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Mein Alltag an der University of Pennsylvania

Hallo zusammen! In diesem Blog-Eintrag möchte ich ein wenig über meinen Alltag an der „University of Pennsylvania“ berichten. Wie bereits im ersten Beitrag erwähnt, studiere ich im Master Chemie an der Uni Münster.

Wir haben hier das große Glück im dritten Semester ein Praktikum absolvieren zu können, das uns als Teil des Studiums angerechnet wird. Ob in Deutschland oder im Ausland ist dabei völlig egal. Nachdem man sich also durch den mühseligen Bachelor gekämpft hat, kann man jetzt zumindest entscheiden, was man machen möchte.

Wie bereits erwähnt absolviere ich dieses Forschungspraktikum in der Gruppe von Prof. Dirk Trauner an der Penn. Die Gruppe besteht aus ca. 25 Mitgliedern, darunter Doktoranden, PostDocs und Undergrads. Im Allgemeinen ist die Gruppe um Prof. Trauner bekannt für ihre führende Rolle in dem Forschungsgebiet der Photopharmakologie und der Naturstoff-Synthese. Jeder Chemiker kann damit wahrscheinlich  direkt etwas anfangen, aber allen außerhalb unserer Bubble schwebt vermutlich gerade ein großes Fragezeichen im Kopf.

Also jetzt einmal in normalem Deutsch: Photopharmakologie, was ist das eigentlich? Photopharmakologie ist ein recht neues, aufstrebendes Forschungsgebiet, welches Photochemie und Pharmakologie kombiniert. Im Allgemeinen versucht man hier die Wirkung von Arzneimitteln im Körper mittels Licht zu steuern. Diese lichtabhängige Modulation erfolgt durch Integration von Photoschaltern in den Molekülen, die wir hier designen. Dadurch können diese grob gesagt durch bestimmte Wellenlängen an Licht von einer Form des Moleküls quasi „umschalten“ in eine andere Form. Dabei ist eine Form aktiv und bindet an bestimmte Rezeptoren, Enzyme etc. und die andere Form inaktiv, diese bindet dann eben nicht. Dieser Prozess ist dabei im Optimalfall reversibel. Das heißt ganz einfach gesagt kann man das Molekül (also z.B. ein Arzneimittel) beliebig oft „an“ und „aus“ schalten. Der aktuelle Forschungsfokus in unserer Gruppe liegt auf der funktionellen Manipulation von Ionenkanälen, GPCRs und Transportern mit synthetischen Photoschaltern. Die so erhaltenen künstlichen Photorezeptoren können in Neuronen und andere Zelltypen eingefügt und zur Steuerung verschiedener biologischer Wege verwendet werden. Das waren viele Infos auf einmal und ich hoffe, dass ich die Nicht-Chemiker bis hierhin nicht verloren habe, denn unsere Forschung ist tatsächlich ziemlich cool!

Jetzt habe ich viel über den allgemeinen Sinn unserer Forschung geschrieben, aber was mache ich hier eigentlich? Aktuell arbeite ich an zwei Projekten in der Photopharmakologie. Meine Arbeitszeiten kann ich dabei selbst bestimmen. Da ich gerne morgens arbeite, komme ich jeden Morgen schon recht früh ins Labor, aber das ist kein Muss. Typischerweise arbeite ich sechs Tage die Woche, wobei ich an den Samstagen aber nicht so lange bleibe wie unter der Woche (an Wochenenden zu kommen ist aber auch kein Muss!). Vor dem Beginn meiner beiden Projekte habe ich mich jeweils mit Prof. Trauner zusammengesetzt und wir haben über mögliche, interessante Themen gesprochen, um daraus ein Molekül zu entwickeln, welches eventuell eine Anwendung in bestimmten biologischen Prozessen haben könnte. Genaueres kann ich dazu leider nicht sagen. Meine Aufgabe hier ist es also einen Weg zu finden die jeweiligen Moleküle herzustellen und das ist gar nicht so einfach wie man zuerst denkt. Denn kleiner Spoiler: Typischerweise funktionieren Reaktionen, die noch nicht etabliert sind, aber nicht im ersten Anlauf. Dann geht es nämlich an den wirklichen Spaß, nämlich herauszufinden was denn eigentlich passiert ist, wo der Fehler liegt und wie ich die Reagenzien oder Reaktionsbedingungen ändern kann, sodass mein gewünschtes Produkt entsteht.

