Hannah Schmitz
Betreuer: Prof. Lohsse
Titel der Dissertation:
versari in re illicita
Kurzbeschreibung:
„versanti in re illicita imputantur omnia, quae ex delicto sequuntur“ – „Wer sich auf verbotenes Gebiet begibt, dem werden alle Folgen zugerechnet, die sich aus seinem unerlaubten Tun ergeben“. Im modernen zivilrechtlichen Schrifttum findet man wenigstens gelegentlich Hinweise, dass dieser Rechtssatz auch heute noch geltendes Recht ist. Der genaue Inhalt, die Reichweite und vor allem der Geltungsgrund der Regel werden jedoch kaum erörtert.
Für die kanonistische Strafrechtslehre des 12. und 13. Jahrhunderts ist die Anwendung der Rechtsregel belegt. Dort beantwortet sie die Frage, ob ein ungewollter und/oder unvorhergesehener Erfolg dem Handelnden mit Blick auf sein vorangehendes Tun zuzurechnen ist. Liegt ein versari in re illicita – also eine unerlaubte Handlung vor –, so wird dieser Erfolg zugerechnet. Nach Ansicht der Lehre erweitert die Rechtsregel des versari in re illicita die Haftung auf Fälle, in denen der Erfolg nicht willentlich, sondern bloß zufällig herbeigeführt wurde. Offen ist insoweit freilich schon, ob „Zufall“ im Sinne eines Ereignisses zu verstehen ist, das außerhalb der Haftungsgrenzen liegt (so das heutige zivilrechtliche Verständnis) oder mit „Zufall“ lediglich ein Ereignis gemeint ist, dessen Eintritt man sich in dieser Konstellation nicht vorgestellt hätten (ein eher umgangssprachlicher Gebrauch des Wortes „Zufall“). In der Forschung findet sich zudem die Auffassung, die Lehre des versari in re illicita bilde einen Vorläufer des erfolgsqualifizierten Delikts; nach anderer Ansicht stellt sie einen Sonderfall der sog. culpa praecedens dar.
Gegenstand des Dissertationsvorhabens ist die Frage, welchen Platz der Rechtsgedanke einer Haftung für versari in re illicita im Zivilrecht hat. Dabei ist nicht nur zu ermitteln, welche Bedeutung dieser Rechtssatz im Zivilrecht hat, sondern auch wann und in welchen Zusammenhängen er Eingang ins Zivilrecht gefunden hat und weshalb er hier Geltung beansprucht. Ausgangspunkt der Forschung ist in inhaltlicher Hinsicht die auch in der aktuellen Literatur verbreitete Auffassung, dass es sich bei versari in re illicita um eine Zufallshaftung handelt; es gilt also, die Fälle zu ermitteln, in denen der Schuldner allein aufgrund eines vorherigen unerlaubten Verhaltens für Zufall haftet. In zeitlicher Hinsicht liegt nahe, dass die kanonistische Lehre des versari in re illicita von den Glossatoren übernommen wurde, doch nimmt die Arbeit auch die antiken Quellen in den Blick, schon weil man die inhaltlichen Grundgedanken der Regel heute vielfach den klassischen römischen Juristen zuschreibt.