Da ich die Zusage fürs Praktikum erst relativ kurzfristig bekommen habe, hatte ich wenig bis eigentlich gar keine Zeit, mich vorher in die Waldorfpädagogik einzulesen und habe mich selber ein wenig ins kalte Wasser schmeißen müssen. Die arbeiten halt ein wenig mehr ‘hands on’, das kann ja nicht so schwer sein, oder? Naja, ich habe schon die ein oder andere Woche gebraucht, und als eine der 1. Sätze meiner Klassenlehrerin war, dass wir heute eher einen ‘yellowish day’ haben, habe ich arg hinterfragt, wo ich hier gelandet bin. Aber man muss sich selbst etwas Zeit geben und dann kommt man da sehr gut rein.
Ich bin an der Raheen Wood Primary School in Tuamgraney gelandet. Dazu muss man sagen, dass die Schule seit einigen Jahren nicht mehr ‘voll’ Steiner bzw. Waldorf ist, da sie finanzielle Unterstützung bekommen und sich dadurch auch an das nationale Curriculum halten müssen. Nun versucht die Schule einen Zwischenweg zu gehen. Aus platztechnischen Gründen – die Schule wurde damals mit Hilfe der Eltern gebaut – werden hier immer zwei Jahrgänge zusammen unterrichtet, Class 1-2, 3-4 und 5-6. Ich bin bei den ganz Kleinen gelandet.
Bei mir fängt ein klassischer Arbeitstag erstmal mit dem Guten Morgen-Vers an und ein paar Bewegungen zum Wach werden. Danach beginnt die Literacy-Main Lesson, wo wir bis vor kurzem mit Hilfe einer Geschichte noch die einzelnen Buchstaben des Alphabets erarbeitet haben. Mittlerweile sind wir bei den Vowels und den dazugehörigen Sounds angelangt. Vor der Pause geht es dann meist noch einmal kurz raus für ciorcail (circle). Hier werden im Kreis unterschiedliche Dinge wie Lieder, Tänze, Sport oder anderweitige Bewegungen gemacht, die bspw. die Koordination stärken oder Thematiken wie die Wochentage vermitteln. Danach haben die Kinder Pause.
Im 2. Block werden für gewöhnliche Mathe und Irish für jeweils eine Hälfte unterrichtet. Irish wird überwiegend sehr spielerisch, mit Chunks, kleineren Wettbewerben, Geschichten, Liedern und Bildern unterrichtet. Da die irische Rechtschreibung und Grammatik sehr aufwendig und nicht unbedingt selbsterklärend ist, geht es erstmal darum, den Kindern ein generelles Sprachgefühl zu vermitteln. In Mathe werden die Klassen häufig getrennt, gelegentlich aber auch zusammen unterrichtet, wo die Klasse 2 die Klasse 1 dann ein wenig mitunterrichten kann.
Im 3. Block wird es dann mit Spielen, Malereien oder Basteleien deutlich entspannter. Daneben gibt es noch andere Fächer. Montags haben meine Klassen Handwork, in denen unterschiedliche Dinge gestrickt werden. Donnerstags kommt ein Trommellehrer vorbei und die 1. Klasse hat Eurythmie. Gelegentlich kommen auch Gäste vorbei, die Einblicke in unterschiedlichste Themen bieten, wie z.B. eine Lehrerin, die ‘Goodness Me, Goodness You’ unterrrichtet, was eine alternative zum Religionsunterricht bieten soll und den Kindern Werte, Selbstsicherheit und andere Fähigkeiten nahebringen soll.
In meiner Klasse ist meine Aufgabe einfach für die Kinder dazusein und der Klassenlehrerin das Leben etwas zu vereinfachen. Dazu gehören auch manchmal Druck- oder Schneidearbeiten, in den meisten Fällen bin ich aber da um Fragen zu beantworten, Kindern mit erhöhtem Aufmerksamkeitsbedarf unter die Arme zu greifen und generell die Lücken zu füllen, die entstehen könnten. In den Fächern, die mir aber komplett neu sind, wie Eurythmie oder Irish, wird mir aber auch die Freiheit gegeben, meine Erfahrungen zu machen und die Fächer einfach ‘nur’ zu erleben.
Waldorf Schulen werden zu Unrecht belächelt;)
Nicolas