こんにちは “Konnichiwa”
Nach einer etwas längeren Zeit heißt es wieder Liebe Grüße aus Japan. Ich hoffe ihr alle hattet schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Auch wir hier in Japan sind gut im Jahr 2018 angekommen (8 Stunden früher als Deutschland), auch wenn man Sylvester hier ganz anders feiert, als wir Europäer es gewöhnt sind und es von einer Nation, die für ihr Feuerwerk weltweit bekannt ist erwarten würde – aber dazu später mehr 🙂
Ich möchte in diesem Beitrag von meiner kleinen Reise durch Japan zwischen Weihnachten und Neujahr berichten. Es ging nach Kyoto, Osaka und Hiroshima. Gereist wurde mit den Shinkansen, Japanische Schnellzüge, die für ihre Pünktlichkeit berühmt sind und von denen die Deutsche Bahn so einiges lernen könnte. An sich eignet sich der Winter gut für eine Reise in Japan. Natürlich würde ich jedem, der eine Reise in dieses wunderschöne Land plant, raten zu Zeit der Kirschblute oder aber im Herbst, wenn das Laub sich wunderschön rot und gelb färbt, zu reisen, jedoch soll der Sommer sehr schwül und regnerisch sein und im Winter ist es für deutsche Verhältnisse zwar kühl, aber eher selten an die null Grad und es regnet bei weitem nicht so häufig wie in Deutschland (und vor allem in Münster, aber das wäre ja jetzt auch keine schwere Leistung :D). Tatsächlich waren zwar einige Touristen unterwegs, aber es war bei weitem nicht so voll und überlaufen wie befürchtet. Jedoch muss man wissen, dass die Woche um Neujahr in Japan traditionell in der Familie verbracht wird und viele Museen sowie Restaurants zumindest am 31.12 und 01.01 geschlossen sind. Für mich persönlich war es jedoch sehr praktisch, dass die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr nicht gearbeitet wird, denn somit konnte ich (mit ein paar zusätzlichen Urlaubstagen) die Zeit zum Reisen nutzen. Und nicht nur das, meine Familie hatte somit die Möglichkeit, mich während der Weihnachtsferien in Japan zu besuchen und gemeinsam haben wir die Städte Tokyo (hierzu bald ein eigener Blogeintrag), Kyoto, Hiroshima und Osaka bereist. Und genau von diesen Städten möchte ich euch berichten.
Kyoto – die alte Kaiserstadt
Kyoto, die Stadt der Tempel, ist neben Tokyo sicherlich eine der berühmtesten Städte Japans und unter Touristen sehr beliebt. Man bräuchte Wochen um jeden Tempel zu besuchen und es gibt auch neben den religiösen Stätten vieles zu entdecken, also sollte man sich vorher überlegen, was man sich in seiner Zeit in Kyoto anschauen möchte. Hier ein paar Highlights unserer Tagesziele 🙂
Einer der berühmtesten Tempel ist wohl der Kyomizu-dera Tempel, der auf einem hölzernen Gerüst gebaut ist und einen wunderbaren Ausblick über die Stadt bietet. Der Tempel wurde im Jahr 798 gebaut und ist komplett aus Holz. Man kann von dem Hauptbahnhof aus sehr viele Busse in Richtung des Tempels nehmen und muss von der Bushaltestelle ungefähr 10 Minuten leicht bergauf zum Tempel gehen. Leider wird die Außenfassade des Tempels zur Zeit renoviert (sie soll 2020 fertiggestellt werden, pünktlich zu den Olympischen Spielen). Aber gegen eine kleine Gebühr kann man den Tempel besichtigen und sich einen Eindruck vom Inneren machen. Und alleine wegen dem Blick auf die Stadt lohnt sich ein Besuch. Die Straßen in der Nähe des Tempels sind gesäumt von vielen kleinen Läden, die handgefertigte Töpferwaren und andere Souvenirs anbieten.
