„Ein ideologisches Minenfeld“
Vortrag über Buddhismus im kommunistischen Kambodscha
Über das Verhältnis der Roten Khmer zum Buddhismus im kommunistischen Kambodscha hat Buddhismuskundler Prof. Dr. Ian Harris aus Carlisle in Großbritannien am Dienstagabend in der Ringvorlesung „Verfolgung um Gottes willen“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des neuen Centrums für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (CMF) gesprochen. Der Vortrag trug den Titel „Buddhism under Pol Pot: Monk Mortality and Ideological Absorption“.
Der Wissenschaftler zeichnete in einem historischen Überblick nach, wie vor allem der Thervada-Buddhismus die politische und religiöse Entwicklung Kambodschas seit 1.500 Jahren bis in die jüngere Zeit geprägt habe. So führte etwa Regierungschef Shinouk (1922-2012) nach den Worten des Experten während der sogenannten Sankum-Periode (1953-1970) einen „Buddhistischen Sozialismus“ ein, in dem Umverteilung mit der buddhistischen Karma-Lehre zum Erwerb religiöser Verdienste, „Tam bun“, gerechtfertigt wurde.
„Auch die kommunistische Ideologie der Roten Khmer, einer maoistisch-nationalistischen Guerillabewegung, die von 1975 bis 1979 in Kambodscha regierte, wurde von traditionellen buddhistischen Vorstellungen beeinflusst.“ Prof. Harris wies in seinem Vortrag am Dienstagabend auf Parallelen zwischen Buddhismus und Khmer-Kommunismus hin: „Die kommunistischen Revolutionäre lebten nach Geboten, sogenannte vinay aṅgkār, die den klösterlichen Regeln sehr ähnlich gewesen sind. Wie die buddhistischen Mönche betonten sie Verzicht und Askese und tranken beispielsweise keinen Alkohol.“ Anhand von biografischem Material zeigte Prof. Harris zudem, dass die Erziehung vieler Parteimitglieder, darunter Kambodschas Diktator Pol Pot (1928-1998) und der ehemalige Chefideologe Nuan Chea, buddhistisch geprägt war und führende Mitglieder der Roten Khmer früher selbst buddhistische Mönche gewesen waren.
Der Forscher stellte Themen aus seiner Studie über Buddhismus im kommunistischen Kambodscha vor und verwies auf die Schwierigkeiten bei der Erforschung des Themas. „Es ist immer noch ein ideologisches Minenfeld und weiterhin sehr problematisch, akkurate Angaben etwa zur Sterblichkeitsrate der Mönche zu machen.“ Nach Einschätzung des Wissenschaftlers sind verbreitete Aussagen, beispielsweise zur geplanten Vernichtung des buddhistischen Mönchtums, nicht mehr haltbar und propagandistischen Motiven der vietnamesischen Besatzer in den 1980er Jahren geschuldet.
Prof. Harris gehört zu den Gründungsmitgliedern der britischen „Association of Buddhist Studies“ (UKABS). Zurzeit lehrt er an der „Preah Sihanouk Raja Buddhist University“ in Phnom Penh.
Die Ringvorlesung geht der Diskriminierung und Verfolgung Andersgläubiger anhand zahlreicher Beispiele quer durch die mittelalterliche und neuzeitliche Geschichte nach. Die Themen reichen von der christlichen Häresiebekämpfung im Frühmittelalter und den Konfessionskonflikten der Frühneuzeit über den Kirchenkampf in der DDR bis zur Christenverfolgung im Nahen Osten. Zu Wort kommen Geschichts- und Religionswissenschaftler, Soziologen, Theologen, Buchwissenschaftler, Romanisten und Byzantinisten. Den nächsten Vortrag am Dienstag, 14. Mai, hält Religionswissenschaftler Prof. Dr. Max Deeg, Cardiff (Großbritannien) über „Unsanftes Erwachen – antibuddhistische Polemik und reale Buddhistenverfolgung im frühmittelalterlichen China“. Die Vorträge sind dienstags von 18.15 bis 19.45 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 zu hören. (ska)