„Berlin? Die coolste Stadt Europas!“ Praktikum im Duitsland Instituut Amsterdam

Hashtag – Weidmann, Hashtag – Dag van de Duitse taal, Hashtag – Deutsches Kino… was sich für den Laien eher wie ein „Hatschi“ anhört, kennen Social-Media-Experten längst als  Erkennungszeichen für Themen bei Twitter.

Twittern, das ist die große Leidenschaft der Niederländer, und eben auch des Duitsland Instituuts. Dabei entsteht oft eine lebendige Diskussion, in die sich jeder einbringen kann – vom Privatmensch bis zum Politiker und Journalisten. Was für mich als Social Media-Skeptiker zunächst wie ein unübersichtlicher Buchstaben- und Zeichensalat aussah, lernte ich mit der Zeit irgendwie schätzen. Es ist schön zu sehen, wie verschiedenste Akteure am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen. Ja, man kann tatsächlich sagen, dass ich meine Meinung über soziale Medien während meines Praktikums überdacht habe…

Seit vier Monaten bin ich nun in der Presseabteilung des Duitsland Instituuts Amsterdam beschäftigt. Das Institut hat sich als wissenschaftliche Einrichtung der Erforschung Deutschlands und der Stimulation der deutsch-niederländischen Beziehungen verschrieben. Anhand von vielfältigen Publikumsaktivitäten und Bildungsprogrammen richtet es sich außerdem an die breite Öffentlichkeit und möchte das Wissen und Interesse bezüglich des östlichen Nachbarlandes fördern. Genau an dieser Stelle knüpft die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an. Sie ist Ansprechpartner für die Presse, organisiert Lesungen, Konferenzen, kulturelle Veranstaltungen und unterstützt die Forschungsabteilung bei ihren Expertentagungen. Das alles darf ich hautnah miterleben. Meist beginnt mein Tag mit der Pressebeobachtung: in welchen Medien wurde das Duitsland Instituut erwähnt, und zu welchem Thema? Wann und wo war der Direktor im Radio, und für welche Zeitung schrieb einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter einen Hintergrundartikel? Die via Web und Pressedatenbank gefundenen Beiträge archiviere ich, und lerne dabei jede Menge über das derzeitige Deutschlandbild der Niederlande. Zumindest was das öffentliche Meinungsbild betrifft. Und das scheint sich in den letzten Jahren tatsächlich verändert zu haben: die deutsche Wirtschafts- und Wissenschaftslandschaft sei vorbildhaft, so heißt es, und Berlin die coolste Hauptstadt Europas (dabei dachte ich, das sei Amsterdam?!)…

Was Social Media betrifft, habe ich mittlerweile detektivische Fähigkeiten entwickelt: regelmäßig mache ich mich auf die Suche nach Neuigkeiten, Veranstaltungen und Kuriositäten zum Thema Deutschland und den niederländisch-deutschen Beziehungen. Je origineller und relevanter dabei die Meldung, desto besser. Schließlich soll sie einen Mehrwert für die Community bieten. Das kann zum Beispiel ein Konzert von Nina Hagen in den Niederlanden sein oder ein interessantes Statement von Maxima zum Thema Deutsch lernen.

Für die regelmäßig stattfindende Filmreihe „Deutsches Kino“ telefoniere ich dann später mit Filmproduzenten und Distributionsfirmen, um die Sache mit den Vorführrechten zu klären und Angebote einzuholen. Dann noch Bildmaterial anfordern, Texte für den Flyer schreiben und ein bisschen layouten mit Publisher – fertig ist die Filmreihe für den Herbst. Naja, fast zumindest…

Eine fröhlich-angespannte Stimmung herrscht bei den Institutsmitarbeitern, wenn eine wichtige Veranstaltung auf der Agenda steht. Zum Beispiel ein Besuch des Bundesbank-Chefs Jens Weidmann und seines niederländischen Kollegen Klaas Knot. Auch ich darf bei diesem Event dabei sein, den Gästen am Empfang Fragen beantworten und sie zu ihren Plätzen verweisen. Bei der anschließenden Fragenrunde laufe ich mit dem Mikro im Saal herum. Ein älterer Professor schaut mich flehend an, eine Frage möchte er noch stellen. Um mich herum Reporter, Politiker, Bankenmanager, Blitzlichtgewitter. Der Anchorman der Hauptnachrichtensendung Nieuwsuur, Twan Huys . Alle hören sie gebannt zu. Und wirken trotz des hohen Besuchs entspannt und unaufgeregt, auch beim Plausch nach der Veranstaltung. Alles geht ein bisschen lockerer, informeller zu als in Deutschland. Das mag ich.

Bei der anschließenden Mittagspause fällt alle Anspannung ab. Mit meiner Kollegin setze ich mich an die Gracht gleich hinterm Institut – unser Stammplatz. Zufrieden schaue ich aufs Wasser, beiße in mein broodje  – und denke wie so oft: „Wat een leuke dag!“ Was für ein toller Tag!

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