Mit der groben Idee, von wo wir gerne hinwollen, war es also jetzt komplett meine Aufgabe einen Weg dahin zu finden und sowas habe ich bis hierher noch nie gemacht. Ich wurde also klassisch ziemlich ins kalte Wasser geworfen. Wenn ich ehrlich bin, hat mich das zu Beginn sehr überfordert. Aber wenn ich eine Sache hier gelernt habe und auch jeden Tag aufs Neue vor die Augen geführt bekomme: Chemie läuft nicht immer linear und vor Allem nicht immer so wie man es sich im ersten Moment vorstellt und das ist völlig normal!! Der wichtigste Skill eines Chemikers ist in meinen Augen definitiv ein sehr, sehr hohes Durchhaltevermögen und eine riesengroße Frustrationsgrenze. Am Ende kann ich aber sagen, dass ich gerade dadurch, dass ich so ins kalte Wasser geworfen wurde, gezwungen gezwungen war aus meiner Comfort Zone herauszukommen und ganz neu an Probleme heranzugehen. Dadurch kann ich jetzt, nachdem ich etwas länger als drei Monate hier bin, sagen dass ich sehr viel gelernt habe und auch immer noch lerne und davon in meiner Zukunft noch unfassbar viel profitieren werde.

 

Nachdem ich jetzt berichtet habe, was wir in der Trauner-Gruppe so machen und wie der Alltag von Chemikern so aussieht, möchte ich jetzt noch einmal auf die Penn als Universität eingehen. Die „University of Pennsylvania“ ist eine der besten uns selektivsten Universitäten der Welt und gehört der so genannten Ivy-League an. Besonders bekannt ist die Penn für ihre Business-School. Um hier studieren zu können, braucht man absolut perfekte Noten, denn die Aufnahmequote liegt bei ca. 5%. Aber was man noch viel mehr braucht, ist sehr viel Geld oder ein dickes Stipendium, denn pro Monat zahlen die Studierenden mehr als 3000 Dollar. Reichtum ist hier auf dem Campus also absolut allgegenwärtig. Im Allgemeinen liegen alle Gebäude der Uni in „University City“ verteilt um den Locust Walk. Letzteren kann man sich wie eine größere Fußgängerzone in einem Park vorstellen, gerade im Herbst war mein täglicher Gang zum Labor also echt schön. Im Allgemeinen bietet die Uni viel für ihre Studierenden, von Fitnessstudios, Schwimmbad, „All-You-Can-Eat“-Buffets, Supermärkten und Cafés auf dem Campus. Ein großer Nachteil dabei ist und bleibt dabei aber, dass alles in Uni Nähe sehr, sehr teuer ist, sei es von der Fitnessstudio Mitgliedschaft bis zum Essen, sodass ich die meisten Angebote nicht genutzt habe und deswegen dazu nicht so wirklich etwas berichten kann. Wenn ich früher an Unis in den USA gedacht habe, hatte ich direkt dieses typische Bild aus diversen Filmen vor Augen und jetzt nach einigen Monaten hier kann ich sagen: Es ist GENAUSO!! Jeden Abend am Wochenende finden wilde Partys statt, die vor Allem samstags auch gerne mal schon um 10 Uhr morgens losgehen. Vor Allem die Kultur um verschiedenste Sportarten hier ist riesig und genauso wie man sich das vorstellt! Die Uni hat zum Beispiel ein eigenes Football Stadion, das knapp 60 Tausend Personen fasst. Zu den Spielen der „Penn Quakers“ wird das Stadion zwar nicht ansatzweise voll, aber die Atmosphäre ist trotzdem einmalig und ich muss zugeben, nachdem ich den Sport zu Beginn etwas befremdlich fand, kann ich mich mittlerweile sehr dafür begeistern.

Abschließend bleibt mir für diesen Beitrag zu sagen, dass ich durch meinen Aufenthalt in der Gruppe von Prof. Trauner auf  verschiedensten Ebenen unfassbar viel gelernt habe und auch noch jeden Tag aufs Neue lerne. Ich freue mich schon darauf mein ganzes neues Wissen, meine praktische Erfahrung und ein Durchhaltevermögen, das nicht mehr zu toppen ist, zurück in Münster unter Beweis zu stellen. Dabei kann ich es nicht oft genug betonen: Ich bin allen Beteiligten sehr dankbar, dass ich diese Erfahrungen sammeln darf und sehe das als eine Riesenmöglichkeit für mich an.

Marie-Christin

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