Der Laboralltag im „Institute in the Park“

Nachdem ich im ersten Blog-Eintrag geschildert habe, wie mein allgemeiner Eindruck von Liverpool ist und wie ich ueberhaupt hierher kam, moechte ich nun gerne meinen Praktikumsalltag beschreiben. Dafuer aber vielleicht noch ein paar vorab Informationen…

In Liverpool befindet sich eines der groessten Kinderkrankenhaeuser Europas, das sogenannte „Alder Hey Children’s Hospital“. In diesem werden pro Jahr um die 300.000 Kinder mit den unterschiedlichsten Symptomen behandelt. Dass das Krankenhaus speziell fuer Kinder gedacht ist, sieht man auf den ersten Blick. Die Architektur des Gebaeudes ist von Kinderideen inspiriert worden und der grosszuegige Eingangsbereich versucht den Kleinen direkt ein gutes Gefuehl zu vermitteln.

         

Aber wieso ist das ueberhaupt relevant, immerhin bin ich doch Biologin und keine Medizinerin…? In unmittelbarer Naehe zum Krankenhaus, naemlich direkt am Hinterausgang, befindet sich das „Institute in the Park“ der University of Liverpool und des Alder Hey’s, und genau dort liegen die Laborraeume des „Insitute of Translational Medicine, Department of Women’s and Child Health“. Das Gebaeude wurde erst vor wenigen Jahren gebaut und wird aktuell noch an der Hinterseite vergroessert. Ausserdem ist der namensgebende Park zur Zeit noch eine grosse Baustelle. Neben Laboratorien befinden sich hier diverse Konferenzraeume, eine Art Hoersaal und dutzende Bueroarbeitsplaetze. Die Naehe zum Krankenhaus ermoeglicht uns hier einen nie zu neige gehenden Vorrat an Bioproben. Da sich dieses Institut mit Autoimmunerkrankungen bei Kindern beschaeftigt, sind die diversen Vorteile, die sich daraus ergeben, wohl nicht extra erwaehnenswert.

           

Genauso schick wie das Gebaeude ist auch das Labor, in dem ich arbeiten darf. Und jetzt kommen wir endlich zu meinem Alltag hier.

Ich nehme morgens den Bus um 08.15 Uhr Richtung Krankenhaus. Obwohl es theoretisch nur eine 15-minuetige Autofahrt waere, bin ich von Tuer zu Tuer ca. 45 min unterwegs. Der Bus faert naemlich immer einen ziemlichen Umweg, aber immerhin durch schoene Strassen und Orte. Und das Fahren mit den typisch englischen Doppeldecker Bussen macht mir auch nach 6 Wochen immernoch Spass 🙂 Um ca. 9 fange ich dann an, an meinem Projekt zu arbeiten, wobei ich mir von den Einheimischen abgeguckt habe, dass der erste Gang immer der zu den Teebeuteln und zum Wasserkocher sein sollte. Einen riesen Vorrat an English Breakfast Tea (500 Beutel pro Packung) und Milch gibt es hier fuer alle. Alles weitere kann man sich natuerlich selber mitbringen. So, jetzt aber zu meiner eigentlichen Arbeit. Ich bin aktuell das Zweite von zwei Mitgliedern einer Arbeitsgruppe, die an Cystischer Fibrose forscht. Da mein Professor erst vor wenigen Monaten hier angefangen hat zu arbeiten und sich seine Arbeitsgruppe aktuell noch aufbaut, wurde ich die Erste, die in seinem Namen hier praktisch taetig werden durfte. Daher kam ich auch Mal in den Genuss, mir meinen Projektplan und die zugehoerigen Arbeitsanweisungen selber zu ueberlegen. Das hiess am Anfang: Eine Menge Literaturrecherche und das Lesen von Projektantraegen. Mit unterschiedlichen Hilfestellungen erarbeitete ich mir also meinen Plan fuer die naechsten 8 Wochen und freute mich endlich, richtig im Labor starten zu koennen. Ich arbeite mit einer Zelllinie, welche ich unterschiedlichen Bedingungen aussetze und folglich analysiere, wie sich diese auf deren Phaenotyp auswirken. Zum genauen Projekt darf ich aus Datenschutz rechtlichen Gruenden leider nicht mehr sagen.