Das wohl meistfotografierte Gebäude Kyotos ist der goldene Pavilion “Kinkaku-ji”. Die beiden oberen Stockwerke des Gebäudes sind von außen mit Blattgold verkleidet und bieten einen unfassbaren Anblick. Der Pavillon steht am Rande eines Sees und spiegelt sich in der Oberfläche. Wenn die Sonne rauskommt, blendet einen das Gold fast in den Augen.
Ein besonderer sehenswerter Tempel ist der Fushimi-Inari-Schrein. Das besondere an dieser Tempelanlage sind die 10.000 Tore, die einen langen Torgang bilden, durch den man schier unendlich lang gehen kann, bis man zu verschiedenen Aussichtsplattformen sowie kleinen Schreinen kommt. Leider laufen sehr viele Touristen durch diesen Torgang, aber man kann sich gut vorstellen, wie es sein muss, alleine durch die Tore zu gehen und seine Gedanken auf die bevorstehende Meditation und das Gebet am Schrein zu konzentrieren. Der Schrein wird von zwei Füchsen bewacht, die als Boten der Reisernte und des Handels gelten.
Einen halben Tag seiner Zeit in Kyoto sollte man definitiv für Arashiyama einplanen. Vom Hauptbahnhof in Kyoto fährt ein Schnellzug innerhalb 40 Minuten zu dem Bambushain. Man kann die Station nicht verpassen, da es die Endstation ist, von der man ungefähr weitere 10 Minuten in Richtung des Waldes laufen muss, einfach den meisten Touristen hinterher. Bambus ist zu jeder Jahreszeit grün, weswegen der Wald auch im Winter sehr eindrucksvoll ist. In der Nähe des Bambuswaldes liegt der Tenryuji Tempel, einer der schönsten Tempel, die ich in Japan besucht habe. Komplett aus Holz gebaut (und in der schwarzen Farbe des Holzes gehalten, nicht wie viele Schreine später rot angemalt), steht der Tempel sowie die Nebenhäuser an einem eindrucksvollen See, umgeben von einem Zen-Garten mit eindrucksvollen Steinformationen sowie Moosbeeten.
Ein geeigneter Tagesausflug von Kyoto (oder auch wahlweise Osaka) aus geht nach Nara. Nara ist vor allem für die vielen Hirsche bekannt, die heilig sind und daher nicht gejagt werden. Sie sind sehr zutraulich und an kleinen Ständen am Straßenrand kann man extra Kekse kaufen um die Tiere zu füttern. Wenn die Hirsche einen Keks haben wollen, dann fangen sie an sich vor einem zu “verbeugen”. Meistens lassen sich die Tiere streicheln, jedoch stehen überall Schilder, die einen ermahnen, dass es immer noch wilde Tiere sind, die einen auch mal treten oder anstupsen können, wenn ihnen etwas nicht passt. Wir hatten Glück, dass Schlimmste was passiert ist, war, dass ein Hirsch wohl die Stadtkarte meiner Mutter für einen Keks gehalten hat uns herzhaft hineingebissen und somit zerrissen hat. Daraufhin verstanden wir auch die Warnung auf der Stadtkarte, auf seinen Japan Rail Pass (der praktischen Zugkarte, die man als Tourist für Japan beantragen kann) aufzupassen, da so mancher Hirsch wohl schon mal einen gegessen hat und diese nicht ersetzt werden können.
Osaka – die Küche Japans
In allen Reiseführern wird Osaka immer als die “Zweite” angepriesen, wirtschaftlich hinter Tokyo und kulturell hinter Kyoto einzuordnen, jedoch war diese Beschreibung meiner Meinung nach fehlleitend, da wir so weniger Zeit für diese sehr wohl sehenswerte Stadt eingeräumt haben. In Osaka sollte man weniger feste touristische Tagesziele einplanen, sondern eher durch die Straßen schlendern, an den vielen Restaurants und Ständen die japanische Küche ausprobieren und ein paar Souvenirs shoppen. Ein sehenswertes touristisches Ziel ist die Osaka-Burg, die (wie alle japanischen Burgen) gänzlich anders gebaut ist als die typischen europäischen Ritterburgen. Früher war sie aus Holz gebaut, mittlerweile aber mithilfe von Beton stabilisiert und besitzt sogar einen Aufzug. Von Oben hat man eine gute Sicht auf die Stadt.
