Die ersten Wochen meines dreimonatigen Praktikums in York sind bereits um und es wird Zeit, von meinen ersten Erfahrungen zu berichten. Am Ende meines Lehramtsstudiums (Englisch/Französich, GymGes) wollte ich gerne noch einmal ein paar Monate ins englischsprachige Ausland, um vor dem Berufseinstieg noch mehr Sicherheit in meinem mündlichen Englisch zu bekommen und um Erfahrungen mit der Kultur, Mentalität und Lebensweise zu sammeln.
So bin ich Anfang Januar nach York gereist (ich bin nach Leeds-Bradford geflogen, habe aber im Nachhinein erfahren, dass es schlauer ist, nach Manchester zu fliegen, da dort direkt von Flughafen ein Zug nach York fährt) und bei meiner Gastfamilie (Vater, Mutter, Kind, Hund) im Stadtteil Huntington eingezogen. Von hier aus laufe ich in 20 Minuten zur Schule und in die Stadt und genieße es, alle Wege zu Fuß zurückzulegen. Die Gastfamilie habe ich übrigens über homestay gefunden, denke aber im Nachhinein, dass ich bei meiner Suche nach einem WG Zimmer nicht so schnell hätte aufgeben sollen, weil ich mich eher wie in einem Airbnb fühle und von der Familie leider nicht die berühmt englische Gastfreundschaft erfahre …
Nachdem ich in den ersten paar Tagen schon mal ein bisschen die wunderschöne Stadt erkundet hatte, wurde ich direkt nach den Weihnachtsferien total herzlich an meiner Praktikumsstelle empfangen. Heworth Primary School ist eine sehr kleine Schule, sodass man sofort einen Überblick hat und schnell alle Gesichter kennt. Es gibt sechs Jahrgänge, die allerdings aufgrund mangelnder Räumlichkeiten auf fünf Klassen aufgeteilt sind. Ich bin in Class 3, in der Schüler der Jahrgangsstufe 3 und 4 sind. Die Klasse wird von einem Klassenlehrer unterrichtet, der zusätzlich noch durch zwei teaching assistants (und jetzt auch durch mich!) unterstützt wird. Der Unterricht beginnt um 8:45am und endet um 3:15pm, wobei der Tag durch zwei kurze Pausen und eine längere Mittagspause aufgelockert ist, die ich entweder als Aufsicht auf dem Schulhof, oder aber in dem kleinen staff room verbringe, wo bei einer Tasse Tee oft nette Gespräche mit den Kollegen entstehen. Ab und zu gehen wir zum Fish and Chips Shop („Heworth Place“) nebenan – ein mega leckeres, frisches und dazu noch günstiges lunch 😉
Einen richtigen Stundenplan scheint es nicht zu geben, ich habe den Eindruck, dass alles sehr flexibel und spontan abläuft. Generell werden aber vormittags Maths und English unterrichtet, während Fächer wie Music, Arts, PE (auch Swimming), History, RE und Computing (ich bin total beeindruckt von der Ausstattung der Schule – es gibt für jeden Schüler einen Laptop!) im Nachmittag liegen.
Außerdem gibt es dreimal in der Woche eine assembly, in der gesungen, eine Geschichte aus der Bibel gelesen und über eine bestimmte Frage nachgedacht wird. Oft werden hierbei die christlichen Werte der Schule, forgiveness, trust, compassion und endurance, thematisiert. Bei den Versammlungen am Freitag werden awards verteilt, durch die Schüler, die in der Woche besondere Fortschritte gemacht oder ein besonders soziales Verhalten gezeigt haben, ausgezeichnet werden. Ich persönlich nehme diese ermutigenden und motivierenden Rituale als sehr positiv war.
Für mich ist Grundschule absolutes Neuland und ich musste mich erst an die Strukturen sowie den Umgang mit den Kindern gewöhnen, was mir jedoch recht schnell gelungen ist. Obwohl die kids in ihren rot-grauen Schuluniformen auf den ersten Blick alle gleich aussehen, habe ich sehr bald die Namen gelernt und war überrascht, wie schnell ich die Schüler kennengelernt und eine Beziehung zu ihnen aufgebaut habe, was ich nicht zuletzt der Offenheit der Schüler zu verdanken habe. Im Unterricht kann ich selber aktiv werden und im Grunde alle Aufgaben der teaching assistants übernehmen. Oft helfe ich den Schülern bei ihren Matheaufgaben, übe mit einzelnen reading oder spelling, kopiere oder bastel Unterrichtsmaterialien oder tausche die Bücher aus, die die Schüler in der Schule und zu Hause lesen sollen. Außerdem habe ich jetzt angefangen, den Schülern einmal pro Woche ein bisschen Deutsch beizubringen. Es macht total Spaß, weil die Schüler so begeistert sind, wobei es für mich gar nicht so einfach ist, mich auf so junge Schüler einzustellen und aufpassen muss, dass ich mir nicht zu viel vornehme. So ist es bisher noch nicht langweilig geworden und die Tage vergehen sehr schnell.
Die vorletzte Woche war eine besondere. Wir hatten eine „Global Week“, die von Geografie-Dozenten und Studenten organisiert und durchgeführt wurde. Die ganze Woche stand unter dem großen Thema Hurricanes, zu dem die Kinder an den verschiedenen Tagen viele Aktivitäten zu STEMM, Science, Technology, Engineering, Maths und Medicine (die Engländer lieben Akronyme…), hatten, Brücken und Schutzhütten bauten, Schimmelkulturen ansetzten, Essensrationen einteilten und einen Erste-Hilfe-Kurs hatten. Für die Kinder waren das sehr aufregende Tage, sie hatten sehr viel Spaß und ich fand es schön zu sehen, wie begeisterungsfähig sie sind – schade, dass das an der weiterführenden Schule eher selten der Fall ist… Auch für mich war die Woche sehr interessant und ich konnte selber auch einiges lernen. Andererseits fand ich es unglaublich anstrengend, da es sehr chaotisch und laut war und ich kann jetzt schon sagen, dass ich keine Grundschullehrerin werden könnte. Für die drei Monate Praktikum, ist es aber der perfekte Ort für mich. Ich merke schon jetzt, dass mir die viele Interaktion mit den Schülern hilft, fließender in meinem Englisch zu werden und dass sich durch die vielen verschiedenen Fächer und Inhalte mein Wortschatz bereits erweitert hat.
Abgesehen davon, dass mir mein Praktikum wirklich gut gefällt, habe ich mich total in York verliebt! Die Stadt hat nicht nur viele historische Sehenswürdigkeiten zu bieten, sondern besticht einfach durch ihre kleinen Gassen mit den unzähligen Tea Rooms, Charity Shops und Pubs. Aber mehr zur Stadt und meinem Leben in York außerhalb der Schule in meinem nächsten Eintrag nach der Mid-Term Break, in der York dann auch mal als Touri erkunde 😉
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