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Ein halbes Jahr im Herzen Spaniens…

14.09.2014, 16:07 Uhr. Ich stehe in der Küche einer 6-Personen WG zwischen den Metrostationen Goya und Manuel Becerra und blicke in drei neugierige Gesichter, die alle gleichzeitig beginnen, auf mich einzureden, sich vorstellen und mir von meinem Kühlschrankfach bis hin zur Wäscheklammeraufbewahrungskiste alles zeigen, was die WG-Küche an Attraktionen zu bieten hat. Ich verstehe noch nicht einmal die Hälfte und habe ihre Namen schon wieder vergessen. Als sie fertig sind, sehen sie mich mit erwartungsvollen Augen an.

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Ich beginne, mich ebenfalls vorzustellen. Ich weiß nicht, ob es an meinem alles andere als flüssigem Spanisch liegt oder daran, dass ich ziemlich fertig aussehen muss mit meinen zwei Koffern, den Winterboots und meiner Fleecejacke, die ich trotz 30 Grad trage, weil ich in Deutschland noch so gefroren habe. Jedenfalls scheinen die drei Mitleid mit mir zu haben, zeigen mir mein Zimmer und lassen mich allein, damit ich mein Gepäck im Schrank und der Kommode verstauen kann. Es kommt mir ziemlich dürftig vor, was ich da für ein halbes Jahr auspacke und ich bin nach einer Viertelstunde fertig. Als ich ins Wohnzimmer komme, lerne ich meine anderen beiden Mitbewohner kennen. Jetzt sind wir vollständig – drei Spanier, ein Türke, eine Brasilianerin und eine Deutsche.

Vielleicht sollte ich mich an dieser Stelle erst einmal vorstellen. Ich bin Franziska, 21 Jahre alt, studiere Spanisch und Lateinische Philologie an der Universität Münster und werde das nächste Semester an der Universidad Complutense de Madrid im Departamento de Filología Alemana ein Praktikum machen. Worin genau mein Praktikum besteht? Ich werde in den sprachpraktischen Kursen für Anfänger im ersten und dritten Semester aushelfen und den Studenten so gut es geht helfen, unsere doch recht komplexe Sprache zu erlernen.

Aber zu meiner Arbeit später mehr, wenn das Semester richtig begonnen hat und ich euch mehr über meinen Alltag berichten kann. Noch gibt es nämlich gar kein richtiges Alltagsleben, über das ich etwas erzählen könnte. 

In diesem Beitrag soll es zunächst einmal um Madrid gehen. Das wunderschöne Madrid, das mich jeden Tag ein bisschen mehr fasziniert und begeistert. Wenn man im Zentrum Madrids durch die kleinen Straßen schlendert, fällt schnell auf, dass Madrid eine sehr junge, moderne Großstadt ist. Die Gebäude versprühen zwar keinen historischen Flair, sorgen mit ihren wunderschönen hellen Fassaden und den architektonischen Variationen aber dennoch dafür, dass man die ein oder andere rote Ampel übersieht, weil der Blick an den prunkvollen Fenstern der oberen Etagen oder den verschnörkelten Balkonen hängen bleibt.

Als Tourist erkundet man Madrid am besten zu Fuß – obwohl Spaniens Hauptstadt über ein wirklich gutes Metronetz verfügt. Aber gerade im Zentrum ist alles sehr dicht beieinander und der Weg von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten ist oftmals so schön, dass man einiges verpasst, wenn man sich unter der Erde fortbewegt. Doch so schön Madrid tagsüber auch sein mag, die wahre Pracht der Großstadt entfaltet sich nachts, wenn die Lichter den Gebäuden und Straßen einen goldenen Schimmer verleihen. Hinzu kommt, dass die Dunkelheit die Stadt erst richtig zum Leben erwecken scheint. Die Madrilenen lieben das Leben auf der Straße und lassen sich auch von dem tags wie nachts lärmenden Verkehr nicht abschrecken.

