Großstadtlärm, Verkehrschaos, überfüllte Pubs und Straßen, Touristen, Straßengangs und Taschendiebe sind vielleicht die ersten Worte, die einem zu einer Metropole mit rund acht Millionen Einwohnern und rund 82.000 Besuchern am Tag einfallen würden. Doch das ist nicht das London, von dem ich euch erzählen möchte, denn das ist nicht das London, in dem man wirklich lebt.
Das ist nicht das London, wo Menschen ganz normal zur Arbeit gehen, ihre Kinder zur Schule bringen und abends zusammen Abendbrot essen. Das ist nicht das London, in dem Menschen ganz gewöhnlichen Hobbies nachgehen, sich mit Freunden treffen oder Familienfeste feiern. Das ist vielleicht das London, was man als Tourist neben vielen wunderschönen touristischen Angeboten und Attraktionen wahrnimmt. Aber auch nicht das London, das es wert wäre, darüber zu berichten. Deshalb möchte ich euch in meinem ersten Blogeintrag nichts über das touristische London erzählen, das man gelegentlich besucht. Ich möchte vielmehr von dem eigentlichen London, über das Großstadtleben, was ich nunmehr seit drei Monaten führe, erzählen und meine Erfahrungen mit euch teilen.
Mein ganz persönliches kleines Abenteuer begann vor genau vier Monaten. Mein erster Auslandsaufenthalt, das erste Mal auf sich alleine gestellt sein, das erste Mal in einer völlig fremden Umgebung, mit völligen fremden Menschen zurecht kommen – mit dieser Gewissheit musste ich mich nun am Düsseldorfer Flughafen für die nächsten sieben Monate von meinen Lieben verabschieden. Durch sorgfältige Planung im Voraus hatte ich es bereits von Deutschland aus geschafft eine vernünftige Bleibe zu finden, konnte daher also schon mal mit der Gewissheit, einen Schlafplatz zu haben, ins Flugzeug steigen. Im Nachhinein gesehen, kann man sich eine Unterkunft natürlich auch vor Ort suchen, das sollte eigentlich mehr oder weniger problemlos klappen. Der Vorteil dabei ist, dass man sich sein Zimmer vor Ort direkt anschauen kann und sich nicht zwangsläufig auf irgendwelche Bilder im Internet verlassen muss und auch kostentechnisch kann man dabei natürlich Glück haben und etwas günstigeres als die im Internet inserierten Zimmer ergattern. Nachteil ist allerdings, dass man sich zunächst in den auch nicht gerade günstigen Hostels einquartieren sowie ein bis zwei Wochen für die Wohnungssuche von seiner kostbaren Zeit opfern muss. Ich hatte sehr viel Glück mit dem Studentenwohnheim in dem ich gelandet bin. Neben einer wundervollen Wohnlage, im schönen sowie ebenso zentralen Chelsea, habe ich eine sehr nette mongolische Mitbewohnerin, mit der ich super auskomme. Das ist wiederum insofern gut, als das ich mir mit ihr sogar ein Zimmer teile, was nebenbei bemerkt in London, aufgrund abnormal hoher Mieten, sehr üblich ist. Nachdem ich also angekommen war und der erste Eindruck meiner neuen Bleibe sehr positiv ausfiel, machte ich mich gleich mit Stadtplan und Kamera bewaffnet auf den Weg London, in dem ich zuvor erst ein Mal, ungefähr zehn Jahre zuvor, gewesen bin, zu erkunden.
