„Kirchenhierarchie geht zu Lasten der Frauen“

Sozialethikerin Heimbach-Steins über patriarchale Denkmuster in Theologie und Kirche

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Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins

Die katholische Kirche und Theologie sollte nach Ansicht von Sozialethikerin Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins dringend „ihr traditionell patriarchales Geschlechterbild“ überarbeiten. „Eine Theologie, in der nur Männer Definitionsmacht besitzen, setzt das Bild des Menschen mit dem des Mannes gleich. Aus dieser Tradition folgt bis heute eine Hierarchisierung zu Lasten der Frauen“, sagte die katholische Theologin am Dienstagabend in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. Die Geschlechterforschung, die dies hinterfrage, werde in einflussreichen Kirchenkreisen als „Provokation“ angesehen. „Teile der römischen Administration und bestimmte katholikal-fundamentalistische Gruppen arbeiten Hand in Hand.“

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des Vortrags

Dahinter stehe das „restaurative Interesse“ einer Führungselite, die eigenen Machtstrukturen zu sichern, sagte die Wissenschaftlerin. „Ideologische Kräfte“ schürten bewusst Unbehagen gegenüber allem, was mit „Gender“ assoziiert werde. Sie seien im kirchlich-institutionellen Zusammenhang weltweit einflussreich. „Bekanntlich hält die römisch-katholische Lehre normativ mit hoher Verbindlichkeit daran fest, Frauen keinen Zugang zum geistlichen Amt zu eröffnen“, sagte Prof. Heimbach-Steins. Auch andere Leitungsaufgaben blieben ihnen faktisch häufig verschlossen.

Der Vortrag trug den Titel „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse – Provokation für Kirche und Theologie“. Die Forscherin analysierte darin Dokumente der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre und des Päpstlichen Rates für die Familie sowie Geschlechteraussagen der theologischen Tradition.

Das patriarchale Geschlechterbild habe auch die lehramtliche Verkündigung zum Familienbild und zur Sexualität lange bestimmt, betonte die Wissenschaftlerin. „Frauen wurden normativ auf Rollenmuster wie das von Ehefrau und Mutter festgelegt, in dem das gefährliche Potential der Sünderin und Verführerin eingehegt scheint.“ Eine solche „repressive Moral“ und doktrinäre Aussagen über „das Wesen der Frau“ zeigten, wie „geschlechterblind“ die Theologie sei, kritisierte Prof. Heimbach-Steins. Seit dem Hochmittelalter sei sie von den Bedingungen einer hierarchischen Kirchenstruktur und einer männlich dominierten Wissenschaftskultur geprägt.

Entwicklungen der modernen Gesellschaft konstruktiv aufgreifen

Eine geschlechterbewusste Theologie biete seit fast fünfzig Jahren Alternativen, unterstrich Heimbach-Steins. So habe sie Frauentraditionen wie die der „Mystikerinnen“ aufgedeckt. Die moderne Bibelwissenschaft habe dazu beigetragen, die „Erschaffung von Mann und Frau als Bild Gottes“ als Anker der gleichen Würde beider Geschlechter in der Theologie bewusst zu machen. Theologische Geschlechterforschung wolle die christliche Glaubenstradition nicht als „musealen Bestand“ ansehen. Vielmehr gehe es um einen „lebendigen Prozess“, der Entwicklungen der modernen Gesellschaft nicht ausblende, sondern konstruktiv aufgreife.

Prof. Heimbach-Steins leitet am Exzellenzcluster das Forschungsprojekt A16 „Das Ethos der Religionsfreiheit. Politisch-ethische und theologische Dimensionen“. Zu den Forschungsschwerpunkten der Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften gehören die politische Ethik, die Menschenrechtsethik, die Sozialethik der Bildung sowie Genderfragen im Horizont christlicher Sozialethik.

Die öffentliche Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ befasst sich im Wintersemester 2011/2012 unter dem Titel „Als Mann und Frau schuf er sie“ mit dem Verhältnis von Religion und Geschlecht. Aus der Sicht verschiedener Fächer und Epochen geht sie der Frage nach, wie Religionen die Geschlechterordnung beeinflussten. Zu Wort kommen Historiker, Soziologen, Theologen, Juristen, Ethnologen und Literaturwissenschaftler. (vvm)