Es kommt mir wie gestern vor, dass ich Anfang September nach einer turbulenten Anreise (am Flughafen Düsseldorf war absolutes Chaos ausgebrochen) in Montpellier angekommen bin. Nun ist es schon ein paar Wochen her, dass ich aus dem schönen Südfrankreich für die Weihnachtsferien nach Deutschland zurückgekehrt bin und mittlerweile ist sogar mein Praktikum in England angebrochen.
Die Zeit in Frankreich verflog einfach viel zu schnell, aber das ist wahrscheinlich einfach nur ein Zeichen dafür, dass ich dort eine wundervolle und außergewöhnliche Zeit hatte.
Bevor ich nach Montpellier gefahren bin, habe ich Südfrankreich vor allem mit den typischen touristischen Assoziationen betrachtet: Sommer, Sonne, Strand, Meer und Städte wie Nizza an der Côte d’Azur oder Marseille. Mein Aufenthalt in Montpellier hat mir aber gezeigt, dass Südfrankreich – bzw. die Region Languedoc-Roussillon – viel facettenreicher ist: Straßencafés, in denen man an Sommer-, Herbst- und teilweise sogar an Winterabenden draußen sitzen kann, eine lockere und lebhafte Atmosphäre, hilfsbereite und meist freundliche Einheimische, kleine Boutiquen in verwinkelten Gassen sowie abwechslungsreiche Natur und Landschaften mit Strand und Meer, aber auch Bergregionen wie den Cévennes oder sumpfigen Gebieten wie der (Petite) Camargue. Die Vielfalt der Region und der Stadt ist unglaublich – und bis zum Ende habe ich immer wieder neue Facetten des Lebens in Südfrankreich, neue Ecken Montpelliers oder neue Orte in der Umgebung kennengelernt.
Montpellier – Platz eins in puncto Lebensqualität? Absolument! Von allen französischen Regionen, die ich mittlerweile kennenlernen durfte, könnte ich es mir hier am besten vorstellen, zu leben. Und falls es doch jemanden geben sollte, dem die Stadt nicht gefällt (was ich mir kaum vorstellen kann), gibt es immer noch den tollen Pluspunkt: das warme Wetter mit viel Sonne und blauem Himmel. Das habe ich allerdings erst richtig zu schätzen gelernt, als ich zurück nach Deutschland kam, der Himmel den ganzen Tag wolkenverhangen war, es gar nicht richtig hell wurde und eine Woche lang durchgehend nieselte – so viel also dazu, dass ich Sonne und Wärme aus Frankreich mitbringen wollte…
Bisher hört sich das alles zwar eher nach einem Urlaubsbericht bzw. –fazit an, aber mein Auslandsaufenthalt in Montpellier hat mir viel mehr gegeben, als es ein reiner Urlaub in der Region hätte tun können. Ich habe nicht nur die französische Kultur auf verschiedensten Ebenen durch unterschiedliche Veranstaltungen, Unternehmungen und Ausflüge sowie durch den Schulalltag besser kennengelernt. Ebenso konnte ich Sprachkenntnisse weiter ausbauen und habe neue Kontakte sowie Freundschaften geknüpft. All‘ diese wirklich wertvollen Erfahrungen hätte ich in einem Urlaub von ein paar Wochen vermutlich nicht (so intensiv) machen können. Daher kann ich es nur weiterempfehlen, einen gewissen Zeitraum in Montpellier bzw. Frankreich zu verbringen, um die Kultur richtig kennenzulernen und das eigene Französisch zu verbessern oder die Sprache zu lernen.
In Hinblick auf meine sprachliche Weiterentwicklung habe ich es sehr wertgeschätzt, mit einer Französin zusammenzuwohnen und dadurch (garantiert) tagtäglich Französisch im Alltag zu nutzen. Besonders mein Alltagsvokabular, Hörverstehen und flüssigeres Sprechen konnte ich so verbessern bzw. ausbauen. Aufgrund meiner positiven Erfahrungen würde ich jedem nahe legen, im Ausland in einer WG oder Gastfamilie zu wohnen, in der man die Zielsprache sprechen kann – gerade wenn man im Arbeitsalltag mit seiner Muttersprache in Kontakt ist. Da ich in der Schule im Deutschunterricht tätig war und einige Deutschlehrer Muttersprachler sind, war dies der perfekte Ausgleich.
