Trotz EDV werden die Regale nicht leerer

Dr. Beate Tröger ist neue Leiterin der Universitäts- und Landesbibliothek

[Troeger]
Setzt auf ein individualisiertes Angebot: Dr. Beate Tröger, die neue Leiterin der Universitäts- und Landesbibliothek
Foto: Larissa Behr   
Sicher, nach drei Wochen in Münster gibt es hier und da noch einiges zu entdecken in der Universitäts- und Landesbibliothek. "So war ich zum Beispiel bisher noch nicht mit landesbibliothekarischen Aufgaben betraut. Die Arbeit von Universitätsbibliotheken kenne ich dafür sehr gut", sagt Dr. Beate Tröger, seit Anfang Mai neue Leiterin der ULB. Insgesamt aber fühle sie sich schon heimisch. Sowohl der Umgang mit den Altbeständen wie auch die komplexen elektronischen Dienste sind ihr bestens vertraut. Als stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt/Main und Leiterin des Informationszentrums Bildung und der Arbeitseinheit Bildungsgeschichte war sie für zwei wissenschaftliche Spezialbibliotheken verantwortlich. Vor der Größe der Universitäts- und Landesbibliothek hat Tröger keine Bange: "Die Masse allein macht keinen strukturellen Unterschied. Ob klein oder groß - notwendig ist immer ein adäquates dienstleistungsorientiertes Informationsmanagement."

Gerade der Bereich der elektronischen Medien liegt ihr am Herzen. In Frankfurt baute Tröger ein Online-Datenbanksystem zur Pädagogik - etwa mit dem deutschen Bildungsserver - auf. In Münster will sie die verschiedenen Datenbanken und Kataloge in einem Portal bündeln - eine Arbeit, die von Vorgängerin Dr. Roswitha Poll bestens vorbereitet worden ist. In enger Kooperation mit dem Zentrum für Informationsverarbeitung und der Verwaltung sollen die elektronischen Dienste weiter verfeinert werden. "Das ist eine große Chance: Durch die elektronischen Medien lassen sich unsere Dienstleistungen weiter individualisieren", erläutert die 43-Jährige. "Damit könnten wir noch genauer auf die Bedürfnisse Einzelner und der unterschiedlichen Nutzergruppen reagieren."

Mit denen ist Tröger vertraut und möchte sie unmittelbar in den Kommunikationsprozess einbinden. Schon als wissenschaftliche Bibliothekarin an den Universitätsbibliotheken in Essen und Dortmund und später in Frankfurt sei ihr der exzellente Ruf der ULB in Hinsicht auf Bibliotheksmanagement und Effektivitätssteigerung bekannt gewesen. "Ich freue mich, dass ich nun daran anknüpfen kann. In Zeiten knapper werdender Gelder gilt es selbstverständlich, auf Effizienz zu achten." Aber es gibt noch andere Herausforderungen. So wird zum Beispiel die Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse auch für die ULB größere Veränderungen bringen, da etwa der Schulungsbedarf deutlich zunehme.

Auch wenn Tröger auf die elektronischen Medien setzt, ist für sie das Buch kein Auslaufmodell: "Da gibt es keine Konkurrenz, die beiden Medien ergänzen sich." Die Vernetzung und Bündelung der Wissensvermittlung werde sicher noch zunehmen, die Regale aber deswegen nicht leerer werden. "Der Printpublikationsmarkt explodiert seit Jahren, auch wenn beispielsweise in etlichen Naturwissenschaften die Aufsätze mittlerweile oft in Form von Preprints zuerst elektronisch, später aber noch einmal gedruckt veröffentlicht werden." Ähnlich aber explodieren auch die Preise für Zeitschriften. Für Tröger ein guter Grund, über einen eigenen Universitätsverlag nachzudenken: "Wir haben die absurde Situation, dass wir die Erkenntnis, die an den Universitäten produziert wird, später in denselben Universitäten hochpreisig wieder einkaufen müssen."

Ihre private Lektüre spiegelt ihr Studienspektrum - Philosophie, Germanistik, Pädagogik und Kunstgeschichte - wider. "Ich bin eigentlich an allem interessiert, aber ein Schwerpunkt liegt auch auf dem 18. Jahrhundert." Derzeit liegen allerdings nicht Goethe oder T. C. Boyle auf ihrem Nachttisch, sondern "Wilsberg und der tote Professor": "Die Münster-Krimis von Jürgen Kehrer helfen mir dabei, die Stadt besser kennen zu lernen".

           bn