In vielen Stadtteilen kommt mir Madrid gar nicht so groß vor. Das Leben in den barrios, wie man die Stadtviertel hier nennt, erinnert vor allem im Umgang der Menschen miteinander sehr an eine Kleinstadt. Jeder scheint jeden zu kennen, man hält inne, um sich zu unterhalten, es gibt viele kleine Läden und Gassen, Marktstände und spielende Kinder auf der Straße. Mitten im Zentrum aber, vor allem an der Gran Vía, ist unverkennbar, dass man sich in der drittgrößten Stadt Europas befindet.

Auf die To-Do-List eines jeden Madridbesuchs gehört ohne Zweifel der Parque del Retiro. Ein Paradies für alle Jogger, Spaziergänger, Inlineskater, Fahrradfahrer, Kinder und jeden, der ein bisschen Schutz vor der Großstadt sucht. Zwar kommt durch die kunstvoll inszenierten Gärten und die vielen Besucher auch hier nicht die Ruhe eines Kleinstadtgartens auf, aber wenn man durch die eindrucksvollen Tore des Retiro schreitet, hat man tatsächlich das Gefühl,dem gehetzten Treiben der Großstadt für einen Moment zu entkommen. Mein Tipp: Karte zur Seite legen und einfach drauf los gehen. Hinter jeder Biegung wartet nämlich eine neue Überraschung – sei es ein Rosengarten, ein Springbrunnen, ein Spielplatz, ein See, ein Spalier aus riesigen Statuen, ein kleines Gartenhäuschen oder ein gläserner Palast.

Ein weiteres Muss ist ein Besuch in der Chocolatería San Gines (Pasdizo San Gines) in der Madrider Innenstadt. Für jeden, der genauso hoffnungslos schokoladensüchtig ist wie ich, sind die churros con chocolate hier ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis. Wer den Abend lieber bei einem Bierchen oder Wein in einer Bar ausklingen lässt als mit in Schokolade getunktem Gebäck, sollte unbedingt mal mit der Metro in das barrio Malasaña fahren. Hier herrscht abends eine tolle Atmosphäre. Vor allem bei gutem Wetter, wenn die Tische draußen vor den Bars und Cafés dicht besetzt sind. Besonders empfehlenswert ist meiner Meinung nach ein Besuch im „Ojala“, wo es von Wraps über Patatas Fritas bis hin zu sündhaft leckeren Torten eine große Bandbreite an bezahlbaren Speisen gibt. Und das Highlight: Im Keller sorgen Sand und eine Strandbar für richtiges Sommerfeeling!

Ich habe natürlich noch längst nicht alles gesehen und meine eigene Madrid-To-Do-List wächst jeden Tag um ein paar weitere Punkte. Aber auch wenn ich erst etwas mehr als zwei Wochen hier bin, kann ich jedem nur wärmstens ans Herz legen, sich auch einmal für ein paar Tage vom Herzen Spaniens verzaubern zu lassen.

 

Franziska

Ich heiße Franziska, bin 21 Jahre alt und studiere Spanisch und Lateinische Philologie im Zwei-Fach-Bachelor. Derzeit habe ich das Glück, für ein halbes Jahr im herrlichen Madrid leben und arbeiten zu dürfen. Ich mache ein Praktikum im Deutschen Institut der Universidad Complutense de Madrid, wo ich die Dozenten und Lehrkräfte im sprachpraktischen Bereich unterstütze und mich ein wenig im Unterrichten von Deutsch als Fremdsprache übe. In meinen Arbeitsbereich fallen vor allem die Anfängerkurse Alemán I und Alemán III. Gemeinsam mit drei weiteren Praktikantinnen organisiere ich aber auch Tutorien, Kinoabende oder andere Aktivitäten für die Studenten, bei denen es vor allem darum geht, sich ein bisschen im Hören, Verstehen und Sprechen zu üben.

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