(A2-22) Islam und Gender in Deutschland. Zur (De-)Konstruktion säkular und religiös legitimierter Geschlechterordnungen
Der Säkularisierungsschub der 1960er Jahre führte in den meisten westlichen Gesellschaften zu einem Wertewandel, der mit einer als gleich konzipierten Geschlechterordnung, einem liberalen Sexualverständnis sowie der Ablehnung einer traditionsverankerten (und religiös legitimierten) Sexualmoral einherging. Diese Entwicklung steht im Hintergrund von Vorbehalten gegenüber dem Islam, der – so eine verbreitete Meinung – die Ungleichheit der Geschlechter unterstütze. Dabei ist auffällig, dass die gängige Wahrnehmung, der Islam sei frauenfeindlich und gewalttätig, bereits selbst ‚gegendert’ ist: Während muslimische Frauen in der Regel als Opfer religiös legitimierter Unterdrückung gelten, werden männliche Muslime eher als Täter gesehen, die auf der Basis von Gewalt legitimierenden Männlichkeitsnormen agieren, die ihrerseits als religiös fundiert gelten.
Es soll untersucht werden, wie das Verhältnis der Geschlechter im Prozess der Migration neu ausgehandelt wird, wie sich alte Ordnungen – zum Beispiel die der Ehre – transformieren oder auch stabilisieren. Dabei wird davon ausgegangen, dass kulturelle und soziale Ordnungen, Werte, Normen und Leitbilder keine homogenen Größen sind, sondern praktisch und diskursiv umkämpfte Felder. Empirisch soll sowohl das Ineinander und Gegeneinander von Transformation und Stabilisierung als auch die Entstehung neuer geschlechtsspezifischer (männlicher und weiblicher Rollen-)Muster bei Muslimen auf zwei Ebenen untersuchen werden:
- Muslimische Familien und Milieus
- Sekundäre Sozialisationsinstanzen als Orte des Kontaktes
Das Projekt ist Teil der Arbeitsplattformen E Differenzierung und Entdifferenzierung und G Religion, Politik und Geschlechterordnung sowie der Koordinierten Projektgruppe Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse.