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12 Wochen in einem in Deutschland kaum bekannten Land: Suriname

Da dies mein erster Blogbeitrag für Hinterm Horizont ist, stelle ich mich zu Anfang einmal kurz vor. Ich bin Ariane Vaughan, 23 Jahre alt und studiere Niederlande-Deutschland-Studien am Zentrum für Niederlande-Studien der WWU.

Das letzte halbe Jahr habe ich in Amsterdam an der Vrije Universiteit verbracht und bin nun für mein Abschlusspraktikum meines Bachelors seit vier Wochen und noch für weitere acht Wochen in Suriname, dem kleinsten unabhängigen Land Südamerikas.

Es befindet sich neben Guyana, Französisch-Guyana und grenzt außerdem im Urwald an Brasilien. Da Suriname eine frühere niederländische Kolonie ist und bis 1975 auch noch zum Königreich der Niederlande gehörte, wird hier Niederländisch gesprochen, was einer von vielen Gründen ist, wieso ich hier mein Praktikum bei einer Zeitung mache. Zu meinem Praktikum selbst werde ich jedoch im zweiten Blog mehr schreiben, auch wenn es sicherlich erwähnenswert ist, dass ich schon jetzt viel darüber gelernt habe, wie sich hier (politische) Berichterstattung sehr von der in Deutschland oder den Niederlanden unterscheidet.

Am 28.01. begann meine Reise vom Flughafen Schiphol in Amsterdam direkt im Anschluss an mein Auslandssemester. Nach ungefähr neun Stunden angenehmen Flug kam ich am Flughafen Johan Adolf Pengel in Zanderij, eine Stunde von meinem neuen Wohnort Paramaribo, an. Im Flugzeug hatte ich mich mit meiner Sitznachbarin unterhalten, einer Surinamerin, die gerade ihre Kinder und Enkelkinder in den Niederlanden besucht hatte. Sie bot mir freundlicherweise an, mich zu meiner Wohnung zu bringen. Als ich dann bei meinem Praktikumsplatz, wo sich auch mein Appartement befinden sollte, ankam, begrüßte mich der Chefredakteur und die Kollegin, die während des Praktikums für mich zuständig sein sollte, zeigten mir die geräumige Wohnung und brachten mich zu einem Supermarkt, wo ich die ersten Lebensmittel kaufen konnte. Schon das war alles sehr ungewöhnlich und neu, da sich das Niederländisch, was hier gesprochen wird, doch ziemlich von dem, was ich aus den Niederlanden gewohnt war, unterscheidet. Vor allem die Kollegin sprach unglaublich schnell und mit relativ starkem Akzent, sodass ich wirklich Mühe hatte, sie zu verstehen. Auch im Supermarkt, wo nicht wirklich viel los war, sah man mir meine Nervosität wohl an, ich fühlte mich sehr angestarrt, da ich so spät abends die einzige Weiße dort war. Obwohl mich jeder freundlich empfangen hatte, war meine erste Nacht ziemlich furchtbar. Mir war schlecht von der Autofahrt, die Druckerpresse machte laute Geräusche, Hunde bellten, ich hatte noch kein Internet und konnte niemanden erreichen und obwohl ich wegen der Zeitverschiebung noch müder war als man es nach einem langen Flug sowieso schon ist,  konnte ich nur wenige Stunden schlecht schlafen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die Eingangstür leicht aufgebrochen werden könnte. Ach, ja. Eine Fledermaus war die erste Begegnung, die ich in der Wohnung hatte.

Einige Tage später traf ich mich mit einer Großtante meines Freundes, die hier zusammen mit ihrem Mann wohnt. Sie empfing mich herzlich und ich verstand mich gut mit ihr. Sie verstärkte jedoch mein unsicheres Gefühl, das ich bezüglich der Wohnung hatte. Sie selbst saß wirklich eingeschlossen in ihrem Haus, mit hohen Mauern, Gittern vor den Fenstern und etlichen dicken Türen. Erzählungen von Praktikantinnen, die in ihrer eigenen Wohnung vergewaltigt worden waren, machten es nicht viel besser. Ich beschloss noch am selben Abend, dass ich hier nicht weiter wohnen will und suchte nach Alternativen. Glücklicherweise klappte es, dass ich direkt zwei Tage später in ein Haus mit 15 anderen Studentinnen einziehen konnte. Seitdem ist es toll hier! Ich fühle mich richtig wohl und habe Freundinnen gefunden, mit denen ich viel unternehme. Außerdem spreche ich jetzt nicht nur bei der Arbeit, sondern auch zuhause den ganzen Tag Niederländisch und merke, dass sich meine Sprachkenntnisse schon nach vier Wochen deutlich verbessert haben.

In Suriname ist so einiges ziemlich anders. Ich genieße die Durchschnittstemperatur von 30 Grad, die herrliche Natur (außerhalb Paramaribos), die gelassene und meist positive Haltung der Menschen hier (in Sranan Tongo, der zweiten offiziellen Sprache „No span“ – keine Eile, kein Stress), herrliche Früchte und leckere einheimische Gerichte, neue Erfahrungen mit neuen Freunden zu machen, in einem Land leben zu können, in dem eine Moschee neben einer Synagoge steht und alle Kulturen selbstverständlich miteinander umgehen, und einfach drei Monate lang einfach ganz als in Europa zu leben.

Aber an so manches habe ich auch Mühe mich zu gewöhnen. Dass man als Frau eine deutlich niedrigere Position als Männer hat, was sich z.B. daran sehen lässt, dass vor allen weißen Frauen ständig etwas zugerufen oder mit der Zunge hinter ihnen her geschnalzt wird. Inzwischen fühle ich mich nicht mehr so fremd und bin wirklich gut im Ignorieren geworden, aber es kostet mich noch immer einige Überwindung nichts zu erwidern (was ich in Deutschland auf jeden Fall machen würde). Das, herumstreunende Hunde, die manchmal Fahrräder nicht von Beute unterscheiden können und dass man bereits in der Dämmerung nicht mehr sicher herumlaufen kann, stört mich am meisten. Gut, alle Hunde an Fahrräder zu gewöhnen wird schwierig, da fast nur die europäischen Praktikanten Fahrrad fahren, aber ich finde es unmöglich, dass man sich als Frau derartige Dinge gefallen lassen muss.

Allgemein finde ich es wirklich schön und aufregend hier zu leben, es gefällt mir sehr, so viele verschiedene Kulturen auf einmal zu entdecken. Ich bin schon jetzt froh, dass ich mich selbst herausgefordert habe, mehr als 8.000 km von Deutschland wegzugehen, alleine in ein Land zu reisen, das ich beinah kaum kannte (und das auch keine deutschen Praktikantinnen kennt; mir wurde bereits von so vielen Menschen gesagt, dass sie noch nie eine Deutsche hier ein Praktikantin machen haben sehen) und bereits nach vier Wochen sehe, wie gut diese Erfahrung mir selbst tut.

Ariane

Fuer drei Monate bin ich, Ariane, Studentin der Niederlande-Deutschland-Studien, bei der Times of Suriname in Paramaribo in Suriname Praktikantin. Hier gibt es sowohl bei der Arbeit als auch in der Kultur und Natur viel Neues zu lernen und zu entdecken. Mein privater Blog: www.arianevaughan.jimdo.com

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