Das erste, was mir auffiel als ich die Tube betrat – nachdem ich das Abenteuer Busfahren zuvor so einigermaßen unbeschadet überstanden hatte – waren die sehr vielen, sehr unterschiedlichen Menschen. Man hört nicht nur die verschiedensten Sprachen, man sieht auch die Verkörperung der unterschiedlichsten Religionen, Lebensstile und Weltanschauungen. Alle friedlich nebeneinander lebend. Hier spielt es offensichtlich keine Rolle wo man herkommt oder welcher Religion man angehört, welche Hautfarbe man hat oder welche Lebenseinstellung. Hier gibt es ganz viele verschiedene gesellschaftliche Gruppen und sie alle haben ihre Berechtigung und sie alle leben friedlich nebeneinander, den jeweils anderen respektierend. Allein diese Offenheit allen Kulturen gegenüber, ja diese Multikulturalität ist es, die ich jeden Tag beobachte und die mich jeden Tag aufs neue fasziniert. Kurz nach meiner Ankunft fand der südamerikanische Karneval in Notting Hill statt, den ich unbedingt sehen wollte. Ich habe noch nie zuvor etwas Derartiges erlebt. Die Freude und Lebenslust der Menschen dort war unglaublich mitreißend und auch die Offenheit dieser Kultur, andere Kulturen daran teilhaben zu lassen, war äußerst faszinierend. Seit Beginn meines kleinen Abenteuers ist das allerdings nicht das Einzige, was mich beeindruckt. Die Briten sind sehr höflich, sagen immer Entschuldigung, Bitte und Danke. Ob an der Supermarktkasse, im nächsten Bekleidungsgeschäft oder am Telefon, die Briten legen sehr großen Wert darauf, das Gespräch mit einem freundlichen „how are you“ zu beginnen. Unabhängig davon, ob der Gemütszustand des anderen nun wirklich interessiert oder es einfach nur Höflichkeit ist, wird zumindest ein einfaches „good thanks“ oder „good, how are you?“ vom gegenüber erwartet. Das ist zunächst sehr irritierend, mit der Zeit aber auch eigentlich wesentlich angenehmer als das Deutsche “sofort auf den Punkt kommen”. Dazu kommt, dass die Menschen generell sehr viel offener sind – sich einfach mal ungezwungen an der Bushaltestelle mit einem völlig Fremden zu unterhalten gehört genauso zum Lebensstil der Briten wie Bohnen mit Speck zum Frühstück oder schwarzer Tee mit Milch. Mit welchem ich mich nebenbei bemerkt definitiv nicht anfreunden kann. Der klassische „British Afternoon Tea“ ist dem gegenüber allerdings wärmstens zu empfehlen, denn neben einer großen Teeauswahl, die nicht zwangsläufig auf Earl Grey oder English Breakfast mit Milch zurückfallen muss, bekommt man hier eine ganze Reihe englischer Köstlichkeiten. Dazu gehören Scones, verschieden belegte Sandwiches und andere kleine kuchen- und gebäckartige Teilchen, serviert auf einem sehr klassischen sowie gleichzeitig imposanten Türmchen.
Weg vom britischen Nachmittagsbeisammensein hin zur Abendgestaltung. London ist eine Stadt in der man alles machen kann. Egal welches Budget oder Metier, jedes Interesse wird bedient. Besonders beliebt ist aber vor allem der traditionelle englische Pub, in dem es neben nicht immer unbedingt gutem englischen Bier und Spirituosen auch traditionelle englische Gerichte wie Fish and Chips gibt. So ist es also nicht nur üblich, sich mit Freunden oder gar Familie in einem der nahezu tausenden Pubs in London zu treffen, sondern auch nach Feierabend zusammen mit den Arbeitskollegen im nächstgelegenen Pub mit einem oder auch zwei Bierchen den Abend ausklingen zu lassen. Besonders diese Form der Geselligkeit ist etwas, was mir in Deutschland manchmal etwas fehlt und die meinen Auslandsaufenthalt zu etwas ganz Besonderem macht.
Meinen ersten Monat in London habe ich also vor allem damit verbracht, mein neues Zuhause kennenzulernen und mich in meine neue Umgebung einzuleben. Nebenbei habe ich noch einen vierwöchigen Sprachkurs gemacht, der mir geholfen hat, kleinere Sprachbarrieren im zukünftigen Praktikum zu überwinden. Hier habe ich die wundervolle Möglichkeit bekommen, Menschen aus allen möglichen Ländern kennenzulernen. Neben schönen Abenden in Pubs und langen Gesprächen über die unterschiedlichsten kulturellen Eigenheiten, habe ich dabei wirklich viele wundervolle Menschen kennenlernen dürfen. Und auch diverse Veranstaltungen der Praktikumsvermittlung, die mich bei meiner Praktikumssuche unterstützt hat, haben dazu geführt, dass ich nicht nur ganz viele neue tolle Dinge in London erleben darf, sondern diese Dinge auch noch mit ganz tollen neu gewonnenen Freunden erleben darf.
Und so sitze ich jetzt hier und schreibe diesen Blogeintrag, mit Freunden, die ich niemals gedacht hätte, ausgerechnet im Ausland kennenzulernen und Erfahrungen die ich Zuhause niemals hätte machen können und hoffe, ich konnte euch London, die britische Kultur und das Thema Auslandsaufenthalt etwas näher bringen.
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