Graben in 700 Metern Höhe
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Nur knapp einen Quadratmeter maß die Grabungsfläche in den nördlichen Alpen, auf der Schweizer Archäologen 2020 einen kleinen Sensationsfund bargen: ein halbrundes Hirschgeweihfragment, das mit regelmäßigen Grübchenreihen verziert war und wahrscheinlich aus den Jahren 8538 bis 8294 vor unserer Zeitrechnung stammte. Im Gegensatz zum Jungpaläolithikum, aus dem zahlreiche Wandmalereien und Kleinkunstobjekte erhalten sind, sind aus dem Spätpaläolithikum und der Mittelsteinzeit bisher nur wenige Bilder und Dekore bekannt. Von den archäologischen Arbeiten auf dem 140 Meter langen und 2,5 Meter breiten "Flözerbändli" im schweizerischen Muotathal erzählt Dr. Urs Leuzinger am 8. Januar um 18 Uhr in der Reihe "Archäologie am Limit" im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses. Die Vorlesung kann auch über Zoom, ID: 624 7015 9662 Kenncode: 438993, verfolgt werden.
Die geographischen Gegebenheiten am Fuße einer überhängenden Felswand in 740 Metern Höhen engten die Grabungsflächen stark ein. Trotzdem konnten die Wissenschaftler hunderte Hinterlassen von Menschen, die vor Tausenden von Jahren gelebt haben, ausgraben. Neben dem verzierten Geweihstück wurden Überreste von Jagdlagern, Geschossspitzen, Klingen und Knochenfragmente gefunden. Damit erwies sich das Muotathal einmal mehr als mittelsteinzeitlicher Hotspot.
Urs Leuzinger arbeitet im Amt für Archäologie des Kantons Thurgau und ist Privatdozent an der Universität Innsbruck. Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Amts für Archäologie werden durch ein Team von Ehrenamtlichen unterstützt, so auch im Fall des Flözlibändlis. Der ehemalige Lehrer und Höhlenforscher Walter Imhof war der erste, der dort Feuerstellen entdeckte, die aus dem sechsten Jahrhundert unserer Zeitrechnung datierten.