こんにちは “Konnichiwa”
Auch wenn das Wetter dieses Mal leider eher regnerisch war, so möchte ich euch gerne von meinem Ausflug nach Nikko, der Sonnenschein-Stadt erzählen. Nikko ist eine Stadt ca. 140 km nördlich von Tokio in den Bergen und bekannt für viele historische Tempel und Schreine. Auch gibt es einen sehr schönen Nationalpark in der Nähe der Stadt, mit vielen Wasserfällen. Da dieser jedoch zur Herbstzeit aufgrund der “Autum-Colors” maßlos überfüllt ist, haben wir uns entschieden erst mal nur die Tempel zu besichtigen, hier war es schon voll genug.
Mit den Auto fuhren wir von Utsunomya nach Nikko, man benötigt ca. eine Stunde. Mit der Bahn benötigt man von Tokio aus ungefähr zwei Stunden. Zunächst muss man sich ein Ticket für 1300Yen kaufen (ungefähr 10€), hiermit darf man auch in die Schreine und buddhistischen Tempel hinein. Betritt man die Stadt, sieht man als erstes das berühmte Lagerhaus mit den Affen, die mittlerweile jeder als Emoji von seinem Smartphone kennt. Sie wollen nichts Böses sehen, hören und sprechen, deswegen halten sie sich entweder Augen, Ohren oder den Mund zu. Besonders auffällig finde ich die farbprächtigen Verzierungen der Tempel: Rot, Türkis, Gelb und eine ganze Menge Gold. Viele Fabelwesen und Tiere zieren die Wände, auch wenn die Künstler nicht immer wussten, wie die Tiere in Wirklichkeit aussehen, wie das Bild von zwei Elefanten beweist, die eher die Statur eines überzüchteten Bullen auf Anabolika haben.
Bevor man den Schrein betreten darf, muss man sich an einer Wasserstelle beide Hände sowie den Mund waschen. Das Wasser ist kalt und klar, da es aus einer Quelle des Berges stammt. Dann muss man sich kurz verbeugen, bevor man durch ein Tor die Treppen hoch zu den Gebäuden gehen kann. Zuerst haben wir den Shinto-Schrein betreten. Shinto ist neben dem Buddhismus die größte Religion in Japan. Ganz wichtig, bevor man den Schrein betreten darf, muss man seine Schuhe ausziehen. In Japan gilt es als sehr unhöflich, ein Gebäude mit Schuhen zu betreten. Im Schrein selber muss man sich hinknien, während ein Priester seinen Segen über einen spricht. Mit einem langen Stab, an dem weiße Fäden gebunden sind, vertreibt er alles Böse aus dem Raum. Dann wird gemeinsam gebetet. Hierfür verbeugt man sich zwei mal, klatscht zwei mal in die Hände um das Böse zu verscheuchen und betet dann mit zusammengelegten Händen vor dem Gesicht und leicht vornüber gebeugter Haltung. Beim Hinausgehen aus dem Schrein kann man kleine Talismane kaufen, die etwa für Sicherheit im Verkehr, gutes Prüfungsgelingen oder eine Hochzeit sorgen sollen. Am teuersten ist der Talisman für baldiges Kinderglück.
Weiter ging es eine Treppe hoch zu dem Grab mit der Leyasus Urne. Tokugawa leyasu gilt als einer der drei Reichsführer des föderalistischen Japans. Auf dem Weg vom Grab hinunter, haben wir für 100 Yen (80 cent) eine Zukunftsbotschaft gekauft. Durch die vielen Touristen gibt es auch eine englische Version. Leider sieht meine Zukunft wohl gar nicht rosig aus, ich sollte am besten meinen Job kündigen und die große Wendung, die ich erwarte, wird nicht eintreten – ein Glück, dass ich als Student arbeitslos bin und es mir eigentlich ganz recht ist, wenn die Dinge erst mal so bleiben wie sie sind. Das Gute jedoch ist, wenn man eine schlechte Zukunft gezogen hat, dann kann man seinen Zettel einfach an eine Schnur in der Nähe des Tempels binden und lässt damit sein schlechtes Schicksal zurück und kann wieder unbeirrt in die Zukunft blicken. Diese Mentalität, eine schweres Schicksal zu akzeptieren, aber auch hinter sich zu lassen, finde ich sehr schön. Auf dem Abstieg haben wir dann einen Abstecher zum buddhistischen Tempel gemacht. Japaner trennen nicht besonders scharf zwischen Shinto und Buddhismus, sodass es fast überall wo ein Schrein ist auch einen Tempel gibt. Auch hier muss man sich wieder die Schuhe ausziehen, allerdings wird anders gebetet. Man stellt sich einfach vor die Statue der Figur des chinesischen Sternenkreis, die zum Geburtsdatum passt, und betet mit aneinandergelegten Händen. Vorher hat uns der Priester demonstriert, was es mit dem Gemälde eines riesigen Drachen an der Decke auf sich hat. Wenn man mit zwei Holzstäben einen Klang direkt unter dem Gesicht des Drachen macht, hört man ein klirrendes Echo. Macht man dieses Geräusch irgendwo anders in dem Raum, etwa unter dem Körper des Drachen, hört man jedoch kein Echo.
Auf dem Weg zurück sind wir an einem Tempel vorbeigegangen, der für Hochzeiten berühmt ist. Vor dem Tempel steht ein geflochtener Ring. Wenn man drei mal durch diesen Ring hindurch geht, wird man später eine kinderreiche, glückliche Ehe führen. Kann ja nicht schaden und ist im Gegensatz zu denTalismanen auch kostenlos.
Unten in dem modernen Nikko angekommen, haben wir uns auf die Suche nach einem Restaurant gemacht. Es gab Soba (Nudeln aus Buchweizen in einer warmen Brühe mit Frühlingszwiebeln, angeblich sehr gesund) sowie Yuba. Yuba ist eine Spezialität Nikkos. Es wird hergestellt indem man Sojamilch kocht, sodass sich ähnlich wie beim Pudding eine Hautschicht bilden, das Yuba. Auch wenn die Japaner behaupten, es würde sich hierbei um eine herzhafte Mahlzeit handeln, schmeckt es meiner Meinung nach doch sehr nach Puddinghaut und damit eher süß, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten 🙂
Alles in allem kann ich jeden, der mal das Glück hat nach Tokio zu kommen, nur empfehlen einen Tagesausflug nach Nikko zu machen. Die Tempel sind einmalig und da der historische Kern fernab der Moderne in einem Wald liegt, kann man komplett abtauchen in diese wunderbare antike Welt Japans. Zudem kann man viel über die religiösen Bräuche der Japaner lernen.
さようなら, またね “Sayonara, Matane”
Viele liebe Grüße und bis bald,
eure Anna
Hallo Anna,
Deine Berichte sind nicht nur für Medizinstudenten interessant, sie zeigen deine Erlebnisse lebendig und es macht Spaß, sie zu lesen.
Weiter so.
Liebe Grüße aus Kupferdreh