In meinem Blogbeitrag vor einigen Wochen hatte ich bereits von der etwas schwierigen Anreise und der Eingewöhnungsphase in Tuamgraney, Irland berichtet.
Den heutigen Eintrag möchte ich dazu nutzen, das Konzept der Steiner Schulen in Irland etwas genauer zu erläutern:
Steinerschulen basieren auf den Überlegungen von Rudolf Steiner, der sich in seinen Überlegungen vornehmlich auf die Entwicklung des Kindes konzentriert.
In meiner Praktikumsschule, der Raheen Wood Community National School werden die Steiner Pädagogik und die staatlichen Vorgaben des Kerncurriculums vereint. Das heißt, dass die Schule bestimmten inhaltlichen Vorgaben folgen muss und die Kinder deshalb auch eine „Abschlussqualifikation“ erlangen.
Ein Aspekt, der mir vor meinem Praktikum an einer Steiner Schule nicht bewusst war, ist, dass man an Steiner Schulen nicht die Klasse wiederholen kann, sondern jedes Kind eine Klasse weiter kommt, egal wie die Leistungen sowie die Entwicklung der Schüler*innen waren.
Außerdem soll kein Kind zu einer mündlichen Beteiligung gezwungen werden und es gibt so gut wie keine Hausaufgaben, da die Kinder ihre Freizeit für sich nutzen sollen und nicht für Aufgaben der Schule.
Die Raheen Wood konzentriert sich vor allem auch auf leistungsschwache Schüler*innen, die individuelle Förderung benötigen. Was ich in den ersten Tagen an der Schule am interessantesten fand ist, dass es an der Schule spezielle „Special Needs Assistants“ (SNA) gibt, die die Kinder individuell fördern können und somit alle Kinder auch mit schweren Lernschwächen am Unterricht teilnehmen können. Es gibt allerdings spezielle Räumlichkeiten, wo diese Kinder sich dann auch eine Auszeit nehmen können oder die Unterrichtsaufgaben mit einer SNA erledigen können, ohne durch das Unterrichtsgeschehen abgelenkt zu werden.
Mir war aus dem deutschen Schulsystem zudem auch nicht bekannt, dass Schüler*innen sich extrem kreativ ausleben können: an jedem Tag wurde mindestens 1 mal kreativ gearbeitet, wie zum Beispiel Bilder malen, etwas Modellieren, Darstellen etc. Auch zählte das Malen und Basteln zu einem der Kernelemente des Unterrichts. Auch hierbei galt: es wird nicht radiert, da Fehler gut und menschlich sind.
In den ersten Tagen des Praktikums hatte ich vor dieser Schulform etwas Respekt, da es keine klare Fächeraufteilung gibt und die Lehrkräfte nach Belieben entscheiden, was genau an diesem Tag für Fächer durchgenommen werden. Nach wenigen Tagen gewöhnt man sich aber an die Unvorhersehbarkeit, was jeden Tag als Praktikant total spannend macht. Es gibt einen groben Tagesplan, der durch die Pausen nach Unterrichtsbeginn um 8:50 (offiziell, inoffiziell eher so 9:00/9:10) und den breaks um 10:50 und 12:50 mit anschließender 20 minütiger draußen Pause und 20 minütiger Essens-Pause, eingeteilt wird. Als Praktikant*in hat man in den Pausen während der Draußen-Pause frei und wird während der Essens Pause dann bspw. zum Vorlesen eingebunden.
Jeden Tag beginnt man den Schultag mit einem bestimmten Ablauf aus songs, Gedichten, Bewegungen etc., der bis zu 30 Minuten dauern kann. Anfangs etwas befremdlich, habe ich die Abläufe schnell gelernt und gemerkt, dass die Kinder dadurch ruhiger werden und danach aufnahmefähiger für den Unterricht sind.
Außerdem kann man sich als Praktikant*in extrem gut einbringen und wird an der Schule sehr geschätzt und die Hilfe wird dankend angenommen. Aufgaben sind zum Beispiel die Unterstützung von leistungsschwachen Schülern oder auch das Korrigieren von Arbeiten, um den Lernfortschritt der Schüler*innen einzuschätzen. Man darf auch in Absprache mit der Lehrkraft eigene Stunden unterrichten und sich so viel einbringen, wie man möchte. Man kann sozusagen die “rechte Hand” der Lehrkraft werden und sitzt an keinem Zeitpunkt des Tages nur herum, sondern kann sowohl Korrekturen der Arbeitsblätter machen, einen Teil des Unterrichts übernehmen, neues Unterrichtsmaterial heraussuchen und vieles mehr.
Beispielsweise hatte ich speziell in meiner Klasse eine Schülerin, welche extreme Probleme damit hatte, zur Schule zu gehen. Ich habe sie dann anfangs während der Morning routine betreut und wir haben die Aufgaben, die im Klassenraum zu bearbeiten waren, dann in einem separaten Raum bearbeitet. Über die Wochen haben wir es dann geschafft, dass sie nicht nur stundenweise, sondern wieder vollständig am Unterricht teilgenommen hat und sich gut integriert hat. Diese Situation hat mich zunächst vor eine große Herausforderung gestellt, allerdings durfte ich daran auch wachsen und konnte viel lernen.
In der Schule gibt es einen gesonderten Bereich für die “Special Needs” Kinder, namens “an cuan”. Dort können die Kinder, die nicht den gesamten Tag am Unterricht teilnehmen können, sich dann aufhalten und werden dort betreut. Ich finde das Konzept super spannend und durfte auch eine SNA (special needs assistant) einen Tag lang begleiten, was mir dann wieder einen ganz anderen Alltag gezeigt hat, als ich ihn im Klassenraum wahrgenommen habe.
Zusammengefasst kann ich bis jetzt also sagen, dass das Steiner-Konzept super interessant, aber auch ungewohnt ist. Allerdings ist es toll, dass man sich so gut einbringen kann und immer etwas zu tun hat. Ich bin gespannt auf die nächsten Wochen, in denen ich das Konzept noch näher kennenlernen darf!






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