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Erste Eindrücke aus Schottland

Da ich ziemlich scheu im Internet bin, habe ich noch nicht so viele Blogerfahrungen gemacht. Hier ist mein erster Beitrag aus Schottland.

Ja richtig Schottland, mit Schotten. In keinem Fall Großbritannien mit Briten.

Ich kann im Grunde nur über Erfahrungen mit den schottischen Studenten berichten, da ich zu diesen am meisten Kontakt habe. Diese empfinden sich wirklich als eigene Nation!

Ein kurzes Beispiel: Letzte Woche habe ich mit dem Foto-Club der Universität einen Ausflug nach Newcastle in England gemacht und Sprüche, wie: „Das ist ja echt ganz schön hier, obwohl es ja England ist! “ (beziehen sich auf die Landschaft) Besonders überraschend, da Newcastle nur 40 km von der Grenze zu Schottland = schönstes „Land“ entfernt liegt. Eigentlich kein Wunder, dass Newcastle durch ähnliche klimatischen Bedingungen natürlich keine völlig andere Flora und Fauna zu bieten hat. Aber den Kommentar habe ich mir dann doch verkniffen.

„Leute, ich mache jetzt eine Instagram-Story. Wenn wir über die Grenze fahren, jetzt mal alle richtig laut jubeln“, verlangte ein anderer Schotte auf dem Rückweg. Da sich in dem Auto außer den beiden Schotten, die vorne saßen, allerdings nur zwei Deutsche, eine Österreicherin, eine Schwedin, eine Bulgarin und eine Engländerin im Auto befanden, hielt sich der euphorische Jubel zur Enttäuschung der Schotten in Grenzen.

Neugierig wie ich bin, habe ich schon versucht ein paar Schotten zum Brexit zu befragen. Traurigerweise traf die Frage nicht auf große Diskussionsbereitschaft. Es wurde aber deutlich, dass einige Schotten den Brexit nicht als besonders klug einstufen. Genug dazu.

Hier ein paar Fakten zur Orientierung. Schottland hat eine Fläche von 77.910 Quadratkilometern (zum Vergleich: Deutschland ist 4,5-mal so groß und England ungefähr doppelt so groß). Die Einwohnerzahl in Schottland beläuft sich auf ca. 5,3 Mio. (Deutschland hat 82 Mio. und England 55,3 Mio.). Die Verhältnisse kann sich hier jeder selbst ausrechnen.

Da ich in Glasgow lebe und die Stadt mit 600.000 Einwohnern die größte in ganz Schottland ist, merke ich nur bei meinen Ausflügen wie viel unberührtes Land es in Schottland gibt. Die offizielle Landessprache ist eigentlich Englisch, allerdings kann man sich da manchmal wirklich nicht sicher sein. An meinem ersten Tag in Glasgow war ich im Sekretariat der Uni, um mit der Erasmus- Koordinatorin zu sprechen und ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass es sich hierbei um eine Schweizerin handelt, die Probleme mit der englischen Betonung hat… Naja, als ich danach das Sport Center und das Institut betrat, wunderte es mich, dass so viele Schweizer in Schottland leben. Das zeigte, dass man das schottische Englisch einfach wirklich nicht richtig verstehen kann. Zu meinem Trost können auch meine beiden amerikanischen Mitbewohnerinnen über das Telefon keinen Tisch im Restaurant reservieren, weil sie die schottische Ausdrucksweise auch nicht verstehen. Was soll man dazu sagen.

Die Schotten fahren und laufen (!!) alle auf der falschen Seite. Aber reicht es nicht, dass sie schon eine andere Währung haben als alle anderen europäischen Länder? Nein, mit schottischen Pfund (hier gibt es jeden Schein in mindestens fünf verschiedenen Varianten mit vielen bunten Bildern) kann man nicht in England bezahlen, aber andersrum schon?

Glasgow ist aus meiner Perspektive die perfekte Stadt für mich, um dort ein Auslandssemester zu verbringen. Die Stadt hat besonders in der Innenstadt (von meinem Wohnheim nur 10 min zu Fuß) eine sehr schöne Architektur. Wenn ich abends zum Sport gehe und die Gebäude in unterschiedlichen Farben beleuchtet werden, fühle ich mich manchmal wie in einem Harry-Potter-Film.

Besonders cool ist es, dass fast alle Museen, der botanische Garten (Glasshouse) und noch viele andere Dinge in Glasgow kostenfrei sind und man sich so auch als Student viele Sachen anschauen kann.

Wenn es in Glasgow ausnahmsweise nicht regnet, ist es auch sehr zu empfehlen, in einem der vielen Parks oder auch am Fluss Clyde spazieren zu gehen.