Eine noch bessere Sicht auf die Stadt hat man von der Aussichtsplattform des Umeda-Sky-Building in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der Zugang zu dem Gebäude ist nicht so einfach zu finden, denn man muss eine große Hauptstraße überqueren um einen abgeschirmten Fußweg, der direkt zu dem Gebäude führt, zu erlangen. Allerdings sieht man das Gebäude mit seiner futuristisch anmutenden U-Form schon von weitem. Die Aussichtsplattform befindet sich auf dem “Donut”, eine Plattform mit Loch in der Mitte, die die beiden Türme des Gebäudes verbindet. Um diese zu erreichen muss man eine Rolltreppe benutzen, die zwar geschlossen, jedoch ansonsten frei über dem Boden entlang führt. Es wird einem ein bisschen mulmig, wenn man bedenkt, dass einen nur knapp ein Meter Metall vom freien Fall schützen. Aber es lohnt sich, denn man bekommt einen grandiosen Blick auf die Skyline von Osaka, die zwar nicht ganz so weit wie die von Tokyo reicht, jedoch nicht weniger Eindruck macht.
Hiroshima – eine Stadt, die aus der Asche neu aufstehen musste
Jeder kennt den Namen dieser Stadt und verbindet ihn mit dem Schreckensbild eines nuklearen Angriffs. Am 06.08.1945 um 08.15 wurde die erste Atombombe über der Stadt Hiroshima abgeworfen und explodierte knapp 600m über dem Erdboden. Auch heute noch ist die Stadt geprägt von dieser Katastrophe und steht ganz im Zeichen der Abschaffung nuklearer Waffen. Als Wahrzeichen der Stadt ist sicherlich der Atomic Bomb Dome, der zum Friedensdenkmal in Hiroshima gehört, zu nennen.
Den Friedenspark erreicht man, indem man den Heiwei Odori oder auf englisch Peace Boulevard folgt. Hier findet man das Peace Memorial Museum und ein Besuch ist definitiv ein Muss. Hier wird nicht nur die Geschichte Hiroshimas und Nagasakis erzähltes sondern auch die Folgen nuklearer Strahlung für Mensch, Tier und Vegetation. Zudem erfährt man, welche Konsequenzen für die nukleare Abrüstung getroffen wurde und wie die heutige Verteilung nuklearer Macht aussieht. Das Museum ist sehr gut gemacht, mit interaktiven Bildschirmen, über die man weitere Details zu Aspekten der Atomwaffen erfahren kann. Egal ob der Aufbau einer nuklearen Waffe, den geheimen Missionen im Rahmen des zweiten Weltkriegs oder der Aufbau Hiroshimas nach der Katastrophe. Kleider von Opfern, sowie Alltagsgegenstände wie Glas oder Metall, dass im Rahmen der Hitzewelle durch die Atombombe geschmolzen ist, zeigen, welche Zerstörungskraft gewütet haben muss. Besonders bewegend sind die Berichte von Verwandten der Opfer, die berichten, wie sie von der Katastrophe erfahren haben und welchen aussichtslosen Kampf die Opfer gegen die Verbrennungen und Wunden erleiden mussten. Direkt neben dem Eingang des Museums steht eine Flamme, die so lange brennen soll, bis es keine nuklearen Waffen mehr auf der Welt gibt. Also wahrscheinlich länger als es der Menschheit gut tun würde.
