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Kontrolle ist gut

Software soll beim Aufspüren von Plagiaten helfen

Wll801 PlagiateEine denkt, der andere schreibt ab. Plagiate sollen künftig durch die Software „Plagiarism Finder“ noch leichter entdeckt und dann entsprechend bestraft werden.

   Foto: Angelika Klauser

Eigentlich gibt es Dinge, die selbstverständlich sein sollten – wie zum Beispiel das korrekte wissenschaftliche Zitieren. Aber auch Studierende sind nicht davor gefeit, die eine oder andere Abkürzung auf dem Weg zur guten Note zu nehmen. Deshalb kauft das Zentrum für Infomationsverarbeitung jetzt Lizenzen der Software "Plagiarism Finder", um sie den Fachbereichen zur Verfügung zu stellen. Eine hundertprozentige Trefferquote gibt es zwar nicht, doch sollen die Studierenden wissen, dass ihre wissenschaftliche Leistung überprüft wird.

Die Möglichkeiten zu schummeln sind vielfältig und durch das Internet noch einfacher geworden. Doch ob mehr plagiiert wird als früher, lässt sich nicht sagen, da eingehende Untersuchungen dazu fehlen. Die Kommunikationswissenschaftsstudentin Sarah Knoop hat 2006 Studierende der Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte sowie deren Lehrende für ihre Magisterarbeit befragt. Dabei kam sie zu auf den ersten Blick erschreckenden Ergebnissen. Fast 60 Prozent der Befragten gaben ein Plagiat zu. Allerdings handelte es sich dabei in ganz überwiegendem Umfang um minder schwere Plagiatsfälle, die Übernahme einiger Sätze ohne Quellenangabe. Niemand gab zu, eine komplette wissenschaftliche Arbeit übernommen zu haben. Zwei Drittel der Studierenden sagtem sie würden niemanden kennen, der schon einmal plagiiert habe. Aber immerhin ein Viertel der Befragten kannten mindestens einen Plagiator, wenn nicht sogar mehrere.

Viel wichtiger als das Aufspüren eines Plagiats ist die gezielte Aufklärung der Studierenden.

Am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften wird das Problem ernst genommen. Hier wird schon seit Jahren der "Plagiarism Finder" eingesetzt, obwohl, so Prof. Aloys Prinz, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, das Fach eher weniger mit Plagiatsfällen zu tun habe. "Aber es ist uns wichtig, unseren ehrlichen Studierenden zu signalisieren, dass sie sicher sein können, dass reguläre Bedingungen bei uns herrschen." Wenn die Studierenden wüssten, dass kontrolliert wird, sei der Anreiz, es zu versuchen, geringer. "Der Idealfall ist natürlich, wenn wir die Arbeiten prüfen und keine Plagiate finden", so Prinz. Und  selbst wenn ein Plagiat unentdeckt bliebe, weil keine Software hundertprozentig arbeiten kann, blieben ja noch viele weitere Prüfungen wie Klausuren, die man erst einmal bestehen müsse und bei denen "Copy & Paste" nicht weiter helfe.

In Anbetracht der vielen Möglichkeiten des Betrugs, vom Totalplagiat über die Übernahme einzelner Passagen und dem Mischen vieler fremder Texte bis hin zur Übernahme von Strukturen und Ideen, wird es niemals eine Software geben, die tatsächlich alle Plagiate aufspürt. Übersetzungsplagiate oder Arbeiten von Ghostwritern sind fast hundertprozentig sicher, machen aber entweder Mühe oder kosten Geld. Der "Plagiarism Finder" gilt als das zuverlässigste Produkt, weiß Dr. Raimund Vogl vom Zentrum für Informationsverarbeitung. Noch sicherer als einfache Suchsoftware, die nur bereits veröffentlichte Arbeiten findet, sind Einreichsysteme, bei denen alle Arbeiten in einer zentralen Datenbank gesammelt werden und zwischen den Hochschulen getauscht werden können. "Wir sind gerade dabei, die rechtlichen Bedenken zu prüfen, denn es könnte urheberrechtliche Probleme bei diesem System geben. Die Studierenden können selbst bestimmen, was mit ihren Arbeiten geschieht."

Software kann letztlich sowieso nur ein Hilfsmittel sein, um einen Anfangsverdacht zu erhärten. Stilbrüche, unterschiedliche Schreibweisen eines Fachterminus, verschiedene Quoten grammatikalischer Fehler oder die Frage, ob die Arbeit der sonstigen Leistung angemessen ist, sind dabei entscheidende Hinweise. Viel wichtiger noch als das Aufspüren eines Plagiats ist die gezielte Aufklärung der Studierenden. Nicht nur, dass harte Strafen drohen – das Landeshochschulgesetz sieht Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro vor, obwohl die noch niemals verhängt worden sind –, sondern auch, dass es einfach eine selbstverständliche Grundvoraussetzung wissenschaftlichen Arbeitens ist, seine Quellen immer offen zu legen und sich nicht mit fremden Federn zu schmücken. "In den propädeutischen Kursen müssen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis noch klarer vermittelt werden", fordert Burkhard Rosenberger von der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB).

Aber das Problem fange schon vor der Uni an. In der Schule sei es eine weit verbreitete Praxis, sich das Wissen und die Ideen nicht mehr selbst zu erarbeiten. "Aus den meisten Wikipedia-Artikeln lässt sich problemlos ein Zehn-Minuten-Referat schreiben", so Rosenberger. "Umso wichtiger ist es, deutlich zu machen, dass es hier an der Uni anders läuft und dass wir unseren Qualitätsstandard betonen."

Bei allem berechtigten Misstrauen im Zeitalter der elektronischen Medien – die Studierenden stehen nicht gleich unter Generalverdacht. Laut der Untersuchung von Sarah Knoop ist über die Hälfte der befragten Dozenten davon überzeugt, dass ihre Studierenden kaum plagiieren, obwohl zwei Drittel von ihnen mindestens einmal eine plagiierte Haus- oder Examensarbeit in der Hand hatte. Knoop zitiert ihren ehemaligen Professor Bernd Blöbaum: "Meine Grundeinstellung ist: 'Ich kann hier jedem vertrauen.'"

bn