Für mein Masterstudium im Fach Biowissenschaften absolviere ich momentan ein zweimonatiges Forschungspraktikum an der Universität von St Andrews in Schottland. Mehr als die Hälfte dieser Zeit ist jetzt um und es ist an der Zeit, ein paar meiner Eindrücke hier zu teilen.
St Andrews ist ein kleines Küstenstädtchen ca. zwei Stunden nördlich der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Die Region ist wunderschön, sehr ländlich und es gibt viele kleine Dörfer rund um die Stadt herum. Die Zimmer in St Andrews selber sind sehr teuer, wenn man für nur wenige Monate eine Unterkunft sucht (um die 700 € pro Monat). Aus diesem Grund habe ich ein Zimmer (in einer WG mit einer pensionierten Frau) etwas außerhalb auf dem Land gemietet (zur Wohnungssuche kann ich sparerooms.co.uk empfehlen, auch wenn man eine Gebühr zahlen muss, um Vermieter zu kontaktieren). Da dorthin keine Busse fahren, muss ich mit dem Fahrrad zur Uni radeln. Das ist auf dem Hinweg sehr angenehm, da es nur bergab geht, aber dementsprechend qualvoll ist auch der Rückweg. Ich war zunächst etwas besorgt mit dem Fahrrad zur Uni fahren zu müssen, weil Schottland immer als sehr regnerisch und windig dargestellt wird – und das ist es auch. In St Andrews war das Wetter allerdings bis jetzt meistens trocken und sonnig. Ein paar Leute, die hier aufgewachsen sind, behaupten, dass St Andrews ein Mikroklima besitzt und sich vom typischen schottischen Wetter unterscheidet. Da ein großer Teil meiner Arbeit theoretisch ist, kann ich vieles von meiner Unterkunft aus erledigen, sodass ich nicht jeden Tag in die Stadt radeln muss. Das Leben auf dem Land hier ist sehr angenehm, ruhig und dennoch vielseitig, weil meine Mitbewohnerin sich mit vielen Projekten beschäftigt, bei denen ich ab und zu aushelfe. So habe ich zum Beispiel Einblicke ins Imkern oder in die Herstellung von Cider bekommen.
Die Stadt selber besitzt einen kleinen Stadtkern, mit zwei Hauptstraßen, an denen sich die meisten Läden angesiedelt haben. Die Stadt ist stark durch die Universität, die Ihre Gebäude in der ganzen Stadt verteilt hat, geprägt. Immerhin sind mehr als 8.000 der 20.000 Einwohner von St Andrews Studenten. Es gibt nicht einen großen Campus, sondern mehrere kleine Campusse, die nach Fachrichtungen sortiert sind. Diese liegen meist in Innenhöfen, umgeben von schönen alten Gebäuden und mit perfekt getrimmtem Rasenflächen. Die Universität hat ein sehr breites Sportangebot, das von Eishockey über Surfen, Kayaking, Mannschaftsportarten wie Fußball oder Rugby bis hin zu Golf reicht. Die Gegend bietet sich außerdem sehr gut zum Wandern an und so gibt es um St Andrews viele Wanderwege entlang der Küste. Falls man lieber in bergigen Landschaften unterwegs ist, kann man die Highlands in ca. zwei bis drei Stunden Busfahrt erreichen. Zum Ausgehen gibt es einige Bars und Pubs, die jedoch zeitig schließen. Falls man mal etwas länger feiern gehen möchte, sind Edinburgh oder Dundee (die nächstgrößere Stadt) nicht weit entfernt und gut mit Bus und Bahn zu erreichen. Ansonsten gibt es in der Stadt viele nette Cafés, Buchläden und überdurchschnittlich viele Charity-Shops, in denen man alte Schätze finden kann.
Trifft man jemanden auf den Straßen St Andrews’, der kein Student ist, ist die Chance wahrscheinlich größer, dass es sich um einen Touristen handelt als um einen Einheimischen. Die meisten Touristen kommen meiner Erfahrung nach aus Deutschland oder dem britischen Umland. Neben zwei Stränden sind vor allem die Ruinen der Kathedrale und des Schlosses sowie einige Museen, das Theater und der botanische Garten sehenswert. Die meisten Touristen kommen allerdings wohl nach St Andrews um Golf zu spielen. Die Stadt besitzt sieben Golfplätze, von denen einer der älteste der Welt ist. So wird St Andrews auch “The Home of Golf” genannt. Jedes Jahr finden mehrere hochdotierte Golfturniere hier statt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass St Andrews eine attraktive kleine Studentenstadt ist, die für Ihre Größe ein umfangreiches Kultur- und Sportangebot hat. Ich habe es nicht als große Umstellung empfunden in Schottland zu wohnen. In den Supermärkten (unter anderem auch ALDI und LIDL) bekommt man eigentlich alles, was man in Deutschland auch bekommt, und man kann mit der normalen EC-Karte zahlen. Die Gewohnheiten der Menschen sind ähnlich, nur dass ich den Eindruck habe, dass die Schotten hier offener und etwas herzlicher sind als der durchschnittliche Deutsche. Die größte Umstellung ist wohl der Linksverkehr.
Cheers, Tobi
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