Seit fast zwei Wochen bin ich nun schon für mein gut zweimonatiges Praktikum im Tikondane Community Centre in Sambia und wenn ich jetzt versuchen soll, mein Gastland und die Unterschiede zum Leben in Deutschland vorzustellen, ist das gar nicht so einfach. Das liegt allerdings weniger daran, dass es keine Unterschiede gibt, sondern vielmehr daran, dass ich nicht genau weiß, wo ich anfangen soll.
Deshalb vielleicht zum Einstieg ein paar allgemeine Infos zu Sambia, bevor ich dann versuche ein bisschen Struktur in meine bisherigen Erfahrungen und Eindrücke zu bringen:
Sambia ist ein Binnenstaat im südlichen Afrika, welcher an Tansania, Malawi, Mosambik, Simbabwe, Botswana, Namibia, Angola und die Demokratische Republik Kongo grenzt.
Das dünn besiedelte Land (19 Einwohner pro Quadratkilometer) ist seit 1964 unabhängig von dem Vereinigten Königreich. Der Name „Sambia“ wurde aus dem Namen des Flusses „Sambesi“ abgeleitet, welcher wegen seiner Wasserfälle, den Victoria Falls, so bekannt ist. Da der Großteil Sambias aus Hochebenen zwischen 1.000 und 1.400 Meter Höhe besteht, habe ich es hier zum Glück „nur“ mit einem milden tropischen Klima zu tun. Insgesamt kann man im Laufe des Jahres drei Jahreszeiten unterscheiden: eine kühle Trockenzeit (Mai bis September) mit Temperaturen zwischen 15 und 27 Grad. Nachts können die Temperaturen allerdings auch bis auf circa fünf Grad sinken. Darauf folgt im Oktober und November eine heiße Trockenzeit, welche dann von einer heiß, schwülen Regenzeit abgelöst wird. Innerhalb der letzten beiden Wochen hat sich auf jeden Fall schon bemerkbar gemacht, dass sich die Trockenzeit so langsam ankündigt. Die Farmer fiebern der Regenzeit bereits alle entgegen und hoffen auf ausreichend, aber auch nicht zu viel Regen, damit sie einen guten Ernteertrag erzielen können. Doch auch die restliche Bevölkerung ist in den ländlicheren Regionen, so wie hier in Katete, stark von den Regenfällen abhängig, da sich sowohl Brunnen als auch andere Wasserspeicher langsam aber sicher leeren.
Katete ist ein Ort, welcher 12.500 Einwohner hat, und in der Ostprovinz Sambias zu verorten ist. Der Distrikt umfasst mit knapp 250.000 Einwohnern allerdings einen deutlich größeren Teil der Bevölkerung aus den umliegenden Dörfern. Weitestgehend ist das Gebiet von Unterernährung geprägt und auch wenn sich in der Nähe von Katete eines der größten Krankenhäuser befindet, liegt die Lebenserwartung lediglich bei 33 Jahren und die Kindersterblichkeit beläuft sich auf 180 von 1.000 Geburten. Die Menschen hier leben zum Großteil von Vieh- und Landwirtschaft, wobei die sehr trockenen und sandigen Böden eher suboptimale Voraussetzungen dafür darstellen. Das Projekt, in dem ich mein Praktikum mache, beschäftigt sich unter anderem mit Ernährungssicherung und versucht Möglichkeiten zu finden, mit den Hürden des Klimas und der Vegetation bestmöglich umzugehen. Aber dazu mehr in meinem nächsten Blogeintrag, in dem es um meine Praktikumsstelle und meinen Arbeitsalltag gehen wird.
Auch in anderen Teilen Sambias stellt die Unterernährung ein großes Problem dar, welches von einer stark wachsenden Bevölkerung begleitet bzw. unter anderem verursacht wird. Seit 1950 hat sich die Bevölkerung bereits mehr als versiebenfacht und nach Prognosen soll sie sich bis 2050 noch einmal mehr als verdoppeln. Aktuelle leben in Sambia schätzungsweise 16 Millionen Menschen.
Die Amtssprache in Sambia ist Englisch. Da diese aber nur für sehr wenige Bewohner die Muttersprache darstellt, sind als Verkehrssprachen Bemba und Nyanja weiter verbreitet. Hier in Katete wird Nyanja gesprochen und ich gebe mein Bestes mir zumindest ein paar Floskeln anzueignen.
Nun aber wirklich zu meinen bisherigen Erfahrungen, die ich in den letzten zwei Wochen sammeln konnte. Um die Unterschiede des Lebens hier in Katete im Vergleich zum Leben in Deutschland zu beschreiben, ist es denke ich am einfachsten, wenn man sich den typischen Tagesablauf der Einheimischen anschaut. Allerdings ist dabei zu beachten, dass dieser natürlich auch hier in Sambia stark zwischen Stadt und Land variiert. Ich befinde mich eher in einer ländlichen Gegend und die Leute, die hier im Tikondane Community Centre arbeiten, kommen aus den umliegenden Dörfern und somit aus sehr einfachen Verhältnissen.