Apropos Schule – während meines Praktikums konnte ich vielfältige Erfahrungen im Unterricht, in der Unterrichtsvorbereitung, im Team-Teaching und im Benoten von Schülerleistungen sammeln. Besonders durch das Vertrauen, welches die Lehrkräfte mir entgegengebracht haben, habe ich es mir zugetraut, in neuen, mir zu dem Zeitpunkt noch unbekannten Bereichen des Lehrerberufs zu agieren. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich dadurch neben dem Kennenlernen neuer Techniken und Methoden auch selbstbewusster und sicherer im Umgang mit Schülern geworden bin. Es war sehr motivierend, sich stets willkommen und gebraucht zu fühlen und durch die Vielfalt von Aufgaben wurde es in der Schule auch nie eintönig oder langweilig. Mein intensiver Einblick in das französische Schulsystem hat mir insgesamt eine weitere Facette der französischen Kultur näher gebracht und verständlicher gemacht. All‘ diese Erfahrungen sind sicherlich sehr wertvoll für meinen späteren Beruf und für meine persönliche Weiterentwicklung.
Nicht zu vergessen sind natürlich auch die sozialen Kontakte, die ich sowohl mit Franzosen als auch mit Deutschen, Italienern oder anderen Nationalitäten knüpfen konnte und aus denen sich auch Freundschaften entwickelt haben. 🙂 Gerade wenn man die gleichen Erfahrungen teilt, wächst man schnell mit anderen Menschen zusammen. Manchmal muss man sich aber auch etwas trauen oder über seinen eigenen Schatten springen, um Andere kennenzulernen, auch wenn dies Überwindung kosten oder am Anfang etwas holprig laufen könnte. Aber auch wenn aller Anfang schwer sein kann, weil man weder die Stadt noch viele Leute kennt und es ungewohnt ist, alleine in einer fremden Stadt, einer fremden Kultur, einem fremden Land zu sein – am Ende zahlt es sich aus! Teilweise muss man einfach selbst die Initiative ergreifen, und in anderen Situationen „es“ einfach auf sich zukommen zu lassen. Schließlich muss ich auch zugeben, dass ich am Anfang meiner Zeit in Montpellier nie gedacht hätte, dass ich mich dort so sehr zu Hause fühlen würde, wie es am Ende der Fall war.
Zum Abschied musste ich natürlich noch einmal etwas typisch Französisches essen 😉
Entsprechend schwer ist es mir gefallen, Montpellier vor Weihnachten zu verlassen. Ich hatte eine unglaubliche Zeit im schönen Süden Frankreichs und bin überglücklich und dankbar, die Möglichkeit erhalten zu haben, dieses Schulpraktikum in Montpellier zu absolvieren. „Überleben unter Franzosen“ (der Titel eines Buches von Stephen Clarke, welches ich von meinen Münsteraner Freundinnen vor meinem Aufenthalt in Montpellier geschenkt bekommen habe und welches humorvoll auf die kulturellen „Eigenheiten“ Frankreichs aus der Sicht eines Engländers schaut) – das hat gar nicht mal so schlecht geklappt! Ich werde immer wieder gerne auf diesen bereichernden Lebensabschnitt zurückdenken und freue mich schon sehr darauf, wieder nach Montpellier zurückzukehren – selbst wenn ich „nur“ einen Urlaub dort verbringe. Die Stadt und das Leben hier haben es mir wirklich angetan. Montpellier verabschiedete mich im Dezember mit genauso untypischem Wetter, wie es mich empfangen hat: grau und regnerisch, nur ein bisschen kälter als im September. Im Zug nach Paris ist mir aber eins klar geworden: ich sage nicht nur „Au revoir, Montpellier!“, sondern auch „À bientôt!“
Allerdings bin ich nicht nur mit einem weinenden Auge nach Deutschland zurückgekehrt, sondern auch mit einem lachenden: denn ich habe mich natürlich auf meine Familie und Freunde in Deutschland gefreut – und mein nächstes Abenteuer war bereits zum Greifen nah: mein Praktikum in England.
Daher sage ich nun „Bis bald!“ und „See you soon!“ mit Berichten aus Norwich,
Nathalie
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