Mit seinen 3.5 Millionen Einwohnern hat das südamerikanische Land Uruguay ungefähr so viele Einwohner wie Berlin. Die Hälfte von ihnen lebt in der Hauptstadt Montevideo. Hier lebe ich nun seit sechs Wochen, um die ersten vier Monate meines Praktischen Jahres in der Gynäkologie im staatlichen Krankenhaus ‚Hospital Quintela‘ zu absolvieren.
Die ersten Tage hat mich die Stadt mit ihrem Gemisch aus Kolonialbauten und brutalistischen Gebäuden (wie zum Beispiel meinem Krankenhaus) , den Schachbrettmusterstraßen und auf den ersten Blick ohne Plan abfahrenden Bussen überrascht und überfordert. Obwohl ich wusste, dass Montevideo 1.5 Millionen Einwohner hat, habe ich von einem kleinen Land eine sich kleiner anfühlende, gemütlichere Hauptstadt erwartet. Es gibt zwar immer wieder Gebäude, die der europäischen Idee von ‚schön‘ entsprechen, diese stehen aber häufig in einem nicht so guten Zustand direkt neben praktisch gebauten, großen eher industriell anmutenden Stadthäusern. Ich habe ungefähr zwei Wochen gebraucht, den Charme der Stadt für mich zu entdecken: viele nette Märkte, Cafés und Bars, kulturelle Veranstaltungen und viel Musik auf den Straßen haben es mir leicht gemacht, die Stadt gern zu haben.
Montevideo wird teilweise als kleine Schwester Buenos Aires‘ bezeichnet, und nachdem ich nun ein Wochenende in Buenos Aires war, verstehe ich, was damit gemeint ist. In Vielem ähneln sich die beiden Städte. Die Menschen sprechen mit einem sehr ähnlichen Akzent Spanisch (jedes in Spanien weich ausgesprochene LL, was in Spanien wie das deutsche J ausgesprochen würde, ist hier ein SCH), viele laufen mit ihrer Mate-Thermoskanne und dem Mate Becher herum, in dem sie Hierba haben und regelmäßig heißes Wasser draufschütten, um drei vier Schlücke Mate Tee zu trinken oder ihrem Gegenüber einen Becher anzubieten, beide Städte liegen am Rio de la Plata, der bei Montevideo in den Atlantik mündet und haben viele italienische Einflüsse. Montevideo ist aber sehr viel kleiner und ruhiger als Buenos Aires. An Wochenenden sind – außer in den Malls – viele Geschäfte in Montevideo geschlossen oder haben kürzere Öffnungszeiten, sonntags ist es fast unmöglich im Stadtzentrum ein offenes Geschäft oder gar ein Restaurant zu finden. Im touristischen Teil der Stadt sieht das anders aus, da dort viele Kreuzfahrtschiffe anlegen und die Touristinnen und Touristen in der Altstadt, der ‚Ciudad Vieja‘ an jedem Tag durch die Straßen bummeln. Dort sind die Öffnungszeiten den deutschen ähnlicher.
Ich hatte im Vorhinein über Airbnb in einem Studentinnenwohnheim angefragt, ob sie noch ein Zimmer für mich und eine Freundin haben, die ebenfalls den ersten Teil ihres praktischen Jahres in Montevideo macht. Und so wohnen wir jetzt glücklich zusammen mit 9 anderen Frauen. Drei von ihnen kommen aus Venezuela, zwei aus Mexiko, zwei aus Belgien und zwei aus Uruguay. Das gemeinsame Leben ist im Vergleich zu unseren Wohngemeinschaftserfahrungen in Deutschland etwas weniger gemeinschaftlich, jeder hat sein abschließbares Fach in der Küche, nichts wird im Bad stehengelassen und einmal die Woche kommt Fabiana und putzt und räumt auf. Es fühlt sich dadurch ein bisschen mehr nach einem Leben im Hostel an, wir fühlen uns aber trotzdem sehr wohl.
Nach sechs Wochen habe ich das Gefühl, mich langsam richtig eingelebt zu haben: im Wohnheim, im Krankenhaus und in der Stadt bewege ich mich jetzt mit mehr Selbstverständlichkeit, Sicherheit und einem Gefühl von ‚Zuhause‘. Wie mein Alltag im Krankenhaus aussieht und welche Startschwierigkeiten ich hatte, möchte ich gerne im nächsten Beitrag erzählen!
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