Hoi!
Das erste Drittel meines Auslandsaufenthaltes in Nijmegen (NL) ist nun vorüber. Im Vorfeld bin ich oft gefragt worden, warum ich denn in die Niederlande möchte, das wäre doch gar nicht wirklich Ausland. Ein genauerer Blick offenbart dem aufgeschlossenen Betrachter jedoch kulturelle, kulinarische und gesellschaftliche Unterschiede, die meinen Alltag positiv bereichern.
Wie alle großen Städte wirkt auch Nijmegen, gerade was die Straßenführung angeht, manchmal recht unübersichtlich, weshalb es das ein oder andere waghalsige Wendemanöver vor der Parkhauseinfahrt mit diversen Beinaheunfällen durch ungeduldige Radfahrer und Fußgänger gibt. Hat man erst einmal den richtigen Weg gefunden, wird man von einem schönen, mitunter sehr grünen Stadtbild belohnt. Allerdings muss man beim Stadtbummel schon ein paar Höhenmeter zurücklegen, was mich doch sehr erstaunt hat.
Bis dahin war es ein langer Weg, denn wie in allen Großstädten ist der Wohnungsmarkt in Bezug auf bezahlbaren Wohnraum stark umkämpft. Das Wintersemester beginnt in den Niederlanden schon im September und im Juli/August finden die ersten Sprachkurse für Studenten statt, wodurch Wohnungen ab September noch schwerer zu finden sind, als sowieso schon. Ein Retter in der Not kann da das International Office sein, welches den Kontakt zu meiner jetzigen Vermieterin hergestellt hat. Aufgrund sehr vieler Anfragen kann die Bearbeitung aber sehr lange dauern. Alternativen sind Wohnungsbörsen wie www.kamernet.nl, diverse Facebookgruppen oder auch die pdf-Datei vom International Office mit vielen nützlichen Adressen und Anlaufstellen, die Wohnungssuchenden zusätzlich mitgeschickt wird.
Beim Streifen durch die Supermärkte fällt einem zunächst auf, dass alles ein wenig teurer ist als in Deutschland. Hin und wieder sieht man aber auch das ein oder andere Schnäppchen. Das Angebot unterscheidet sich nicht großartig von dem deutscher Supermärkte. Eine große Auswahl findet man meist bei Albert Heijn, dem bekanntesten Supermarkt in den Niederlanden. Was Nervennahrung angeht, sind die Niederlande sehr studentenfreundlich. Wer aber nicht auf sehr süße Desserts und Kuchen steht, sollte hiervon lieber Abstand halten. Auch die Dekoration der Kuchen fällt meist sehr farbenfroh aus, vorherrschend findet sich rosa Zuckerguss, was dem Geschmack aber keinen Abbruch tut.
Wer daran gewöhnt ist nach 20 Uhr seinen Wocheneinkauf zu erledigen, der wird hier meistens enttäuscht. Mancher Albert Heijn hat noch nach 20 Uhr geöffnet, allerdings schließen die meisten Geschäfte schon um 18 Uhr oder spätestens um 19 Uhr. Einzige Ausnahme ist der Donnerstag, an dem fast alle Geschäfte noch bis ca. 21 Uhr geöffnet haben. Der Vorteil dieser frühen Schließzeiten liegt darin, dass einige Supermärkte auch sonntags geöffnet haben. Ein Blick auf die Öffnungszeiten lohnt sich also im Vorfeld, wenn man nicht hungrig ins Bett gehen möchte.
Auch bei Keksen ist Vorsicht geboten. Kekse gibt es hier nicht nur in der gewohnten süßen, sondern auch in der herzhaften Variante mit Käse und von außen ist das auch nicht immer zu erkennen. Im Supermarkt hilft einem da der Blick auf die Zutatenliste, bei unverpackten Keksen wird es jedoch schwierig. In letzterem Fall ist somit ein gewisser Hang zu kulinarischer Experimentierfreude gefragt.