Da ich in Münster eher am Stadtrand wohne und einen relativ weiten Weg zur Uni habe, ist es einfach der Wahnsinn, innerhalb von fünf Minuten am Institut zu sein. Eine neue Erfahrung ist für mich, im Studentenwohnheim zu wohnen, da ich bis jetzt nur zuhause gewohnt habe. Die University of Strathclyde bietet für die Studenten Wohnungen in den sogenannten „Halls“ an. Ich wohne in der Andrew Ure Hall, die etwas abseits (drei Minuten Fußweg) von den anderen „Halls“ liegt. In diesem Wohnheim sind sowohl Erasmus-Studenten, als auch schottische Master-Studenten untergebracht. Das ist nur vorteilhaft für mich, da das Wohnheim im Vergleich zu einem, in dem nur Erasmus-Studenten wohnen, wirklich schöner eingerichtet ist. Außerdem finden hier nicht so viele „Flatparties“ statt, da die meisten Master-Studenten sich auf ihren Abschluss konzentrieren wollen. (Nur kurz zur Info: so wie ich das verstehe, ist der Master nur ein einzelnes Jahr.  Meistens eine Art Projekt, in einer bestimmten Fachrichtung, dass an das vierjährige normale Studium angehängt wird.)

Das Beste an diesem Wohnheim ist allerdings, dass direkt auf der anderen Straßenseite ein Aldi ist und die Einkäufe demnach nicht so weit getragen werden müssen. In meiner Wohnung wohnen außer mir noch fünf andere Mädchen. Zwei sind, wie oben bereits erwähnt aus Texas, USA. Dazu muss man sagen, dass sich die eine schon zu einem großen Teil als Ungarin sieht, da ihre Oma aus Ungarn kommt. So ganz habe ich das allerdings noch nicht durchschaut. Die dritte kommt aus Pakistan, die vierte ist Thailänderin und die letzte hat das Zimmer zwar gemietet und wohnt aber eigentlich auf der anderen Straßenseite bei ihrem Freund. Nvm (Never mind).

Am besten gefällt mir der wahrscheinlich größte Unterschied zu meinem alltäglichen Leben in Deutschland. Niemals wieder werde ich einen so großen Kulturaustausch erleben wie hier. Damit meine ich nicht nur die Eindrücke, die ich während meiner Ausflüge in die schottischen Highlands, an die verschiedenen Lochs, Bens oder Castle sammeln kann oder die Portion Fish und Chips, die es hier wirklich in jedem Imbiss gibt, wie in Deutschland den Döner. Viel spannender ist es für mich, die einfachsten Dinge mit verschiedenen Leuten zu machen. Zugegebenermaßen habe ich es mir ein bisschen schwierig vorgestellt hier in Schottland „Freunde“ zu finden, da ich aufgrund meiner Klausuren in Deutschland fast zwei Monate nach Semesterbeginn angekommen bin und so auch die Einführungswoche verpasst habe. Zum Glück hatte ich mich für einen Sprachkurs angemeldet, um meine englische Grammatik zu verbessern. (Pro Serie bekommt man hier einen kostenlosen Sprachkurs als Erasmus-Student) In diesem Sprachkurs habe ich einen netten Österreicher kennengelernt, über den ich mich mit einigen Deutschen angefreundet und mit denen ich schon den einen oder anderen schottischen Pub besucht habe.

Ich versuche, möglichst viele Sachen mit den verschiedensten Menschen zu unternehmen. Auf einem Ausflug habe ich beispielsweise eine sehr nette Französin kennengelernt, mit der ich jetzt öfter ins Fitness-Studio gehe. Obwohl ich überhaupt kein Französisch spreche und wir über 1.000 km voneinander entfernt leben, haben wir doch festgestellt, dass wir einige gleiche Interessen haben.

Ich finde es  sehr spannend, mit meiner texanischen Mitbewohnerin darüber zu reden, was ihr  beim Erlernen der deutschen Sprache schwer fällt , von einem Mexikaner mit deutschen Wurzeln zu erfahren, dass man in Mexico City durchaus auch ohne Führerschein Auto fährt, von meiner pakistanischen Mitbewohnerin zu lernen, wie man einen nationales pakistanisches Linsengericht kocht, mit einer Portugiesin shoppen zu gehen und zu vergleichen, wie teuer verschiedene Kosmetika in Deutschland, Portugal und Schottland sind, mit einer Thailänderin darüber zu reden, wie es ist, in einem Ferienparadies zu leben und von dort ins verregnete Großbritannien zu ziehen, im Institut nicht nur etwas über immunologische Prozesse zu lernen, sondern auch zu lernen, wie mein Name im Arabischen oder Chinesischen geschrieben wird.

Hier gehöre ich nicht wie in Deutschland zu einer Gruppe von Einheimischen, sondern stehe auf der anderen Seite und gehöre zu einer Gruppe von „Fremden“. Mir war vorher nicht bewusst, dass diese Gemeinsamkeit, kein Schotte zu sein, verbindet und welche interessanten Gespräche entstehen, wenn man nur verschiedene Wörter in verschiedenen Sprachen vergleicht.

Egal ob Ungarin, Texanerin, Iranerin, Portugiesin, Thailänderin oder Deutsche wir sind alles junge Frauen, die nicht zu der Schokolade aus dem Hotel Chocolat nein sagen, gerne mal über Jungs quatschen und zusammen nicht nur Schottland aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennenlernen, sondern auch viel über andere Länder und Sitten erfahren.

Jana

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