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Canada, eh?

Und um damit schon gleich ein Klischee zu bestätigen: Ja, tatsächlich beenden sehr viele Kanadier ihre Sätze gerne mit diesem kleinen Wort, das alles in eine Frage verwandelt und irgendwie doch keine richtige Bedeutung hat. Funny thing, eh?

Aber zurück auf Anfang. Als ich nach meinem zweiten Tag in Vancouver an der Reling der Fähre stand und Richtung Vancouver Island fuhr, wusste ich noch nicht viel von den Gepflogenheiten der Kanadier. Mein Ziel: Victoria, die Hauptstadt British Columbias, ganz im Süden der Insel und in etwa so groß wie Münster. Der Himmel war blau, es war sonnig, hinter uns verschwanden langsam die schneebedeckten Bergspitzen, und vor mir tat sich ein Paradies aus kleinen grünen Inseln auf. Einen Moment lang erschien es mir sehr unwirklich, tatsächlich hier zu sein, an einem so schönen Fleckchen Erde. Selbst nach einigen Wochen kann ich es manchmal noch nicht ganz greifen.

In Victoria bin ich für ein dreimonatiges Praktikum an einem örtlichen Theater. Ich bin mehr oder weniger unerwartet und durch Zufall an diese Stadt geraten. Umso schöner war es, herauszufinden, was für eine vielseitige Stadt Victoria trotz ihrer Größe ist. Es gibt zwei Universitäten, eine gute Handvoll kleiner Theater, eine Oper, einige Festivals und viele andere kulturelle Angebote. Cafés und Restaurants gibt es einige, leider muss man sich allerdings daran gewöhnen, dass viele von ihnen bereits um 17 Uhr schließen. Nur nach gemütlichen Kneipen mit Live-Musik habe ich bisher leider vergeblich Ausschau gehalten.

Abgesehen vom klassischen Ahornsirup gibt es nur wenige kanadische Spezialitäten. Ein Gericht hat sich jedoch als Nationalspeise durchgesetzt: Poutine, eine Fast Food-Spezialität, die aus Pommes Frites, Cheese Curds und Bratensauce besteht. Klingt reichhaltig, würde ich sagen. Probieren muss ich es definitiv noch.
Gerade beim Essen muss man hier allerdings sehr auf sein Budget achten. Wer Käse so sehr liebt wie ich, der wird früher oder später niedergeschlagen vor dem Kühlregal stehen. Die wenigen Sorten, die es hier gibt – vorrangig Cheddar – sind verdammt teuer. Dafür gibt es hier umso mehr asiatische Lebensmittel und vor allem Gemüsesorten, die ich in Deutschland noch nie gesehen habe.

Das Klima im südlichen Teil der Insel ist relativ mild und in den letzten Wochen ist endlich der Frühling eingezogen. Zwei Wochen lang standen die Kirsch- und Apfelbäume in voller Blüte, manche Straßen waren ein Meer aus Rosa und Weiß. Jetzt ist alles grün und sonnig, und die durchschnittlichen 18 Grad fühlen sich sogar deutlich wärmer an, wenn man nicht gerade im Schatten sitzt. Mehr als 26 Grad werden es aber auch im Hochsommer selten.
Das Klima in dieser Gegend bringt leider auch seine Probleme mit sich. Es gibt sehr viele Obdachlose in Victoria, die den Winter lieber hier verbringen, als auf dem kälteren Festland. Im Frühling, wenn die ersten Kreuzfahrtschiffe anlegen und mehr und mehr Touristen durch die Stadt laufen, werden sie von der Polizei jedoch regelrecht von den Straßen gescheucht, um dem Tourismus nicht zu schaden. Viele Kanadier kritisieren dieses Vorgehen und die Tatsache, dass es viel zu wenig Unterstützung für Obdachlose gibt.

Die öffentlichen Verkehrsmittel in Victoria sind viel besser, als ich anfangs erwartet hätte. Mit dem Bus kommt man so gut wie überall hin, kann auch in kleinere Orte in der Umgebung fahren und es kostet nicht besonders viel. Daran, dass man grundsätzlich drei Minuten früher an der Haltestelle stehen sollte, um sicher zu gehen, dass man den Bus erwischt, musste ich mich erstmal gewöhnen. Aber immerhin fahren die Busse in kurzen Abständen. Es ist hier übrigens auch völlig normal, dem Busfahrer ein kurzes Dankeschön zuzurufen, bevor man aussteigt. Die Kanadier sind nun mal ein sehr freundliches Völkchen. Im alltäglichen Umgang bekommt man sehr viel öfter ein Lächeln geschenkt als in Münster und gerät auch hin und wieder ins Gespräch mit völlig fremden Menschen.

Das Beste an dieser Stadt ist ihre Lage. Sie ist vom Meer umgeben und von der Küste aus hat man einen wahnsinnig schönen Blick auf die Gulf Islands und die Berge der Olympic Halbinsel. Schmale Fußgängerwege führen am Meer entlang, dort kann man den Blick genießen, oder zum Fisherman’s Wharf schlendern und sich die bunten Hausboote ansehen.

Innerhalb kürzester Zeit ist man in der Natur. Es gibt viele Möglichkeiten zum Wandern, einige Regional und Provincial Parks, Strände und Seen. Je weiter man aus der Stadt heraus fährt, desto öfter bekommt man Greifvögel wie Weißkopfseeadler und Truthahngeier zu Gesicht, an der Küste auch immer wieder Kolibris, Seelöwen und Fischotter. Wer besonderes Glück hat, bekommt auch mal einen Wal zu sehen, allerdings fährt man dafür besser auf’s Meer hinaus. Vancouver Island ist bekannt für seine Kolonien von Orca-Walen, die permanent hier leben. Ein kleines Paradies.

 

 

Svea

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