Im Anschluss an einen langen Konferenztag nahm sich Dr. Johannes Benkhoff Zeit und sprach mit Kathrin Kottke über sein Studium und seine Promotion an der Universität Münster.
Im Anschluss an einen langen Konferenztag nahm sich Dr. Johannes Benkhoff Zeit und sprach mit Kathrin Kottke über sein Studium und seine Promotion an der Universität Münster.
© Uni MS - Michael C. Möller

„Mein Wissen zu vermitteln, ist für mich eine Herzensangelegenheit“

Alumnus Johannes Benkhoff ist Projektwissenschaftler bei der europäischen Raumfahrtbehörde ESA

Von Kathrin Kottke

In der Gemeinde Noordwijk an der niederländischen Nordseeküste, rund 30 Kilometer nördlich von Den Haag, befindet sich die Arbeitsstätte des Planetenforschers Dr. Johannes Benkhoff – die europäische Raumfahrtbehörde ESA. Dort ist der Alumnus der Universität Münster der leitende Projektwissenschaftler der BepiColombo-Mission. Seit dem 20. Oktober 2018 befindet sich das Raumschiff auf dem Weg zum Merkur. Im September tagte das internationale Forschungsteam an der Universität Münster. Im Interview mit Kathrin Kottke spricht Johannes Benkhoff über die Studiums- und Doktorandenzeit an seiner Alma Mater sowie über seine beruflichen Stationen.

 

Sie haben viele Jahre Ihres Lebens an der Universität Münster verbracht. Haben Sie sich im Vorfeld der Tagung gefreut, nach Münster zu kommen?

Sehr sogar! Ich denke gerne an mein Studium und meine Doktorandenzeit zurück. Immerhin habe ich hier ab 1980 fast 13 Jahre verbracht. Damals wusste ich es noch nicht, aber meine Karriere als Planetenforscher ist in Münster gestartet – obwohl ich erst etwas anderes studiert habe.

Und was?

Ich habe zunächst ein Physikstudium begonnen. Schließlich bin ich durch verschiedene Kurse und persönliche Kontakte auf die Geophysik aufmerksam geworden – bis zum Vordiplom habe ich beide Fächer studiert. Danach habe ich mich ausschließlich auf die Geophysik konzentriert. Die Studieninhalte fand ich spannend, und wir haben viele Exkursionen, zum Beispiel in die Baumberge, gemacht. Zudem wurde während meines Studiums das Institut für Planetologie gegründet.

Von da an war Ihr Interesse für die Planetenforschung geweckt ...

Das kann man so sagen. Prof. Dr. Tilman Spohn kam damals mit dem Schwerpunkt Planetenphysik nach Münster. Ich hatte das große Glück, dass ich als studentische Hilfskraft bei ihm arbeiten durfte – und nicht nur irgendwelche Handlangertätigkeiten durchgeführt habe. Stattdessen ging es um wissenschaftliche Themen wie die Frage, ob der Merkur ein Magnetfeld hat. Ich habe die Modellrechnungen durchgeführt und auf Augenhöhe mit den Wissenschaftlern diskutiert. Dadurch kam ich schlussendlich zu meiner Doktorarbeit, die sich mit der Simulation von Kometen beschäftigt hat. So bin ich von der Physik über die Geophysik zur Planetenphysik gekommen.

Das klingt nach viel Arbeit. Wie haben Sie in der Freizeit Energie getankt?

Zu Beginn des Studiums bin ich am Wochenende regelmäßig zu meinen Eltern nach Ahaus gefahren – Wäsche machen und Verpflegung für die Woche einpacken. Erst im Hauptstudium bin ich ‚sesshaft‘ in Münster geworden – habe Freunde getroffen, WG-Partys veranstaltet und Karten gespielt. Besonders gerne denke ich an die Karnevalszeit und die Jazz-Festivals in Münster zurück. Gegen Ende der 1980er-Jahre erhielt ich die Möglichkeit, am Institut für Planetologie zu promovieren und meine Freizeit wurde deutlich knapper. Zu dieser Zeit hatten sich meine Frau und ich entschieden, Kinder zu bekommen. Die Doppelbelastung von Familie und Promotion war nicht immer einfach.

Die Zeit an der Universität Münster war also sehr prägend für Sie. Wie ging es danach weiter?

Ich bin zunächst für mehrere Jahre nach Amerika gegangen und habe im Southwest Research Institute in Texas gearbeitet. Dort war ich Teil der internationalen Rosetta-Mission, die sich mit der Erforschung des Kometen Wirtanen beschäftigte. Ende der 1990er-Jahre bin ich zurück nach Deutschland gekommen und habe bis 2004 am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin gearbeitet – vor allem habe ich mich mit Kometen, aber auch mit dem Mars und der Merkur befasst.

Der Merkur scheint ihr ständiger Begleiter zu sein. Seit 2006 sind Sie der wissenschaftliche Projektleiter der BepiColombo-Mission bei der ESA ...

Richtig. Von Berlin ging es in die Niederlande. Seitdem lebe ich mit meiner Familie in Den Haag – wobei unsere drei Kinder inzwischen auf eigenen Beinen stehen. Die BepiColombo-Mission ist der berufliche Höhepunkt meiner Karriere. Teil einer solchen Raumfahrtmission zu sein, erfüllt mich mit Stolz und Zuversicht. Wir hoffen unter anderem Antworten darauf zu erhalten, wie unser Sonnensystem entstanden ist.

In zwei Jahren treten Sie in den Ruhestand und verpassen die Landung von BepiColombo. Sind Sie enttäuscht?

Es ist sehr bedauerlich, dass ich die Ankunft des Raumschiffs im Orbit des Merkurs nicht mehr in meiner jetzigen Rolle aktiv mitbekomme. Ich arbeite seit über 16 Jahren als Projektwissenschaftler an dieser Mission mit. Es fühlt sich in gewisser Weise wie ein Baby an, das man großgezogen hat und jetzt aus der Hand geben muss. Natürlich werde ich privat verfolgen, wie es weitergeht. Aber die Datenauswertung und welche neuen Erkenntnisse gewonnen werden, entnehme ich vermutlich nicht mehr aus erster Hand.

Haben Sie schon Pläne für das Plus an Freizeit?

Ich möchte vor allem jungen Menschen – zum Beispiel an Schulen oder Universitäten – die Raumfahrt und insbesondere Wissen über den Merkur vermitteln. Die Wissenschaftskommunikation ist für mich ein essenzieller Baustein, die Gesellschaft aufzuklären – sie lebt vom Austausch und Dialog. Mein Wissen und meine Leidenschaft zu vermitteln, ist für mich eine große Herzensangelegenheit.

Mit Blick auf Ihre wissenschaftliche Laufbahn und Ihre privaten Erfahrungen: Was geben Sie den heutigen Studierenden und den wissenschaftlichen Nachwuchskräften mit auf den Weg?

Eine der wohl wichtigsten Eigenschaften – sowohl privat als auch beruflich – ist Durchhaltevermögen. Ob während des Studiums, der alltäglichen Arbeit oder bei großen Projekten wie BepiColombo: Widerstände und Durststrecken überwinden und an dem festhalten, was man erreichen möchte, lohnt sich am Ende immer.

 

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 8. November 2023.