Cambridge – dabei denken viele an eine traditionsreiche, elitäre und konservative Stadt – oder vielmehr an dessen Universität. Dabei ist es gerade diese Stadt, in der auf engstem Raum verschiedenste Kulturen aufeinandertreffen und sich unzählige junge Studierende aller Nationalitäten abends gemeinsam auf einen ‘Pint’ im alten, englischen Pub wiederfinden.
Einem alt eingesessenen Bewohner zu begegnen, der tatsächlich hier aufgewachsen ist, dürfte wohl eher schwierig werden. Als ebenso schwierig stellt es sich übrigens heraus, die eigentliche Universität zu finden. Denn DIE Universität gibt es gar nicht. Vielmehr prägen über 30 verschiedene ‚Colleges‘ das Stadtbild, von denen jedes dasselbe Repertoire an Studiengängen bereithält. Daher ist für die Wahl des Colleges auch nicht so entscheidend, was man studieren möchte, sondern vielmehr, was es den Studenten im Alltag zu bieten hat. Denn das College ist zugleich auch der Ort, an dem man lernt, schläft, isst, Vorträge hört und abends soziale Events besucht. Und so kommt es, dass die abstruse sittenhafte Zauberschule von Harry Potter gar nicht so weit hergeholt erscheint, denn in den alten und namhaften Colleges treffen sich die Studenten im feierlichen Festsaal, um in ihren traditionellen Gewändern an langen Tafeln zu speisen. Wer kein Mitglied ist, muss darauf allerdings nicht verzichten, sondern kann sich von einem College-Member offiziell einladen lassen. Auch tagsüber lohnt es sich, den riesigen Gebäuden und Höfen von King’s, Trinity, St. John’s und co. einen Besuch abzustatten. Als Universitätsmitglied ist dies sogar umsonst möglich. Ganz besonders zu empfehlen sind die abendlichen Gottesdienste, denn jedes College besitzt einen eigenen Chor, dem man bei Kerzenlicht in dessen eigener Kapelle lauschen kann.
Neben einigen Museen und Kirchen sind es vor allem die Colleges, die das Stadtzentrum Cambridges prägen. Moderne Gebäude gibt es nur wenige, dafür umso mehr moderne und junge Leute. Die freundliche und offene Atmosphäre, die Friedlichkeit der Stadt, die prächtigen, historischen Bauten wirken fast zu perfekt – und so kommt es, dass viele Cambridge als Blase bezeichnen, in der die Zeit stehen geblieben ist und es im Vergleich zum Rest des Landes scheinbar keine Probleme gibt. Außer natürlich, beim Fahrradfahren den Linksverkehr nicht zu beachten und von rasanten Busfahrern überrollt zu werden. Und doch gibt es auf den zweiten Blick auch hier einige Dinge, die nicht ganz so rund laufen. Vor allem betrifft das die Privatisierung des Gesundheits- und Verkehrssektors, was das Busfahren dadurch erschwert, dass es ca. 5 verschiedene Busunternehmen mit unterschiedlichen Tarifen und Geltungsbereichen gibt, sodass man im schlimmsten Fall für 3 mal Umsteigen auch 3 mal ein Ticket bezahlen muss. Da lohnt es sich vielmehr, ein gebrauchtes Fahrrad zu besorgen, was relativ einfach über Erasmus-Gruppen bei Facebook oder über das englische ebay-Pendent ‚Gumtree‘ geht.
Da man als Praktikant bzw. Gaststudent nicht in einem der Colleges untergebracht wird, sind vor allem die Arbeitsgruppen in den Departments wichtige Kontakte. Viele der Studenten und Doktoranden sind College-Mitglieder und können Freunde und Bekannte zu Veranstaltungen mitbringen.
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