Zwischen 4 und 5 Uhr morgens stehen hier alle auf, um das Frühstück vorbereiten zu können, bevor es dann zur Arbeit, aufs Feld, oder für die Kinder hoffentlich in die Schule geht (hoffentlich, weil leider circa 40% der Kinder aufgrund großer Distanzen oder aber, weil sie schon Geld verdienen müssen, nicht zur Schule gehen). Da die meisten Menschen hier weder fließendes Wasser, noch Elektrizität haben, dauert es dann morgens schnell zwei Stunden, bis das Frühstück zubereitet ist. Wasser holen, Feuer machen, ununterbrochen ein Auge auf das Feuer haben, damit es nicht ausgeht… Das Hauptnahrungsmittel ist hier Mais, woraus Nsima zubereitet wird, eine Art Maisbrei bestehend aus Maismehl und Wasser. Oftmals stellt dieser den Hauptbestandteil jeder Mahlzeit dar. Gegen 7 Uhr morgens trudeln dann alle Staffmembers nach und nach hier ein. Eine genaue Zeit gibt es nicht – da hier auf Pünktlichkeit nicht so viel Wert gelegt wird, würde diese auch eh nicht viel ändern. Außerdem gibt es auch keine guten Transportmittel, um zur Arbeit zu kommen. Das Taxi ist für den Großteil der Bevölkerung zu teuer. Busverbindungen bestehen nur in Form von Überlandbussen als Verbindungen zwischen den größeren Städten und auch eine Busfahrt können sich die wenigsten leisten. Und von einem eigenen Auto träumen die meisten, wenn überhaupt, nur. Deshalb werden die meisten Strecken zu Fuß zurückgelegt – auch, wenn es sich dabei um einen mehr als einstündigen Fußmarsch handelt. Entgegen meiner Erwartungen ist das Fahrrad hier mittlerweile ebenfalls als festes Verkehrsmittel integriert und es gibt sogar sogenannte „Bike-Taxis“.
Über die Arbeit, die hier dann tagsüber gemacht wird, berichte ich nochmal einzeln. Auf jeden Fall fällt auf, dass die Arbeitsmoral sehr unterschiedlich von der mir bekannten westlichen ist. Ich würde noch nicht einmal sagen, dass die Menschen hier weniger gewillt sind, gute und zuverlässige Arbeit zu machen. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass sie eine striktere Anleitung brauchen und es weniger gewohnt sind, selbstständig zu arbeiten. Nach den Berichten, die ich über den Unterrichtsstil in den Schulen bekommen habe, und meinen eigenen Erfahrungen aus meinem Freiwilligendienst an einer Grundschule in Namibia, fällt das eigenständige Denken und Problemlösen oftmals unter den Tisch. Auf jeden Fall sind viele der Probleme, die bei der Arbeit auftreten z.B. auf fehlende Kommunikation zurückzuführen. Alles Weitere zur Arbeit dann im nächsten Bericht.
Zwischen 16 und 17 Uhr machen sich dann alle wieder auf den Weg nach Hause, weil es gegen 18 Uhr dunkel wird. Und da die Fußwege immer noch lang sind und eine große Familie bekocht werden muss (da die „Küche“ draußen ist, idealerweise auch bevor es dunkel wird), haben es dann alle sehr eilig. Außerdem ist es vor allem für Frauen unsicher in der Dunkelheit und bei oftmals unbeleuchteten Straßen und Wegen noch draußen unterwegs zu sein. Um am nächsten Morgen wieder fit zu sein, gehen die meisten Menschen hier selbstverständlich auch deutlich früher ins Bett (ca. gegen 20 Uhr). Außerdem gibt es auch nicht viele Möglichkeiten abends noch etwas zu unternehmen und ohne Elektrizität fallen weitere Tätigkeiten, die man zuhause noch ausüben würde, ebenfalls weg.
An den Tagesablauf habe ich mich hier noch nicht gewöhnen können. Ich habe aber das Glück direkt an der Arbeitsstelle zu übernachten und kann deshalb morgens etwas länger schlafen. Und somit ist es auch kein Problem, dass ich „erst“ zwischen 21 und 22 Uhr das Licht ausmache 😉
Soweit so gut – das ist jetzt erstmal ein kleiner Eindruck und natürlich noch lange kein vollständiges Bild von dem Leben hier in Sambia. Aber die nächsten Blogeinträge werden bestimmt dabei helfen, das Puzzle ein bisschen weiter zu vervollständigen.
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