Wir waren über Sylvester in Hiroshima und deswegen möchte ich kurz erzählen, wie man Neujahr in Japan feiert. Während in Deutschland am letzten Tag im Jahr noch mal ordentlich gefeiert wird, meistens zusammen mit Freunden, und das neue Jahr mit viel Krach in Form von Raketen und Feuerwerkskörpern begrüßt wird, läuft Sylvester in Japan sehr ruhig ab. Tatsächlich haben wir in Hiroshima genau 2 Raketen aufsteigen sehen, ansonsten blieb der Himmel klar. Stattdessen werden an Sylvester die buddhistischen Glocken geläutet. Und zwar genau 108 mal.
Japaner treffen sich in ihrer Familie und schauen traditionell Fernsehen. Es läuft ein beliebter Tanzwettbewerb indem die beliebtesten Sänger des Landes in zwei nach Geschlechtern getrennten Gruppen gegeneinander antreten. Man könnte es mit unserem “Dinner for One” vergleichen. Während in meiner Familie, wie auch in vielen anderen, sowohl an Weihnachten wie auch Sylvester Raclette gegessen wird, ist die traditionelle japanische Mahlzeit (und zwar um Punkt Mitternacht) Soba (Buchweizennudeln, die in eine Sauce gedippt werden). Allerdings ist dies erst der Anfang, danach folgen eine Menge kleinerer traditioneller Speisen, sowohl herzhaft als auch süß. Entweder direkt um Mitternacht oder aber am 01.01 und spätestens am 02.01. wird das erste Mal im Jahr ein Tempel besucht. In langen Schlangen stehen die Menschen teilweise rund einen Kilometer vor dem Tempel, um kurz beten zu können. Man kann an den Tempeln Pfeile kaufen, die später im Haus aufgestellt werden, um das Böse fernzuhalten.
Von Hiroshima aus sollte man definitiv einen Tagesausflug nach Miyajima machen. Hier findet man das wohl meistfotografierte Wahrzeichen Japans, das Torii, ein im Wasser stehender Torbogen. Dies ist der Eingang zum Schrein Itsukushima, der am Strand gebaut wurde und bei Flut im Wasser steht oder aber bei Ebbe im Trockenen. Auch auf Miyajima gibt es viele Hirsche, die allerdings nicht ganz so zutraulich sind wie die in Nara.
Ich habe die zwei Wochen Japan-Reise mit meiner Familie sehr genossen. Es war schön, auch andere Ecken des Landes kennenzulernen. Jede Stadt, die wir besucht haben, gehört sicherlich zu einer Japan-Reise dazu. Kyoto hat mich am meisten überrascht, denn ich hatte so viel über die alte Kaiserstadt gehört und sie mir ganz anders vorgestellt. Viel traditioneller, mit den ganzen Tempeln und Schreinen. Jedoch fällt es einem bei den Touristenmassen etwas schwer, die Atmosphäre zu erfühlen und die vielen Hochhäuser neben den Tempeln machen einem dies auch nicht leichter. Die Stadt wirkt etwas befangen zwischen der Vergangenheit und der Moderne, aber an manchen Ecken gelingt es, dies zu überbrücken und man bekommt einen Einblick in Japans Vergangenheit. Überrascht war ich hingegen von Hiroshima. Neben dem Friedenspark findet man in vielen Seitengassen und Straßen kleine Cafés und Restaurants, in denen man nicht nur japanisches Essen bekommt, sondern auch italienisch oder einfach einen Burger, auch gerade die Nudeln mit Tomatensauce eine japanische Note haben. Die Stadt strahlt vor Aufbruchstimmung, denn auch wenn die Vergangenheit das Stadtbild geprägt hat, hat man den Mut gefunden, nach vorne zu blicken, sogar in eine kriegs- und waffenfreie Zukunft.
Meine liebste japanische Stadt jedoch ist und bleibt Tokyo, denn keine andere Stadt ist so bunt, modern und gleichzeitig traditionell. Aber es würde zu lang werden, hier auch noch davon zu berichten, also wird ein neuer Eintrag über Tokyo folgen. Bis dahin sage ich:
さようなら, またね „Sayonara, Matane“
Liebe Grüße und bis bald,
Anna
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