Vergangene Woche Montag war es soweit. Wir haben unsere Sachen gepackt – Winterschuhe und -mäntel, Rucksäcke und Laptops. In Fahrgemeinschaften organisiert sind wir von Aberdeen aus gen Cairngorms (schottische Highlands) gestartet. Aus meiner mittlerweile fast viermonatigen Zeit in Aberdeen bin ich Regen und Sturm gewöhnt, was uns aber in den Highlands an Schneemassen erwartete, erinnerte mich eher an Winterurlaube in den schweizer Alpen. Schnee soweit das Auge reicht. Und nicht wässriger westfälischer Schnee, sondern richtiger, um 3 Meter hohe Schneemänner zu bauen.
Von Braemar aus sind es bis Marlodge noch 5 km. Marlodge ist ein Naturschutzgebiet in den Bergen mit Wäldern, Bächen und viel Rotwild. Nachdem wir über die ersten zwei Berge rübergekommen sind, konnten wir in der Ferne ein Haus erspähen. Und was für eines. Ein richtiges Herrenhaus! Der Grundstein wurde von Queen Victoria gelegt. Und unserer Professor ist so generös, die Bude für uns anzumieten. Die Vorfreude steigt also immer mehr. Wir passieren auf der Privatbrücke zum Anwesen den River Dee und machen uns, vorbei an Hirsch- und Rehherden, zu unserem Domizil auf. Deckenhöhe 4 Meter, Ausstattung vom feinsten, ein Poolraum, Bibliothek, Kaminzimmer und natürlich ein ausgiebiges Whikeybuffet. Hier werden wir also die kommenden Tage verbringen.
Der Timetable ist gesetzt: Frühstück, Hiken, Präsentationen, Kochen und gemeinsam zu Abendessen. Das war eine wirklich tolle Erfahrung und ich muss sagen, dass dies den Zusammenhalt in unserer 20 Männer und Frauen starken Arbeitsgruppe nur noch mehr gestärkt hat. Jeder von uns hält einen Vortrag über sein Arbeitsgebiet, beschreibt den Anderen, also das Projekt an dem sie oder er gerade forscht. Das ist jedoch nicht mit der aus Deutschland bekannten Prüfungsathmosphäre im Seminarraum oder im Büro des Profs zu vergleichen. Wir sitzen in wuchtigen Sesseln und Sofas, trinken Tee, essen Plätzchen und lauschen bei knisternden Kaminfeuer den Beiträgen unser Kollegen. So muss das Uni-Leben sein!
Schön warm ist es drinnen, draußen tobt der Schneesturm, Sichtweite unter 5 Meter. Da wird auch den Rauchern das Rauchen zu kalt. Das Alternativprogramm ist ein fröhliches Zusammensein mit vielen Gruppenaktivitäten- und spielen. Eines Nachts haben wir sogar Verstecken im Anwesen gespielt, welches in totaler Dunkelheit mit den langen Fluren und Flügeln an den einen oder anderen Horrorfilm erinnert. Gefunden haben wir nicht jeden, aber der Whiskey uns dafür.
Nach einem soliden scottish breakfast mit Eiern, Bohnen, Würstchen, Haggis und co. ist eine Verdauungsspziergang genau das richtige. Auch wenn der mal gut und gerne vier Stunden dauern kann, einfach den Berg hoch und am Lauf eines Bergbaches zurück. Eben noch in einem nordischen Nadelwald gewesen, dann schon die Baumgrenze hinter sich gelassen. Und der Ausblick, strahlender blauer Himmel untermalt von schneebedeckten Berggipfeln. Einfach traumhaft. Und Überall sind die kleinen Bewohner der Highlands zu sehen – Hirsche und Eichhörnchen sind keine Seltenheit, sonst aber keine Menschenseele. Ein Traum zum Wandern und ein Vergnügen für die Seele.
Mit bestem Gruß
Julian
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