Alemáñol – ein Beitrag über das Entdecken der eigenen Sprache in fremder Umgebung

Nachdem ich mich ein bisschen eingelebt habe, kann ich sagen, dass sich mein Alltag auf den ersten Blick gar nicht gravierend von meinem Leben in Deutschland unterscheidet. Ich habe einen festen Stundenplan, fahre jeden Tag zur Uni, lebe in einer WG,… Der große Unterschied besteht nur darin, dass ich im Seminarraum auf der anderen Seite und vor einem kleinen Problem stehe. Eine schnelle, kompetente und spontane Antwort auf Fragen wie „Wie bildet man den Plural von deutschen Substantiven?“ oder „Wann steht die Präposition ‚auf’ mit Akkusativ und wann mit Dativ?“?

Meine anfängliche Überforderung mit derartigen Fragen hat mich dazu bewogen, mal Grammatiken aus unserem Büroregal hervorzukramen und mir zu Gemüte zu führen, wie Spanier unsere Sprache erklären. Das hört sich zwar nach einer spröden und lästigen Arbeit an, aber ich muss zugeben, dass ich mittlerweile Blut geleckt habe. Es ist unglaublich spannend, sich mal mit den Strukturen seiner Muttersprache auseinanderzusetzen und eine logische Erklärung für sprachliche Phänomene zu suchen. Aber ich gebe auch zu, dass ich als Lateinstudentin ohnehin schon immer eine unerklärliche Faszination für Grammatik hatte – egal in welcher Sprache.

Und nun etwas konkreter zu meiner alltäglichen Arbeit an der Uni. Ich begleite verschiedene Dozenten in die deutschen Sprachkurse unterschiedlicher Niveaus. Leider ist der Hospitationsanteil meines Praktikums sehr hoch, was zu Beginn noch relativ spannend war, mich aber schnell etwas genervt hat. Die ein oder andere Übung durfte ich zwar mit den Studenten machen, aber in den Unikursen selbst bekam ich oft das Gefühl, überflüssig und unterfordert zu sein. Als ich gemerkt hab, dass ich dadurch, dass ich mich nie ausgelastet gefühlt habe, immer unzufriedener wurde, hab ich die Dozenten gezielt angesprochen. In manchen Kursen hat sich leider trotzdem nichts geändert und ich hospitiere immer noch überwiegend. Aber mittlerweile habe ich glücklicherweise auch Kurse, in denen ich mich selbst ausprobieren und eigene Erfahrungen sammeln und kann.

Zur Kompensation meiner Passivität in den Sitzungen und als zusätzliche Hilfestellung für die Studenten (Ernsthaft. Mit Leuten, die Deutsch als Fremdsprache lernen müssen, kann man ruhig ein bisschen Mitleid haben…), habe ich mit den anderen deutschen Praktikantinnen verschiedene Angebote für die Studenten ins Leben gerufen. So bieten wir Tutorien zur Grammatikwiederholung an und haben einen Cineclub gegründet, in dem wir jede Woche einen deutschen Film mit spanischen Untertiteln zeigen. Außerdem haben wir gezielt deutsche ERASMUS-Studenten angesprochen und einen Tandemabend organisiert, um den Kontakt zwischen spanischen Deutschlernern und deutschen Spanischlernern herzustellen. Denn eins hat mir hier sowohl die Arbeit mit den Studenten als auch meine eigene Erfahrung deutlich gezeigt: Das alltägliche, banale Gespräch, die simple Kommunikation in einer fremden Sprache stellt oftmals die größte Herausforderung dar, weil man im eigenen Land viel zu selten die Möglichkeit bekommt, das zu üben.

Und so verbleibe ich mit lieben Grüßen aus dem Herzen Spaniens,

Eure Franziska

Über Franziska

Ich heiße Franziska, bin 21 Jahre alt und studiere Spanisch und Lateinische Philologie im Zwei-Fach-Bachelor. Derzeit habe ich das Glück, für ein halbes Jahr im herrlichen Madrid leben und arbeiten zu dürfen. Ich mache ein Praktikum im Deutschen Institut der Universidad Complutense de Madrid, wo ich die Dozenten und Lehrkräfte im sprachpraktischen Bereich unterstütze und mich ein wenig im Unterrichten von Deutsch als Fremdsprache übe. In meinen Arbeitsbereich fallen vor allem die Anfängerkurse Alemán I und Alemán III. Gemeinsam mit drei weiteren Praktikantinnen organisiere ich aber auch Tutorien, Kinoabende oder andere Aktivitäten für die Studenten, bei denen es vor allem darum geht, sich ein bisschen im Hören, Verstehen und Sprechen zu üben.

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