebenfalls die Inspiration für die berühmte “Winkelgasse” aus Harry Potter. In dieser finden sich innerhalb eines Radius von weniger als 20 Metern gleich 3 Harry-Potter-Läden, in denen ich mehr Zeit verbracht habe als ich öffentlich zugeben will. Da ich leider nicht nebenbei in einem dieser Läden arbeiten kann, mache ich hin und wieder das nächstbeste: unverhohlene Freude daran finden, die Mitarbeiter zu korrigieren.
Die Menschen
Die Leute in York sind freundlich, offen und hin und wieder seltsam! Damit wäre das meiste schon gesagt. Mich hat vor allem (positiv) überrascht, dass im Alltag so viel mit Fremden geplaudert wird, sei es mit Kassierern, Touristen oder anderen Kneipenbesuchern, ein Gespräch ist schnell begonnen und fröhlich. Man sollte auch erwähnen, dass in York unheimlich viele Studenten (viele davon international) leben, die die ganze Stadt nur bunter machen. Innerhalb von etwa zwei Wochen habe ich viele neue Freunde kennen gelernt, mit denen ich zu 100% weiterhin in Kontakt bleiben will. Die Yorker (Yorkaner?) können aber auch hin und wieder etwas aufbrausend sein und es kann wohl mal vorkommen, dass man vor einer Kneipe eine kleine Rangelei sieht. Insgesamt fühle ich mich bei diesen Leuten pudelwohl – niemand sollte befürchten, in York keine Freunde zu finden.
So, das war es erst einmal von mir. Im nächsten Post erzähle ich euch von der Schule, in der ich arbeite und gehe näher auf meinen Alltag ein.
Bis dann, cheers
Emil
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