Wie ueblich in der Laborwelt, sind die Tage dementsprechend sehr abwechslungsreich. Mal werden die Zellen stimuliert, mal wird RNA oder Protein isoliert, mal werden qPCRs pipettiert und manchmal sitzt man auch den ganzen Tag nur vor dem Rechner und wertet Datenberge aus. Die Forschung wird hier grundsaetzlich sehr aehnlich praktiziert, wie ich es aus Muenster kenne. Nur Kleinigkeiten unterscheiden sich, wie die Inanspruchnahme eines zweiten Desinfektionsmittels zusaetzlich zum Ethanol (also wirklich nur sehr kleine Unterschiede). Ab 12 wird hier immer sehr ungezwungen eine Mittagspause gemacht. In unserem Buerobereich steht ein runder Tisch, an dem  zwischen 12 und 13 Uhr immer unterschiedlich viele Menschen zu Mittag essen. Wenn die Gespraeche gut sind, artet die Pause auch mal ein bisschen aus. Denn letztlich entscheidet jeder fuer sich, wann es Zeit wird weiter zu machen.

Und so gegen 17 Uhr geht es dann auch grundsaetzlich wieder nach Hause. Mir wurde zu Beginn gesagt, dass 9-17 Uhr so ca. die Arbeitszeit fuer Praktikanten waere. Ich mache manchmal aber auch laenger, wenn ich noch etwas fertig machen moechte und gehe teilweise auch etwas eher, wenn nichts mehr zu tun ist. Das ist mir letztlich alles selbst ueberlassen.

Die Atmosphaere im Labor ist wirlich einfach super angenehm. Alle sind sehr bemueht, gute Arbeit zu leisten, aber gleichzeitig werden Teamwork und Hilfsbereitschaft hier sehr gross geschrieben. Einmal in der Woche gibt es ein gemeinsames Lab Meeting, in dem Progress Reports gehalten werden. Dabei duerfen die Referenten selber entscheiden, ob sie einen richtigen Vortrag ausarbeiten oder einfach nur ein paar Schwierigkeiten diskutieren moechten. Diese Woche durfte/musste ich auch schon mein Projekt vorstellen, damit alle ueberhaupt mal eine Idee davon bekommen, was ich (und die zukuenftige Arbeitsgruppe) hier eigentlich tue. Ich war verrueckterweise relativ aufgeregt, es hat aber am Ende alles gut geklappt. Einmal im Monat gibt es zusaetzlich noch einen Journal Club, in dem aktuelle Literatur diskutiert wird und ein allgemeines Labororga Meeting.

Besonders interessant finde ich hier weiterhin die Beziehung zwischen Professoren und Doktoranden. Die Professoren sind hier sehr bemueht, ihren Schuetzlingen immer mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, was ich in Muenster in diesem Masse noch nicht beobachtet habe. Ausserdem empfinde ich es als sehr angenehm, dass die Hierarchieordnung hier nicht so rausgespielt wird. Da es ohnehin keinen Sie und Du Unterschied gibt, werden hier einfach alle mit dem Vornamen angesprochen. Als sehr schoen empfand ich darueber hinaus, dass wirklich jeder einzelne wusste, wie ich heisse und wo ich herkomme als ich hier angefangen habe. Jeder kam persoenlich zu mir, hat sich vorgestellt und mich ausgefragt, ob es mir hier gefaellt und ob ich mich auch wohlfuehle.

Durch den angenehmen Laboralltag verfliegt die Zeit hier tatsaechlich wie im Fluge und in knapp 3 Wochen geht es schon wieder nach Hause, was ich mir gerade noch gar nicht vorstellen kann.

Dann werde ich mich aber nochmal mit einem Fazit zurueckmelden, wobei dieses vermutlich sehr positiv ausfallen wird.

Cheers,

Nadine

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