Bien plus que „Métro, Boulot, Dodo“ – meine Zeit in Paris

Mein zwölf-wöchiges Praktikum in einer deutsch-französischen Wirtschaftskanzlei in Paris ist nun vorbei und ich bin seit ein paar Wochen wieder zurück in Deutschland.

Zurückblickend bin ich unglaublich froh, diese Möglichkeit gehabt zu haben und vermisse die Stadt bereits jetzt.

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Mein soziales Leben vor Ort

Ich habe hier, auch in der kurzen Zeit, viele Freundschaften knüpfen können. Anfangs dauert es schon ein wenig, sich an die spezielle Mentalität der „parisiens“ zu gewöhnen. Generell wirken die Menschen ein wenig ernster, verschlossener und kühler als vielleicht in anderen Ecken Frankreichs (Paris – ce n’est pas la France). So wird beispielsweise in der Metro nie gelächelt und Blickkontakt vermieden, dafür aber gerne und viel gemeckert. Lasst euch hiervon aber nicht einschüchtern oder unterkriegen. Auf den zweiten Blick sind die meisten Menschen genauso offen und freundlich wie anderswo und es ist lediglich der stressige Berufsalltag, der sich auf ihre Gemüter auswirkt.

Über die App « Meetup » habe ich an verschiedenen « rencontres linguistiques » teilgenommen und dort sowohl unter Internationalen als auch Franzosen viele Gleichgesinnte kennengelernt. Daraus hat sich mittlerweile ein kleine Freundesgruppe entwickelt. Auch bei Facebook gibt es viele Gruppen, die der Suche nach Sprachtandems gewidmet sind. Anders als in der Uni ist es mit Job anfangs nicht so leicht, neue Kontakte zu knüpfen. Wenn man sich aber nebenbei ein Hobby sucht, oder eben diese Angebote wahrnimmt, dann geht es nach ein paar Wochen doch sehr schnell und bevor man sich versieht, kann man sich an den Wochenenden vor lauter Verabredungen gar nicht mehr retten :D.

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Wohnen und öffentliche Anbindungen

Ich habe in Maisons-Alfort, einem Vorort süd-östlich von Paris gewohnt, das aber durch die Metrolinie 8 und den RER D in 10 Minuten Entfernung zu Fuß gut angebunden war. Dennoch habe ich bis zu meinem Praktikum, welches im siebten Arrondissement lag, ca. 45 Minuten gebraucht. Aufgrund der sehr hohen Mieten wohnen die wenigsten Leute tatsächlich in der Nähe ihrer Arbeitsstelle, geschweige denn in Paris intra-muros und so können die öffentlichen Verkehrsmittel morgens und abends in der rush hour schon mal ziemlich voll sein. Das Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel kostet 70 Euro und wird zur Hälfte von eurem Praktikumsgeber übernommen (denkt daran, die Rechnungen aufzubewahren und als Nachweis einzureichen). Falls auch ihr eine etwas längere Fahrt zum und vom Praktikum vor euch habt, nehmt euch ein gutes Buch oder Musik mit, so geht die Zeit gleich viel schneller um.

Sehr hilfreich ist die App RATP, mit der man z.B . Verbindungen nachschauen und sogar offline das Metronetz einsehen kann. Ansonsten geht das aber natürlich auch wunderbar mit Google Maps.

Falls ihr Lust habt, während eurer Zeit in Paris auch andere Städte zu erkunden, kann ich die Seite www.ouigo.com sehr empfehlen. Dort findet man oft sehr günstige Tickets. Ich habe so beispielsweise ein tolles Wochenende in Rennes verbringen können. Zwar fahren die Züge vom Bahnhof Marne La Vallée-Chessy ab, was etwas außerhalb liegt. Diese Verbindung wird aber von eurem Navigo-Pass gedeckt. DSC06883

Kulturangebote & Tipps 

An den Wochenenden war ich oft erschlagen von dem unendlichen und vielseitigen Kulturangebot der Stadt und wusste manchmal gar nicht, was ich als erstes machen wollte. Es ist immer etwas los und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Den ersten Sonntag im Monat kann man kostenlos in die Museen der mairie. Eine Liste findet ihr hier: http://parismusees.paris.fr/fr/les-musees-de-la-ville-de-paris. Ansonsten habt ihr fast überall Rabatt mit eurem Studentenausweis oder wenn ihr das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet habt (tarif – 26). Auf den Seiten http://quefaire.paris.fr   und http://www.sortiraparis.com findet ihr alle nötigen Informationen über aktuelle und geplante Events, ob Ausstellungen, Theatervorstellungen, Konzerte, Flohmärkte, Messen und vieles mehr. So könnt ihr euch einfach inspirieren lassen und neue Orte entdecken.

Ein weiteres tolles Angebot der Stadt : Le Kiosque Jeune. Hier bekommt ihr, solange ihr das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht habt (aber keine Sorge, nach einem Ausweis wird nicht gefragt) täglich kostenlos zwei Tickets zu zwei verschiedenen Vorstellungen, Theater, Stand-up Comedy usw. Einfach zu einem der zwei verschiedenen Standorte (kiosque jeune champs de mars, 101 quai branly, 75015; kiosque jeune goutte d’or, 1 rue fleury, 75018) fahren und vor Ort eine Vorstellung aussuchen, an der Theke auf euren Namen reservieren lassen und ggf. telefonisch oder per Email die Plätze reservieren, steht aber auch auf dem ausgedruckten Ticket. Fast jede Theater oder Comedyvorstellung, die ich hier in Paris gesehen habe, habe ich über das kiosque jeune ergattern können. Noch dazu ein super Weg, sein Französisch zu verbessern !

