Jónapot kiwanok!
Meine Ankunft in Ungarn war abends, ungefähr gegen 19.30. Das war früher als erwartet. Es gab Turbulenzen, die man auch während des Flugs spürte, in Form von heftigem Rückenwind, so dass Flugzeug entsprechend schneller flog.
Das machte mich übrigens gar nicht so nervös, viel nervöser machte mich der Fakt, dass ich noch nie allein geflogen war, aber irgendwann gibt es immer ein erstes Mal. 🙂 Ich wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass mir eine lange Nacht bevorstand – es war bereits zu spät, um noch einen Zug zu bekommen, bzw. um diese Zeit nicht mehr ratsam, weil ich höchstwahrscheinlich unterwegs gestrandet wäre –, also machte ich es mir einigermaßen gemütlich und begann ein Buch zu lesen. Nach einigen Stunden, etwa gegen 3 Uhr morgens, vertrat ich mir die Beine und entdeckte dabei andere Leidensgenossen, die allerdings kreativer als ich gewesen waren und auf den Bänken im hinteren Bereich des Flughafens und auf den Gepäckwagen ihre Schlafmöglichkeit gesucht und gefunden hatten. Ich habe diese Möglichkeit allerdings aus Sicherheitsgründen von vornherein als keine Option für mich gesehen. Mut oder Wagemut der anderen also, die Bewertung ist hier dem Leser überlassen.
Jedenfalls nahm ich um 4 Uhr vom Budapester Flughafen den Bus zur Bahnhaltestelle Ferihegy, nachdem ich mir (mangels unzureichender Vorbereitung meinerseits, ich war in dem Glauben angereist, es würde sich schon alles finden…) Weg und Fahrmöglichkeit erfragt hatte. An dieser Stelle: die Ungarn sind so nett und gastfreundlich, wie man es ihnen nachsagt, wenn man nicht weiter weiß, kann man ruhig nachfragen, sie versuchen auf jeden Fall zu helfen, selbst, wenn sie kein Englisch verstehen. 🙂 )
Dort wartete ich dann noch einmal bis 5.27 Uhr und nahm dann den Zug nach Debrecen. Auf der Fahrt fiel mir auf, dass im Vergleich zu Deutschland die Bahnhöfe sichtlich sanierungsbedürftig und ältlich wirkten. Der Zug selbst war übrigens den gelegentlich noch bei der Bahn eingesetzten alten Schätzchen vergleichbar. Auf den Feldern gab es auch seltsam wenig Grün, die meisten waren entweder umgepflügt und deshalb schwarz, oder bedeckt mit noch alten, graugrünen Pflanzenresten vom Vorjahr. Ich sage das deshalb, weil ich aus dem Münsterland frisches Grün auf den Wiesen und Äckern gewöhnt bin, selbst im Winter. Vielleicht gibt es hier weniger Brachflächen oder der Bewirtschaftungsrhythmus ist ein anderer, wer weiß…
In Debrecen wurde ich dann von meiner superfreundlichen ungarischen Kontaktperson empfangen, die auch zugleich Studienberaterin im dortigen germanistischen Institut ist. Sie brachte mich zur Wohnung, wo ich jetzt die nächsten zwei Monaten leben werde (eine große, helle Altbauwohnung). Dort traf ich dann meine Mitbewohnerin (und derzeitige DAAD-Beauftragte), über die auch nur Gutes zu berichten ist.
Bemerkenswert ist, dass die Dozenten des germanistischen Instituts der Uni Debrecen ein sehr gutes Deutsch sprechen, was – trotz der Profession – nicht unbedingt Standard ist.
