Archaische Münzprägungen
Naturverbunden, stolz auf heimische Besonderheiten in Architektur und Kultur, auf die eigene Vergangenheit, auf bedeutende Persönlichkeiten oder durch ihre regierenden Staatsoberhäupter – so präsentieren sich die einzelnen Staaten im Euroraum auf ihren Münzen. Damit unterscheiden sie sich kaum von ihren antiken Vorgängern. Schon vor gut 2.500 Jahren diente das Münzgeld neben seiner monetären Bedeutung als Ausdruck von Identität und Heimatverbundenheit. Für heutige Archäolog*innen sind Münzen ein Glücksfall. Hergestellt aus mehr oder weniger edlen, aber immer haltbaren Metallen, haben sie die Zeiten überdauert und sind oft die einzigen Bildzeugnisse einer lange zurückliegenden Vergangenheit. Damit beschäftigen sich Wissenschaftl*innen und Liebhaber, die beim 17. Tag der Antiken Numismatik (TAN) am 17. und 18. November aufeinandertreffen. Sie diskutieren neueste Forschungen und Projekte von Nachwuchswissenschaftler*innen. Organisiert wird der TAN von der Forschungsstelle Antike Numismatik an der Universität Münster, dem Münzkabinett am LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum sowie dem Verein der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete e. V.
Eine bedeutende Sammlung antiker Münzen befindet sich im Archäologischen Museum: Die rund 10.000 Münzen stellen ein Querschnitt durch die Geschichte des Münzgeldes der Antike dar: Er reicht von den frühen Prägungen aus der griechischen und Römischen Welt bis hin zu pseudo-byzantinischen und islamischen Münzen – vom siebten Jahrhundert v. Chr. bis zum siebten Jahrhundert n. Chr. Ursprünglich zierten Gottheiten und Kultdarstellungen die Zahlungsmittel. „Das Grundrepertoire des griechischen Städtegeldes ist meist relativ stabil geblieben“, erklärt Dr. Katharina Martin, die Kuratorin der Münzsammlung. Noch heute findet sich auf der griechischen 1-Euro-Münze die Darstellung der „athenischen Eule“, so der Rufname der antiken (Tetra-)Drachmen, da die Eule das athenische Geld über Jahrhunderte zierte und im gesamten Mittelmeerraum als Zahlungsmittel anerkannt war. Die einzelnen griechischen Stadtstaaten nutzten bis weit in die römische Zeit Bilder ihrer städtischen Bauten wie Tempel oder Brücken, ihrer Gottheiten und Lokalheroen, ihrer Sportveranstaltungen und Geistesgrößen, um sich von ihren Nachbarn abzugrenzen. Allerdings in der Spätzeit im ersten bis dritten nachchristlichen Jahrhundert nur noch auf dem Kleingeld, denn die größeren Werte wurden dann zentral unter römischer Aufsicht ausgegeben.
Sobald Monarchen an die Macht kamen, dienten die Münzen auch als Propaganda für den jeweiligen Herrscher. „Ob sie ihren Zweck bis ins kleinste Detail erfüllten, können wir heute nicht mehr wissen“, sagt Dr. Martin. Denn die römischen Münzen waren sehr viel länger als heutzutage im Umlauf, teilweise bis zu 100 Jahre. „Es ist zu bezweifeln, dass sich die Menschen nach dieser Zeit noch an alle verstorbenen Herrscher und deren Politik erinnerten.“ Deshalb wurden neben dem aktuellen Herrscherlob auch allgemeine zeitlose Tugenden, immer wieder auch die allgegenwärtigen Götter oder Bauten, die lange Jahre unverändert im öffentlichen Raum blieben, geprägt. „Das sind alles Bilder, die für Stabilität standen und so ebenfalls der Repräsentation des Staates dienten“, erklärt die Kuratorin.
Es sind ausgewählte Einblicke in die Vergangenheit, die das „älteste Massenmedium der Welt“ dem heutigen Betrachter ermöglicht. Aber zumindest vermitteln sie einen Eindruck von Gebäuden, die heute längst zerstört sind, oder von Cäsaren und Diadochen, die vor 2000 Jahre starben, und sind damit ein wichtiger Teil der historischen Forschung. Dem trägt das Archäologische Museum nicht nur durch den „Tag der Antiken Numismatik“ Rechnung, an prominenter Stelle im Museum stehen zwei Schaukästen mit den aussagekräftigsten Münzen der Sammlung. Darüber hinaus hat Katharina Martin ein digitales Münzmuseum ins Leben gerufen.