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Mein Arbeitsalltag in einer deutsch-französischen Wirtschaftskanzlei

Aus meinem Praktikum in der deutsch-französischen Anwaltskanzlei Endrös-Baum Associés habe ich Einiges an Erfahrungen mitgenommen und freue mich, einen Einblick in den französischen Arbeitsalltag einer internationalen Anwaltskanzlei erhalten zu haben.

Meine Betreuung empfand ich als ausbau- und verbesserungsfähig, die Kollegen und Kolleginnen waren jedoch sehr freundlich, offen und bemüht. Sehr froh war ich, dass es noch zwei weitere Praktikanten gab, die mir bei Fragen und Problemen zur Seite standen. Eine ganz neue Erfahrung war die hierarchische Struktur in diesem Beruf, die ich so aus deutschen Kanzleien nicht kannte. Die tägliche Arbeit auf Französisch, Deutsch und Englisch hat mir unglaublich viel Spaß gemacht und die Tatsache, dass auch ein deutsches Staatsexamen die berufliche Tätigkeit im Ausland ermöglicht, hat mich bezüglich meines Wunsches, später im Ausland zu arbeiten, nur bestärkt. Obwohl ich kaum Kenntnisse im französischen Recht nachzuweisen hatte, habe ich mich in die neue Materie recht schnell einfinden können und empfand es als eine positive Herausforderung, den Einblick in das französische Recht zu erlangen.

Ich kann ein Praktikum bei EBA durchaus mit dem Hinweis empfehlen, dass man dort nicht „an die Hand genommen wird“ und auch imstande sein sollte, sich eigenständig Aufgaben zu suchen und sich zu beschäftigen.

Mein Arbeitstag begann jeden morgen um 9 Uhr und endete um 18 Uhr. Tatsächlich war ich, wenn ich die Kanzlei um 18 Uhr verlassen habe, eine der ersten, die gegangen ist. Dies liegt nicht nur an der Tatsache, dass Anwälte viel und lange arbeiten, sondern vor allem an der französischen Arbeitsmentalität. Anfangs hat mich dies sehr verunsichert und so bin manchmal etwas länger geblieben. Traut euch aber, solche Dinge anzusprechen und habt kein schlechtes Gewissen, wenn der Großteil der Kollegen länger arbeitet. Letztendlich ist es „nur“ ein Praktikum und ihr sollt ja auch noch nach der Arbeit von der Stadt protifieren können.

Wenn ich Aufgaben bekommen habe, war die Arbeit immer sehr interessant und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Zwischendurch gibt es in einer internationalen Kanzlei natürlich auch viel zu übersetzen. Sehr gefreut habe ich mich, wenn ich selbst Gutachten oder Zusammenfassungen von Sachverständigengutachten für den Mandanten schreiben durfte. Auch Rechercheaufgaben habe ich immer gerne übernommen. Zwischendurch gab es allerdings auch mal Wochen, in denen ich wenig zu tun hatte. Außerdem habe ich irgendwann feststellen können, welche der Anwälte ich nach Aufgaben fragen durfte  und welche ich besser in Ruhe lassen sollte, da sie es bevorzugten, eigenständig zu arbeiten und generell nicht gerne mit Praktikanten arbeiteten.

Als sehr angenehm empfand ich die gemeinsamen Mittagspausen mit den anderen Anwälten und Rechtsanwaltsfachangestellten, die dabei halfen, das Eis zu brechen und die Kollegen auf einer persönlichen Ebene kennenzulernen.

Ich habe dort eine monatliche Entschädigung in Höhe von 550 Euro erhalten. Falls euer Praktikumsunternehmen mehr als 25 Angestellte hat, habt ihr sogar einen gesetzlichen Anspruch auf eine Teilerstattung eurer Ausgaben für das Mittagessen bzw. sogenannte tickets restos.

Mein persönliches Fazit

Selbst in meiner „kurzen“ Praktikumszeit“ von zwölf Wochen habe ich festgestellt, mich enorm weiterentwickelt zu haben. Wenn man eine gewisse Zeit im Ausland lebt, wächst man jeden Tag in so vielen Hinsichten, selbst wenn einem dies oft gar nicht sofort auffällt. Vom täglichen sozialen Umgang auf der Arbeit über die Wohnungssuche und das sich Zurechtfinden an neuen Orten bis hin zum Einkauf im Supermarkt in einer anderen Sprache, man gewinnt so viel an Selbstständigkeit. Durch die tägliche Auseinandersetzung mit der fremden Kultur, die man irgendwann gar nicht mehr als „fremd“ wahrnimmt, weil man sich so gut eingelebt hat, öffnen sich unglaublich viele Türen sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht.

Der beste Teil meiner Zeit in Paris stellen definitiv all die Freundschaften dar, die ich schließen und die wunderbaren Erlebnisse, die ich in meiner Freizeit und an den Wochenenden erleben durfte, was natürlich nicht nur der Schönheit der Stadt, sondern auch ihrem großen kulturellen Angebot geschuldet ist.

Hätte ich die Möglichkeit, würde ich sofort noch einmal für ein Praktikum nach Paris gehen!

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