Da mein Praktikum nur zwei Monate dauert, habe ich mich dagegen entschieden eine so komplexe und nicht sehr einfach zu erlernende Sprache wie Ungarisch zu lernen. Problematisch ist das im Alltag dennoch, denn, abgesehen davon, dass man an keinen Gesprächen etc. teilnehmen kann und einem die meisten schriftlichen Äußerungen unzugänglich bleiben, spüre ich das auch bei ganz praktischen Fragen. Wenn ich an der Supermarktkasse bezahle und die Kasse zeigt nicht den Betrag in Zahlen an, weiß ich nicht wie viel mein Einkauf kostet und ich kann nur vertrauensvoll dem Verkäufer die Geldscheine hinhalten (was in der Regel auch gut geht – wahrscheinlich kennen sie schon das Problem, Debrecen ist eine Studentenstadt und es gibt hier recht viele ausländische Studenten), trotzdem hinterlässt das nicht unbedingt ein gutes Gefühl. Ich empfehle also jedem, der hier länger bleiben sollte, bei z. B. einem halben Jahr lohnt sich das bereits, einen Sprachkurs zu machen. Ansonsten könnt ihr auch nur wie ich sagen: nem ertem = ich verstehe nicht. 😉
Auf Englisch kann man sich nur bedingt verlassen, die jungen Leute und die Leute in Positionen, wo sie viel mit Reisenden aus anderen Ländern zu tun haben, können in der Regel Englisch. Alle anderen aber nicht und mit denen hat man häufig im Alltag zu tun.
Ein anderes Problem ist, dass ich noch keine Vorstellung davon entwickelt habe, was in Forinth ein niedriger oder ein hoher Betrag ist, was günstig und was teuer ist. Abgesehen von dem verlässlichen Fakt, dass möglichst niedrige Zahlen auch einen niedrigen Preis bedeuten. Niedrig fängt hier hier allerdings schon ab 100 an… 😉
Wie ist das eigentlich in Ungarn mit Nahrungsmittelunverträglichenkeiten/Lebensmittelallergien? Ungarn ist ein Land der überwiegenden Mischköstler, Fleisch wird hier gerne und in großen Mengen mit viel Fett verzehrt. Vegetarismus und Veganismus werden hier eher als überflüssige Moderscheinungen betrachtet. Die (übrigens extrem köstlich aussehenden) Backwaren sind natürlich ebenfalls aus Weizenmehl, genau wie die Beilagen meist in Form von Weizennudeln vorkommen oder Weizen enthalten und auch in den Suppen ist so gut wie immer, wie mir gesagt wurde, Mehl drin. Diese Umstände sind für mich als jemand, der laktoseintolerant ist und eine Weizenunverträglichkeit hat und außerdem tendenziell Vegetarier ist, scheinbar nicht so einfach. Aber nur scheinbar, die Supermärkte, selbst die kleinen (in dem ich unglaublicherweise Sojamilch gefunden habe), sind hier super ausgestattet mit Pflanzenmilch, Laktose freier Milch, sogar Bioprodukten, wenn man das möchte (natürlich auch teurer als normal), Kürbiskernen, Leinsaat, Nüssen, Kernen, sämtlichen Grundnahrungsmitteln, Bohnen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen, Hirse – praktisch alles, was das (alternative) Herz begehrt. Dabei gilt: je größer der Supermarkt, desto größer die Auswahl. Obst und Gemüse ist übrigens qualitativ genauso gut wie gewohnt und ist auch nicht unbezahlbar teuer, so weit ich das mit meinen eingeschränkten Kenntnissen sagen kann.
Auf meiner Suche nach passierten Tomaten und Tomatenmark musste ich allerdings einen großen Supermarkt aufsuchen. Saucen auf Basis von Tomaten scheinen hier eher ungebräuchlich zu sein. Paprikapasten findet man dafür en masse. 🙂 Die werde ich jedenfalls auch noch ausprobieren.
An bekannten Supermärkten gibt es hier “Spar”, “Interspar” (österreichische Marken), weniger bekannt “Coop” und sogar der Drogeriemarkt “DM” ist hier vertreten. Wer also Alnatura liebt, wird dort fündig. Wer außerdem Utensilien aus einem Baumarkt benötigt, wird bei “Praktiker” fündig. (Werbeschilder dieser Marken waren übrigens das erste, was ich Ungarn nach dem Verlassen das Flughafens bei dem Sehen aus dem Busfenster bemerkt habe, weshalb ich in dem Moment dachte: ich dachte, ich bin hier in Ungarn?! Tja, die Expansion der Supermärkte kennt eben keine Grenzen.)
Hilfreich ist übrigens, dass die meisten Lebensmittel bebildert sind, manchmal die Beschriftung mehrsprachig ist, bei “Spar”-Produkten gelegentlich sogar auf Deutsch etikettiert sind.
Inhalt meines nächsten Blogeintrags: meine Praktikumsinstitution und -situation.
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