Oh, du fährst nach Luxemburg?
Keine zwei Länder in Europa werden so oft miteinander verwechselt, wie Liechtenstein und Luxemburg. Man kann es verstehen: Beide Länder sind sehr klein und haben sehr wenige Einwohner, haben den Ruf von Finanzparadiesen und Banking-Standorten und fangen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben an.
Obendrein wird in beiden Ländern Deutsch gesprochen. Na gut, in Luxemburg ist Deutsch eher eine Fremdsprache, die aber jeder Luxemburger fließend spricht, aber auch in Liechtenstein gibt es den Liechtensteiner Dialekt, den kein Deutschsprechender verstehen kann.
Liechtenstein hat allerdings viel mehr zu bieten als seinen Finanzsektor, der ca. 13% seines Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Liechtensteiner Industrie, mit Firmen auf Weltmarktniveau wie Hilti, Hilcona, Ivoclar Vivadent oder Thyssenkrupp Presta. Wenn man den Dienstleistungssektor dazuzählt, sieht man, dass Liechtenstein auf eine Vielzahl von Einkommensquellen setzt und weit mehr ist, als eine Steueroase.
Geographisch gesehen, liegt Liechtenstein in einem fast komplett flachen Tal zwischen mehreren Gebirgszügen auf einer Höhe von 400 Metern über dem Meeresspiegel. Somit ist es, entgegen der Erwartungen vieler möglich, durch Liechtenstein ohne große Schwierigkeiten mit dem Fahrrad zu fahren. An Liechtenstein grenzen Österreich und die Schweiz, wodurch es eines der einzigen Länder in Europa ist, das keine Nachbarn mit Zugang zum Meer hat. Falls man vom Tal aus blickt, ziehen sich die Gebirgsketten östlich und westlich entlang Liechtenstein, weshalb man eigentlich immer einen Berg im Sichtfeld hat. Dies führt dazu, dass das Land wunderschöne Aussichten (von Aussichtsstationen) bietet, besonders im Herbst oder Winter.
Ich würde weiterhin gerne das Liechtensteiner Verkehrssystem hervorheben, mit dem man sowohl nach Österreich als auch in die Schweiz fahren kann. Es ist normalerweise (außer zur Stoßzeit) sehr pünktlich, sodass mein Kulturschock als Münsteraner der war, dass ich mehrere Male meinen Bus verpasste, weil ich zwar zur richtigen Minute an der Bushaltestelle ankam, der Bus allerdings bereits losgefahren war, weil ich 20 Sekunden zu spät ankam. Als Münsteraner, der weiß, dass die meisten Busse in Münster nicht innerhalb den ersten 10 Sekunden der gegebenen Minute ankommen, musste ich erstmal umdenken lernen. Mit den Bussen kann man vom Zentrum (Vaduz Städle) innerhalb von 30-40 Minuten in Österreich ankommen. In die Schweiz hin gibt es zwei mögliche Ziele, zum ersten Buchs, was westlich – und zweitens Sargans, was südlich von Liechtenstein liegt. Nach Buchs sind es von Vaduz ca. 20 Minuten und nach Sargans 45 Minuten.
Liechtenstein ist ein kleines Land, mit einer Einwohnerzahl von ca. 40.000. Weitere Statistiken zählen 40.000 Arbeitnehmer und 40.000 Autos in Liechtenstein. Ein Grund für die große Arbeitnehmerzahl ist die vergleichsweise hohe Anzahl an Pendlern aus Österreich oder der Schweiz. Liechtenstein hat eine Zollunion mit der Schweiz sowie den Schweizer Franken. Entsprechend sind die Preise in Liechtenstein auf schweizer Niveau, was manchen Touristen ihre Einkaufstour ein wenig verteuern würde. Gleichzeitig ist Liechtenstein Mitglied im Europäischen Wirstschaftsraum, hat kurz gesagt also
“von beidem das Beste”. Dies erlaubt es Liechtenstein den größtmöglichen Nutzen aus beiden Bündnissen zu schlagen, während es seine Souveränität größtmöglich sichert.
Auch wenn Liechtenstein ein kleines Land ist, gibt es hier mehrere Städte, darunter die Hauptstadt Vaduz mit 5.000 Einwohnern, die mit 10.000 Einwohnern größte Stadt Schaan sowie weitere Städte wie Eschen, Balzers und Triesen, um die “Bekanntesten” zu nennen. Das Hauptziel für eine Tagesreise sind normalerweise Vaduz oder Malbun, ein kleines Dorf im Skigebiet von Vaduz. Vaduz, besonders, ist das Ziel für viele Touristen, ein großer Teil aus Asien.
Die Vaduzer Innenstadt ist relativ modern gestaltet und enthält Museen wie das Liechtensteiner Kunstmuseum, das Landesmuseum, die Schatzkammer und das Postmarkenmuseum. Weiterhin gibt es hier viele Souvenirläden und Restaurants, die hauptsächlich auf Touristen spezialisiert sind.
Der Tourismusprozess ist hierbei jedes Mal der gleiche: Busse voll mit Touristen kommen auf dem Busparkplatz im Zentrum von Vaduz an, die Touristen steigen aus und laufen für mehrere Stunden durch die Altstadt. Gegen 17-18 Uhr steigen sie wieder in ihre Busse und fahren zum nächstem Ziel. Das Zentrum von Vaduz ist dabei sehr stark auf die Touristen ausgelegt (als einziger Touristenort außer Malbun) und beinhaltet eine große Menge an Souvenirläden, Restaurants und Museen. Wie bereits erwähnt, sind das Kunstmuseum, das Landesmuseum, die Schatzkammer sowie das Postmuseum die Hauptbesuchsziele in Vaduz. Weiterhin wird das Vaduzer Zentrum auch zum Veranstaltungsort von Liechtensteiner Events (für einheimische Liechtensteiner), wie Schlittschuhlaufen, Festumzügen oder Messen. Momentan wird im Zentrum allerdings sehr viel gebaut, weshalb bestimmte Gebäude abgerissen wurden und sich “Lücken” im Zentrum gebildet haben.
Aus Vaduz kann man auch das Schloss sehen, wo der Fürst von Liechtenstein zusammen mit seiner Familie wohnt. Somit ist Vaduz perfekt für einen Tagesausflug geeignet. Das Schloss lässt sich zu Fuß erreichen, allerdings finden Besichtigungen nicht statt, weil die Fürstenfamilie im Schloss wohnt. Vom Schloss aus führen mehrere Wanderwege, die durch die Berglandschaft führen. Von dort aus gibt es großartige Aussichtspunkte, die besonders dann perfekt sind, wenn die Berggipfel mit Schnee bedeckt sind.
Zusammengefasst, ist Liechtenstein ein wunderschönes, kleines Land, dass dennoch weit mehr zu bieten hat, als Banken oder Berge. Da das Land so kompakt gehalten ist, lohnt es sich meiner Meinung nach sehr, ihm einen kurzen Besuch abzustatten, auch wenn ein längerer Aufenthalt notwendig ist, um wirklich alles kennen zu lernen.
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