Mein neuer Arbeitgeber hier in Ghana ist das “Rays of Hope Centre”, eine Organisation, die Kindern, die auf der Straße leben und Waren verkaufen müssen, eine bessere Zukunft durch Bildung ermöglichen möchte.
In Ghana kostet ein Schulbesuch Geld, das jeden Term bezahlt werden muss. Und da es drei Terms gibt, ist das im Jahr nicht wenig Geld. Viele Familien haben dieses Schulgeld aber nicht übrig, besonders nicht für alle ihre Kinder. Daher ergibt sich auch das Bild, das man hier oft auf den Straßen sieht: Anstatt das Kinder in die Schule gehen, verkaufen sie am Straßenrand Waren. Oftmals stundenlang für ein kleines Geld, das sie am Ende zusammen bekommen.
Und hier kommt der Field-/ Streetworker des Rays of Hope Centres (kurz ROHC) ins Spiel. Er sieht sich zwischen Mai und September in den Straßen Ashaimans um, sucht den Kontakt zu solchen Kindern, die auf der Straße verkaufen, tritt in Kontakt mit deren Familien und versucht sie mit viel Geduld dazu zu bringen, regelmäßig ins FCP (First Contact Place) zu kommen. Dort wird am Anfang mit den neuen Kindern eigentlich nur gespielt. Sie sollen die Mitarbeiter und die Organisation besser kennenlernen und Vertrauen aufbauen.
Mit Beginn des neuen Schulterms im September fangen auch die internen “Pre-Classes” im FCP an. Hier geht es zunächst darum die Kinder und deren akademischen Stand kennen zu lernen und sie dann innerhalb eines Jahres auf die ghanaische Regelschule vorzubereiten. Dazu werden sie jeden Tag vor allem in Mathe und Englisch unterrichtet.
Seit diesem Jahr ist das FCP zu einem sogenannten Day-Care-Centre umfunktioniert worden, d.h. dass dort die Kinder nur tagsüber sind und abends in ihre Familien zurückkehren. Diese Reintegration in die Familien stellt einen weiteren Baustein im Konzept von ROHC dar. Es soll dauerhaftes Ziel sein, die Kinder von der Straße zu holen und wieder in ihre Familien einzugliedern. Durch die Arbeit auf der Straße haben sie genau dorthin nämlich oft den Kontakt verloren.
Wenn diese Reintegration aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert, gibt es seit Juli 2015 das sogenannte WEM Centre. Es befindet sich in Ayikuma, relativ weit außerhalb von Ashaiman und dessen Versuchungen. Dort wird den Kindern, die nicht in ihre Familien reintegriert werden können, Unterkunft und Verpflegung geboten.
Mein neuer Arbeitsalltag in Ghana gestaltet sich so, dass ich immer abwechselnd eine Woche im FCP und eine Woche im WEM Centre bin.
Als ich das erste Mal wieder im FCP, meiner früheren Arbeitsstätte, war, habe ich den morgen damit verbracht mir während des Unterrichts in den “Leveln” respektive Pre-Classes 1, 2 und 3 (sortiert nach dem Wissensstand/ Vorwissen der Kinder) sämtliche Namen einzuprägen, was zu meinem Erstaunen auch richtig gut geklappt hat. Mittlerweile ist der Arbeitsalltag im FCP deutlich anders als der während meines Freiwilligendienstes: Morgens müssen wir schon um 8 Uhr da sein, um mit den Kindern das Haus und die unmittelbare Umgebung zu fegen und alles sauber zu machen. Um 8.30 Uhr startet dann die Devotion, bei der etwa eine halbe Stunde lang gesungen und getanzt wird, um Gott zu ehren, und außerdem wird aus der Bibel vorgelesen. Um 9 Uhr starten dann die Pre-Classes, welche zunächst bis um 11 Uhr gehen. Nach einer Stunde Mittagspause, in der die Kinder und Lehrer von der FCP-Köchin mit leckerem ghanaischen Essen versorgt werden, findet eine weitere Schulstunde von 12 bis 14 Uhr statt. Danach heißt es für mich aber keinesfalls nach Hause, sondern gegen 15.30 Uhr trudeln nach und nach die Kinder, die bereits die internen Pre-Classes durchlaufen haben und in Ashaiman zur Schule gehen, ein und es wird mit den Preps, einer Hausaufgabenbetreuung, angefangen. Diese geht offiziell bis 17 Uhr, aber meistens ist man dann doch nicht vor 17.30 oder 18 Uhr aus dem FCP raus. Dann heißt es, genauso wie morgens, eine halbe Stunde durch die rappelvollen Straßen von Ashaiman laufen, bis man endlich Zuhause ankommt. Im FCP besteht meine Aufgabe vor allem darin bei den Pre-Classes zu assistieren bzw. auch mal selbst den Unterricht zu gestalten und bei den Preps mit den Schulkindern zu helfen. Damit bin ich erstmal zufrieden und werde sehen, was sich für mich ergibt.
Soviel zum FCP, aber ich habe ja noch eine zweite Arbeitsstelle: Im WEM Centre soll ich mich vor allem um die Freizeitgestaltung und speziell das Volleyballspielen mit den Mädels konzentrieren. Auch bei der Hausaufgabenbetreuung, den sogenannten Preps, werde ich als Springer eingesetzt.
Im WEM Centre beginnt der Tag leider schon sehr früh, nämlich in etwa um 4 Uhr. Dafür kann man um diese Tageszeit aber so wunderschöne Sonnenaufgänge wie auf dem Foto zu Gesicht bekommen. Und dann heißt es: Kinder wecken, dafür sorgen, dass alle duschen gehen und pünktlich zur Devotion und zum Frühstück fertig sind. Danach muss man dann alle 21 Kinder, die dort leben, bis etwa 6.30 Uhr zur Schule losschicken, was sich aber zumeist als schwierig erweist, da sie häufig Dinge vergessen und dann nochmals zurückkommen müssen. Nach der Schule gibt es auch hier montags bis donnerstags Preps, also eine Hausaufgabenbetreuung für alle Kinder. An Freitagen und Samstagen kann ich mit einer meiner Hauptaufgaben im WEM Centre anfangen: Dem Volleyballunterricht für die Mädels. Und das macht wirklich Spaß. Zwar müssen wir noch viel an der Technik arbeiten, aber das Grundinteresse ist da, auf dem wir sicherlich gut aufbauen können. Nach dem “Training” war ich wirklich überrascht, wie viel die Kinder wussten und wie schnell sie lernen können. Und während ich freitags und samstags mit den Mädels Volleyballtraining mache, macht ein ehemaliger Mitarbeiter mit den Jungs Fußballtraining, sodass sich keiner in die Quere kommt, was ich ein gutes Konzept finde.
Leider ist Ayikuma, wo das WEM Centre steht, sehr weit auf dem Land und hat viel mit Strom- und Wasserengpässen zu tun. So wird gerne mal tagelang das Wasser abgedreht und auch der Strom fällt des öfteren aus. Und somit war mein fehlender Schlaf dann gleich vergessen, als ich hörte, dass wir fließendes Wasser aus der Leitung in der Dusche hatten, und das zum ersten Mal seit meiner Ankunft. Diese Dusche habe ich dann auch gleich doppelt so sehr genossen wie die sonst übliche Eimerdusche – liebevoll meine tägliche Ice-Bucket-Challenge genannt 😉
Ich beende diese ersten Wochen hier mit gefühlten 13.763 Mückenstichen und unglaublich wenig Schlaf, aber dafür auch mit unglaublich vielen positiven Eindrücken und Erfahrungen und freue mich auf meine restliche Zeit hier in Ghana!
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