Throne, Teller, Kutschen: Inmitten goldglänzender und reich verzierter Staatsgeschenke im Moskauer Kreml-Museum haben Forscher des Exzellenzclusters "Religion und Politik" der Universität Münster gemeinsam mit russischen Institutionen eine der ersten Wissenschaftstagungen an diesem Ort abgehalten. Sie ergründeten "Die Sprache der Gaben", die die Herrscher und Mächtigen Russlands und Europas über Jahrhunderte austauschten. Die prachtvollen Staatsgeschenke dienten der Beziehungspflege: "Geschenke waren seit jeher geeignet, soziale, religiöse und politische Beziehungen zu begründen, zu intensivieren oder zu verlängern", sagte Historiker Prof. Gerd Althoff. "Der reiche Schatz der Rüstkammer des Kreml-Museums, im Westen noch weitgehend unbekannt, lädt Forscher geradezu ein, über die symbolische Sprache der Gaben und deren internationale Verständlichkeit nachzudenken."
"Der Schenkende hatte den Rang des Beschenkten zu beachten."
In glanzvollem Rahmen eröffneten die Wissenschaftler die internationale Konferenz und zeigten sich in feierlichen Grußworten erfreut, dass die russisch-deutsche Kooperationsveranstaltung an diesem herausragenden Ort gelungen sei. Es sprachen der deutsche Botschafter Ulrich Brandenburg aus Westbevern und die Rektorin der Universität Münster, Prof. Ursula Nelles, sowie Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), des Deutschen Historischen Instituts, der Lomonossow-Universität, der Russischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Forschungsuniversität "Hochschule für Ökonomie".
Die Konferenzteilnehmer – Historiker, Kunsthistoriker, Byzantinisten und Theologen aus mehreren Ländern Europas, Russland und den USA – ließen sich in den Kreml-Räumen vom reichen Erbe der russischen Zaren inspirieren, von Tischgeschirr und Waffen, Rüstungen und Ikonen aus dem 11. bis 18. Jahrhundert. In vielfältigen Vorträgen, reich an Beispielen aus der Historie, und lebhaften Debatten erörterten sie das komplizierte Regelwerk des Schenkens, das Kaiser, Könige, Zaren genauso wie Päpste und Bischöfe zu beachten hatten. "Es gab zwar keinen ‚Knigge des Gabentausches‘, die Regeln waren aber als Gewohnheiten bekannt", betont Gerd Althoff. "Ihre Existenz und Verbindlichkeit konnte die Tagung im internationalen Vergleich oftmals nachweisen."
Vieles weise darauf hin, lautete eine der Schlussfolgerungen der Konferenz, über die auch das ZDF und das russische Fernsehen berichteten, dass sich die Spielregeln des Schenkens über Kulturen und Epochen hinweg stark ähnelten. "Der Schenkende hatte den Rang des Beschenkten zu beachten. Auch galt das ,Do ut des’, das schon die Römer kannten: Ich gebe, damit du gibst. Geber erwarteten Gegengaben." Das spielte in den unterschiedlichsten Situationen eine Rolle: in Heiratsverbindungen, dynastischen Allianzen, bei Hofe oder in Kriegssituationen.