Teilprojekt B6:
Das Päpstliche Zeremoniell in der Frühen Neuzeit (1563-1789). Höfische Repräsentation, theologischer Anspruch und liturgische Symbolik
| Projektbeschreibung |
Die bisherigen
Forschungen des Teilprojekts haben gezeigt, dass das
frühneuzeitliche Papsttum
stets in Interaktion mit verschiedenen Formen kollegialer
Kirchenleitung stand.
Mit dieser Pluralität der Leitungsmodelle war zugleich eine
Mehrzahl von
Symbolsystemen gegeben, die ineinander griffen und einander
beeinflussen
konnten, sich zugleich aber auch in ihrer Eindeutigkeit begrenzten. Aus
theologischer Perspektive ist von unterschiedlichen ekklesiologischen
Modellen
zu sprechen. In der neuen Projektphase sollen daher diese bereits in
den
vergangenen Jahren vor allem durch die Forschungen zum Konklave
gesicherten
Erkenntnisse weitergeführt werden, denn es erscheint notwendig
und sinnvoll,
auf diese Aspekte von innerkirchlichen Interaktionen und Konflikten
einzugehen,
um so das Wesen des frühneuzeitlichen Papsttums und seines
Zeremoniells exakter
beschreiben zu können. So ist nicht nur nach Wesen und
Funktion des
(päpstlichen) Zeremoniells zu fragen, sondern auch nach seiner
Akzeptanz bzw.
Kritik daran. Erste Ergebnisse sollen im Rahmen einer Tagung im Jahr
2010
vorgestellt und diskutiert werden. Im Einzelnen sollen folgende
Bereiche
bearbeitet werden:
(1) Die Frage nach
der
obersten Kirchenleitung durch eine Person (den Papst) oder durch ein
Kollegium
(das Konzil) war seit dem späten Mittelalter von besonderer
Bedeutung für die
theologische Diskussion wie auch für die Praxis von
Kirchenpolitik. Anknüpfend
an die bisherigen Arbeiten des Teilprojekts wird davon ausgegangen,
dass in
symbolischen Akten Selbstverständnis und Ekklesiologie eines
Konzils ihren
Ausdruck finden. Diese Zusammenhänge sollen für die
Konzilien des 16. bis 18.
Jahrhunderts untersucht und durch einen Ausblick auf das 1.
Vatikanische Konzil
(1869) abgerundet werden. Hierbei müssen liturgische
Zeremonien (z.B. Eröffnung
und Abschluss) und Fragen der Geschäftsordnung (z.B. Umgang
mit Legaten und
Gesandten) gleichermaßen berücksichtigt werden.
(2) Der zweite
Komplex
widmet sich dem Verhältnis von Papsttum und Kardinalat in
einer Untersuchung
des Konsistoriums. Diese Kardinalsversammlung sollte nach dem
Caeremoniale
Romanae Curiae (1488) kirchenpolitisch bedeutsame Entscheidungen
treffen –
nicht der Papst allein. Doch spätestens mit der Errichtung von
Kongregationen
durch Sixtus V. (1588) wurde der Machtverlust des „Senates
der Kirche“
deutlich. Vor diesem Hintergrund ist das Verhältnis von
zeremoniellen
Handlungen und politischen Funktionen ebenso zu untersuchen wie der
normative
Diskurs über den Kardinalat in Traktaten „De
cardinalatu“ und der
ekklesiologischen Literatur.
(3) Auf die
Zeremonialkritik der Reformatoren und die verschiedenen Strategien der
Verteidigung des Zeremoniells wurde im bisherigen Verlauf des
Teilprojekts
immer wieder verwiesen. In einem dritten Untersuchungskomplex
wären vor allem
die reformatorischen Vorwürfe gegen das römische
Zeremoniell und eventuelle in
Rom daraus gezogene Konsequenzen zu beleuchten. Kann man von einer
Konfessionalisierung im Ritus sprechen?
Neben den
allgemein
üblichen römischen Archivalien werden die von der
Forschung noch kaum
berücksichtigten Bestände des Archivs der
Zeremonienmeister, das sich heute im
Apostolischen Palast befindet und nur mit Sondergenehmigung konsultiert
werden
kann, in großem Maße herangezogen. Die
Schließung der Bibliotheca Apostolica
Vaticana wegen Sanierungsarbeiten stellt dabei eine kaum
einschätzbare
Behinderung dar, durch Bestände anderer Bibliotheken in Europa
und den USA
können jedoch die Verluste gering gehalten werden.
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