Es tut mir leid, liebes Münster, aber über deine internationale Bekanntheit müssen wir noch einmal reden. “Cerca de Colonia” mag nicht nur eine Beleidigung für die Münsteraner Seele sein, sie ist sogar zur Standardfloskel geworden – auf die Frage, wo ich denn herkommen würde. Deutsche Leberkäsebrötchen seien ja total lecker, und wir würden ja immer Oktoberfest feiern. Schmunzelnd bejahe ich, und male mir aus, wie das Kölsche Herz, zwischen Kölsch und Frantzbrötchen, darüber denken würde.
Abends fahre ich ins Casco Viejo. Inmitten unzähliger Restaurants und Bars führt mein Weg zur Küstenpromenade, an der Panamaer indigener Abstammung in bunter Kleidung touristische Souvenirs verkaufen. Die Lichterketten des Casco Viejos spiegeln sich im Meer, der Blick auf die Skyline ist atemberaubend. Am Außenministerium und Präsidentenpalast vorbei, sind von weither nichts außer abendliche Trompetentöne zu hören. Zum ersten Mal findet man in der Großstadthektik Ruhe – Ruhe, die man braucht, um herunterzukommen und die Eindrücke zu verarbeiten.
Die Geräusche der Autos im alltäglichen Feierabendverkehr, die Rufe der Straßenverkäufer, das sekündliche Hupen der Taxen, in der Hoffnung, ein paar Dollar zu verdienen, die Abgase der Busse, vermischt mit der erdrückenden Schwüle und Hitze sowie der Geruch der Abgase ergeben zusammen eine Geräuschkulisse und Gefühlsexplosion, an die man sich in all ihrer beeindruckenden Weise gewöhnen muss.
Da sind die einzelnen Töne der Trompete und die Menschenleere eine genugtuende Abwechslung. Der Himmel verwandelt sich zur Nacht, während Gewitterwolken den Horizont einbetten. Im Hintergrund erhellen die Blitze den pazifischen Ozean und paaren sich mit der erleuchtenden Skyline Panama-Citys. Gepaart mit dem Ambiente des Casco Viejos ist dieser Moment der erste, in dem man die Eindrücke der unglaublichen Panama City reflektieren kann.
Die plötzlichen Wetterumschwünge können in der Regenzeit jederzeit passieren. In einem Moment noch 33 Grad in beißender Sonne, können schlagartig verdunkelnde Gewitterwolken aufziehen und diese neben tosendem Donner Straßen wahrhaftig in Flüsse verwandeln. Dann fliehen alle Passanten, um der Nässe zu entfliehen, denn in Verbindung mit den Klimaanlagen sei die Grippegefahr zu hoch.
Das Casco Viejo ist neben designten Restaurants und hipp eingerichteten Hostels das Viertel der Rooftopbars. Von hier braucht man sich nur um 360 Grad drehen und kann nahezu alle Sehenswürdigkeiten auf einen Blick gleichzeitig genießen: das Meer, die Dächer des Casco Viejos, die in die Höhe endlos schießende Skyline und, im Hintergrund, den Ancon-Hill, auf dessen Spitze eine riesige beleuchtete Panama-Flagge im Wind flackert. Guckt man doch etwas genauer, findet man jedoch in direkter Nähe etwas heruntergekommene Wellblechhütten der umliegenden Viertel. Dieser Kontrast brennt sich ein, daran denkend, ob sie den massiven Regenmassen standhalten könnten. Hier genießen Touristen und Einheimische den nicht abzustreitenen besten Blick auf die Stadt, trinken kolumbianischen Kaffee und lokales Bier, dort diskutieren Manager in den Bankentürmen über die nächste Profitmaximierung, während in unmittelbarer Entfernung Menschen verarmt leben müssen.
Ein Kontrast in einer Welt des Konsums, in dem die gigantischen Shopping-Malls und Fast-Food-Restaurants zahlreich auffallen. Die Trompetenklänge lösen ein Gefühl von Faszination und Dankbarkeit in mir aus. Teil dieser gigantischen Stadt zu sein, ist beeindruckend und nervenaufreibend zugleich. Während der Klang der Trompete aufhört, und die ersten Regentropfen des sich anbahnenden Sturmes zu fühlen sind, ist es Zeit, Casco Viejo der Nacht zu überlassen.
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