Leider ist unsere Zeit in Usbekistan schon vorbei, wenn wir vom Unterrichtsalltag an einem akademischen Lyzeum berichten und unsere Erfahrungen teilen können, denn die Internetverbindung ist eher langsam – oder nicht existent.
Das ist schon der erste Unterschied zur Arbeit an deutschen Schulen: Die Unterrichtsvorbereitungen nehmen viel mehr Zeit in Anspruch, wenn man nicht sein gesamtes technisches Equipment in Schreibtischstuhl-Reichweite hat.
Doch zuerst einmal ein paar Infos: Das akademische Lyzeum in Usbekistan entspricht in etwa der gymnasialen Oberstufe in Deutschland, die SchülerInnen sind zwischen 16 und 18 Jahre alt und der Abschluss berechtigt zum Studium. Überraschenderweise gibt es auf den ersten Blick wenig Unterschiede zu deutschen Schulgebäuden, auf den zweiten fehlen einige, bei uns selbstverständliche Medien – zum Beispiel ein OHP oder ein funktionstüchtiger Drucker. Aber zum Glück war unsere Betreuerin sehr engagiert und hilfsbereit und konnte uns sogar Lautsprecher und einen Beamer organisieren.
Der Gebrauch solcher Medien im Unterricht war für unsere SchülerInnen ein absolutes Highlight – und totales Neuland. Das gilt auch für offenere Unterrichtsformen wie Gruppenarbeit, da in Usbekistan der Frontalunterricht überwiegt. Neue Methoden über die Sprachbarriere hinweg zu vermitteln erwies sich als ziemlich schwierig, da keiner von uns Praktikanten ein Wort Usbekisch spricht – und die SchülerInnen kaum ein Wort Deutsch. Dementsprechend vor den Kopf gestoßen fühlten wir uns nach den ersten Unterrichtsstunden, denn unser im Bewusstsein der unbeständigen Internetverbindung akribisch gesammeltes Material erwies sich leider als fast gänzlich unbrauchbar, da zu schwierig. Glücklicherweise stand uns aber in jeder Stunde ein Dolmetscher in Person eines Germanistik-Studenten und der usbekischen Deutschlehrerin zur Seite.
Nachdem wir den ersten Schreck überwunden hatten, konzentrierten wir uns bei der Planung weniger auf die Vermittlung von Grammatik, sondern setzten uns zum Ziel, das Interesse der SchülerInnen an der deutschen Sprache zu wecken – mit viel Spiel und Spaß im Unterricht. Es war wunderbar zu sehen, wie die Motivation der SchülerInnen stieg, wenn Unterrichtsformen angeboten wurden, in denen sie selbst aktiv werden, um die Wette rätseln, uns ausfragen oder sich der deutschen Kultur und Sprache über deutschsprachige Musik nähern konnten.
Vor allem die Musik war unser Joker: Nachdem eine Lerngruppe von 30 Personen sich beim Vokabel-Fußball gegenseitig aufgeputscht hatte und Lärm und Gelächter gelegentlich besorgte Besuche aus benachbarten Klassenzimmern provozierten, wirkte eine Ballade wahre Wunder und andächtiges Schweigen (an dieser Stelle herzlichen Dank an Sarah Connor …).
Eine weitere Überraschung war die Begeisterung, mit der die SchülerInnen sich auf Methoden einließen, die wir für viel jüngere Kinder angebracht gehalten hatten: Singen, malen, Vier-Ecken-Raten – alles was eine 80minütige Unterrichtsstunde auflockert, wurde begeistert mitgemacht. Ehrgeiz zeigten die meisten aber auch, wenn es um das Vergleichen von allein gelösten Aufgaben ging, und waren entsprechend stolz auf ihre Leistungen. Wir übrigens auch.
Obwohl sich die Beschreibung bisher so anhören mag, als hätten wir nur Spielchen gespielt, glaube ich doch, dass wir Wissenswertes über Deutschland vermitteln und als Muttersprachler ein hilfreiches und motivierendes Beispiel für viele SchülerInnen sein konnten.
Aber natürlich war nicht alles eitel Sonnenschein. Obwohl wir nach den Ratschlägen unserer Vorgänger direkt zu Beginn einige Regeln einführten, dass zum Beispiel das Handy in der Tasche bleibt oder man pünktlich kommt, konnte der Unterricht in der Regel trotzdem erst mit 15 Minuten Verspätung beginnen, und zum Teil mit sehr wenig Schülern, die aus den unterschiedlichsten Gründen – wie der Teilnahme an einer von scheinbar täglich stattfindenden Olympiaden – fehlten. Obwohl wir die Lerngruppen teilen konnten und so nur 15 Schüler pro Gruppe unterrichteten, war es oft doch ein kleiner Flohzirkus, der sich nur schwer bändigen ließ.
Ernüchternd war für uns vor allem die Erkenntnis, dass SchülerInnen, die seit drei Jahren Deutsch lernen, nicht mehr sagen konnten, als sich selbst kurz vorzustellen und, sicherlich auch deswegen, unheimlich desinteressiert waren. Mit der Zeit zeigte sich aber, dass manche SchülerInnen doch Einiges konnten, vor allem, wenn sie zusätzlich Sprachkurse am Goethe-Institut besuchen. Auf der anderen Seite kamen wir so in den Genuss des Erfolgsgefühls, bei einigen SchülerInnen einen regelrechten Motivationsschub bewirkt zu haben – einer von vielen Gründen, warum sich das Praktikum ohne Frage gelohnt hat.
Obwohl das Schulsystem gar nicht so unterschiedlich wirkt, war der Unterricht selbst dann doch ganz anders als an deutschen Schulen und bedeutete für uns sowohl Spaß als auch Herausforderung, aber eine Herausforderung, der wir uns gerne und aufgeschlossen gestellt haben und bei der uns viele Helfer und Helferinnen unterstützten und uns einen Blick hinter den deutschen Horizont ermöglichten.
Haier, Paka und bis bald,
Christine, Juliane und Laura
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