Von der Polemik zur Verfolgung
Vortrag über Buddhismusverfolgung im frühmittelalterlichen China
Über Spannungen und Konflikte zwischen Staat und Buddhismus im frühmittelalterlichen China hat Religionswissenschaftler Prof. Dr. Max Deeg aus Cardiff in Großbritannien am Dienstagabend in der Ringvorlesung „Verfolgung um Gottes willen“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des neuen Centrums für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (CMF) gesprochen. Der Experte für die Geschichte des Buddhismus gab einen Überblick über Buddhistenverfolgung im chinesischen Kaiserreich des ersten Jahrtausends nach Christus. „Die damaligen Formen der Auseinandersetzung setzten Paradigmen für den Umgang des chinesischen Staates mit Religionen, die bis heute nicht ihre Gültigkeit verloren haben“, so der Forscher.
Unter dem Titel „Unsanftes Erwachen“ führte Prof. Deeg in seinem Vortrag aus, wie zunächst vor allem antibuddhistische Polemik, etwa von Daoisten oder einzelnen konfuzianischen Beamten, die Konfrontation kennzeichnet habe. „Den Buddhisten wurde etwa vorgeworfen, ihre Religion habe mit Indien einen fremden Ursprung und sei mit chinesischen Kulturwerten nicht kompatibel.“ Den Mönchen sei zudem „gesellschaftliches Parasitentum“ unterstellt worden.
Mithilfe verschärfter Regulierungen übernahm der chinesische Staat mehr und mehr die Kontrolle über alle religiösen Institutionen im Reich, wie Prof. Deeg ausführte. „Dies galt auch für den Buddhismus.“ So habe der Staat etwa das Monopol zur Ordinierung buddhistischer Mönche und Nonnen an sich gezogen. „Das zentralistische Staatswesen wurde praktisch in den Buddhismus hineingespiegelt“, so der Religionswissenschaftler.
„Kurze, aber intensive Wellen der Verfolgung“
„Im fünften, sechsten und neunten Jahrhundert kam es dann zu kurzen, aber intensiven Wellen konkreter Buddhistenverfolgungen“, sagte Prof. Deeg. Der chinesische Staat habe Mönche vertrieben oder zur „Laisierung“, also der Aberkennung ihres geistlichen Status, gezwungen. In der ersten Verfolgungswelle von 446 bis 452 unter Kaiser Taiwudi kam es dem Forscher zufolge gar zu Massenhinrichtungen buddhistischer Mönche. „Buddhistische Schriften wurden vernichtet, Klöster verstaatlicht oder zerstört sowie deren beachtliches Eigentum konfisziert.“ Die Verfolgungen seien zwar durch antibuddhistische Polemik rhetorisch begründet worden, könnten aber dadurch nicht hinreichend erklärt werden, so der Wissenschaftler. „Warum es tatsächlich zu diesen Verfolgungen kam, ist für die Forschung bislang schwer zu fassen.“
Max Deeg ist Religionswissenschaftler und hat seit 2006 eine Professur für Buddhismuskunde an der Universität Cardiff in Wales inne. Die Ringvorlesung geht der Diskriminierung und Verfolgung Andersgläubiger anhand zahlreicher Beispiele quer durch die mittelalterliche und neuzeitliche Geschichte nach. Die Themen reichen von der christlichen Häresiebekämpfung im Frühmittelalter und den Konfessionskonflikten der Frühneuzeit über den Kirchenkampf in der DDR bis zur Buddhistenverfolgung im kommunistischen Kambodscha und zur Christenverfolgung im Nahen Osten. Zu Wort kommen Geschichts- und Religionswissenschaftler, Soziologen, Theologen, Buchwissenschaftler, Romanisten und Byzantinisten. Den nächsten Vortrag am Dienstag, 28. Mai, hält die Buchwissenschaftlerin Prof. Dr. Gabriele Müller-Oberhäuser vom Exzellenzcluster über „‚Bloody Bonner‘: Bischof Edmund Bonner und die Verfolgung der Protestanten unter Maria I. von England (1553-1558)“. Die Vorträge sind dienstags von 18.15 bis 19.45 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 zu hören. (han)