Hallo all ihr Orientfreunde und Fernreisende!
Es ist schön, euch hier zu treffen. Ich bin Vivien und studiere in Münster Germanistik und Pädagogik. Im September reiste ich für ein sechswöchiges Praktikum in Usbekistans Hauptstadt Tashkent. Ich habe mit diesem Blogeintrag leider ein bisschen getrödelt – trotzdem möchte ich noch schnell meine liebsten Erlebnisse mit euch teilen.
Meine Bewerbung für Usbekistan kam eher zufällig zustande. Eigentlich wollte ich nämlich für ein Erasmussemester nach Großbritannien reisen. Oder nach Irland. Die Erasmusplätze sind aber heiß begehrt und werden daher ausschließlich an Anglistikstudierende vergeben, für die ein Auslandssemester obligatorisch ist. Ob man über ein DaF-Praktikum nach Großbritannien gehen könnte? Erkundigte ich mich dann in der Sprechstunde. Jaja, das ginge, aber in Usbekistan wären auch gerade noch Plätze frei – ob ich dafür vielleicht Interesse hätte?
Vor der Abreise schaute ich zwei Dokumentationen über Usbekistan, stand im Austausch mit den vorherigen PraktikantInnen und wurde über ein Seminar von der Universität umfangreich vorbereitet. Deshalb wusste ich natürlich schon schnell, dass Usbekistan eins von zwei Ländern ist, das weder an ein Meer grenzt, noch Nachbarländer hat, die an ein Meer grenzen. (Rätselfrage: Welches ist wohl das zweite Land mit dieser Eigenschaft?) Auch andere nützliche Informationen erhielt ich im Vorfeld, aber die meisten Dinge lernt man dann ja doch immer erst vor Ort:
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Wenn man ein Taxi bestellen will, hebt man nicht die Hand, sondern zeigt mit dem Finger neben sich auf den Boden.
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Wenn man die Straße überqueren will und es ist gerade keine Ampel in der Nähe, dann schaut man erst links, geht dann bis zur Mitte, dann schaut man rechts und geht den Rest. (Manchmal kommt es vor, dass man für kurze Zeit in der Mitte steht, während von beiden Seiten Autos kommen. Adrenalin pur :D)
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Wenn man mit dem Bus fahren will, geht man einfach zur Haltestelle und hofft, dass einer kommt. Busfahrpläne gibt es nämlich nicht.
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Wenn man Tee trinkt, kippt man den Tee immer erst dreimal von der Kanne in die Tasse und wieder zurück in die Kanne, bis man ihn beim letzten Mal endgültig einschenkt.
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Grüner Tee heißt auf usbekisch kok chai – kok heißt aber blau.
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Zuckerwatte heißt auf usbekisch „süße Baumwolle“.
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Wenn man testen will, ob eine Melone reif ist, klopft man einfach drauf. Klingt es hohl ist sie reif – klingt es dumpf ist sie unreif.
In der Woche war ich jeden Tag etwa zwei Schulstunden ( à 80 Minuten) als Deutschlehrerin im zweiten akademischen Lyzeum beschäftigt. Das Lyzeum ist etwa äquivalent mit unserer Oberstufe – die SchülerInnen besuchen es im Anschluss an neun Jahre Schule für drei Jahre und können mit dem Abschluss an der Universität studieren. Im Lyzeum sieht es ziemlich so aus, wie es auch in einer deutschen Schule aussehen könnte. Da gibt es Chemielabore und lange Flure und auch eine Mensa. Um zwölf Uhr ist täglich Mittagspause, da sprinten die Schülermassen hungrig zur Essensausgabe und man muss in den Gängen gut Acht geben. Das beste Essen ist immer schnell weg, genauso wie Sitzplätze. Zum Glück gibt es für die Lehrer (und Praktikanten) einen kleinen Extraraum. Der Unterricht beginnt morgens um neun. Ich unterrichtete in Schülergruppen aus allen drei Jahrgängen. In der Regel hat jede Gruppe nur einmal pro Woche Deutschunterricht. Nur Gruppe 207 – die Spezialgruppe – hat viermal pro Woche. Gruppe 207 lernte ich daher besonders gut kennen, während ich die anderen SchülerInnen stets nur einmal pro Woche zu Gesicht bekam. Gruppe 207 war mir sehr sympathisch. In der ersten Stunde, als ich um Namensschilder bat, wurde ich gefragt, ob sie sich auch deutsche Namen geben könnten. Dann hießen sie alle Paul, Lisa, Emma und Max, das hat das Namenlernen enorm vereinfacht. Außerdem sagten alle SchülerInnen zu Beginn jeder Stunde selbstständig folgenden Spruch auf:
Guten Morgen, liebe Leute! Es ist schön, euch hier zu sehen. Gemeinsam wollen wir heute lernen, lachen und uns gut verstehen.
Das hat mich sehr begeistert. Neben dem Unterricht, der Unterrichtsvorbereitung und nachmittäglichen Lyzeumsveranstaltungen blieb nicht mehr ganz so viel Freizeit. Für das Reisen in andere Städte nutzte ich vor allem die Wochenenden.
Für besondere Veranstaltungen oder kleinere Ausflüge konnte man sich die Nachmittage aber schon manchmal freischaufeln. Das lustigste Event, das ich in Tashkent besuchen konnte, war auf jeden Fall das Plovfest. Plov, das ist die usbekische Nationalspeise – bestehend aus Reis , der in Öl und Wasser (zu gleichen Teilen) gekocht wird, Kichererbsen, Rosinen, Wachteleiern, Fleisch und diversen Gewürzen. Es ist alles ein bisschen fettig, schmeckt aber super! Im September wurden in der Innenstadt Tashkents sechs Tonnen Plov in riesigen Kesseln auf der Straße zubereitet. Es sollte ein Eintrag im Guinessbuch der Rekorde für den größten Topf gekochten Plovs erreicht werden. 150 Köche waren an dem Kochvorgang beteiligt! Leider konnte man das Kochen vor Ort nur über Leinwände beobachten, denn der direkte Zugang zu den Kesseln war abgesperrt. An jeder Ecke waren noch kleine Bühnen, Hüpfburgen oder Verkaufsstände aufgebaut und es gab viel zu sehen. Es war so voll in der Stadt, dass man schnell den Überblick verlor. Irgendwann brach der Weltrekordsjubel aus, in den ich fröhlich miteinstimmte. Als ich einen Wachmann nach dem Plov fragte, war aber schon alles leer. Ich weiß nicht, wie das bei sechs Tonnen in so kurzer Zeit passieren konnte. Zum Glück ergaben sich noch andere Gelegenheiten, die kulinarische Köstlichkeit zu testen. Plov gibt es nämlich zu jedem Anlass und es steht in jedem Restaurant auf der Speisekarte.
Gut oder? Hier verlinke ich nochmal einen klasse Artikel zum Weltrekord. https://www.saveur.com/largest-plov-rice-dish-uzbekistan-world-record Das war es erstmal mit meinem Bericht! Ich sende euch die liebsten Grüße!
Vivien
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