Selbiges gilt auch für allerlei Frittiertes. Neulich bin ich von einem Kollegen aus Amerika gefragt worden, ob es in Deutschland auch Kroketten gibt. Natürlich sagte ich “Ja” und wunderte mich dann, als er meinte, dass die auch super auf Brötchen schmecken. Was ich nicht wusste war, dass die niederländische „Croquette“ nur wenig mit der Deutschen „Krokette“ gemein hat. Beide sind frittiert und haben etwa die gleiche Form – der Hauptunterschied liegt im Kern. Kartoffelpüree findet man nur selten im Inneren. Meistens wird dieses mit Gemüse, Fisch, Käse und/oder Fleisch kombiniert. Fragt man einen Niederländer nach der typischen Zusammensetzung, können diese einem auch nicht weiterhelfen. Man weiß einfach, dass es schmeckt und kauft sie auch ohne zu wissen welche Kombination sich im Inneren befindet.
Für Freunde der asiatischen Küche gibt es in der Stadt ziemlich viele chinesische oder thailändische Imbisswagen, die Passanten mit typisch asiatischen, frittierten Köstlichkeiten wie Frühlingsrollen und Co anlocken wollen. Die Stadt überzeugt aber auch durch viele kleine Cafés, Bars und Restaurants, von denen es viele an der Waal – Flussblick inklusive – gibt.
Neben der Nähe zum Wasser gibt es auch ziemlich viele Grünflächen und Parks, die zum Spazierengehen und Verweilen einladen. An sonnigen Tagen sind sie auch ein beliebter Treffpunkt für viele Sporttreibende. Wenn man dem Trubel in der Stadt mal entfliehen möchte ist auch der Wald relativ schnell mit dem Fahrrad zu erreichen. Vorallem an Samstagen ist der Trubel immer besonders groß, da neben den vielen Touristen in der Stadt, auch noch Markttag ist. Das Stadtbild an sich wird geprägt von vielen kleinen Häusern, die den Charme einer Altstadt haben und typisch für die Niederlande sind.
Auch typisch sind die vielen, meistens sehr gut ausgebauten Radwege, wohingegen das Verhalten der Radfahrer im Straßenverkehr gewöhnungsbedürftig ist:
Die meisten Radfahrer fahren bis zur Sichtlinie, anstatt bis zur Haltelinie vor. Gefahren wird in der Regel dann, wenn kein Auto in Sichtweite ist unabhängig davon, ob die Ampel Rot oder Grün zeigt. Sich diesem Verhalten anzupassen ist aber nicht unbedingt empfehlenswert. Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung werden nämlich mit Bußgeldern geahndet, die sich dem Hörensagen nach an den Preisen im Supermarkt zu orientieren scheinen und die sind vor allem eines und zwar hoch.
Wer ungern radelt kann auch den Bus nehmen, was aber ohne eine „OV-Chipkaart“ teuer werden kann. Sie empfiehlt sich aber nur bei häufigen Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr, da nicht nur Anschaffungskosten (7.50 €) anfallen, sondern die Karte auch immer ein Guthaben von 15 bis 20 € (ja nach Verkehrsmittel) plus Fahrtpreis aufweisen muss, um den Bus oder die Bahn überhaupt nutzen zu können.
Allgemein ist Nijmegen zwar eine Großstadt, hat aber auch für diejenigen, die sich an viel Grün erfreuen, viel zu bieten. Die Menschen sind außerdem offen und hilfsbereit. Auch wenn die Verständigung in den meisten Fällen sehr gut auf Englisch oder Deutsch funktioniert, ist ein Dutch-Kurs trotzdem empfehlenswert, um die Kommunikation und das Miteinander im Alltag zu erleichtern. Da für die Bachelorstudiengänge sogar ein Sprachkurs Pflicht ist, wird es schon erwartet, dass man zumindest ein bisschen Dutch kann.
Groetjes en tot ziens!
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