Vertrauen in Gesundheitsangebote

Studie: Ungesicherte Forschungsergebnisse zu Gesundheitsthemen führen nicht zum Vertrauensverlust bei Internetnutzern

[25.11.2016]  Soll man seine Tochter gegen HP-Viren impfen lassen? Wie sicher sind Sonnencremes mit Nanoteilchen? Viele Menschen suchen im Internet nach Informationen, wenn sie gesundheitsbezogene Entscheidungen treffen. Oft stoßen sie dabei auf Forschungsergebnisse, die nach wissenschaftlichen Standards als nicht endgültig erwiesen gelten und deshalb für Laien schwer einzuordnen sind. Daher beschäftigen sich Wissenschaftler vermehrt damit, wie Laien mit solchen Informationen umgehen. Nun fand Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Sarah Fischer vom Graduiertenkolleg „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“ der Universität Münster heraus, dass diese „ungesicherten Ergebnisse“ der Vertrauenswürdigkeit von Institutionen, wie beispielsweise Forschungsinstitute, nicht schaden, wie bisher befürchtet. Allerdings erschweren sie den Nutzern eine Entscheidung in Gesundheitsfragen.

Sarah Fischer
Dr. Sarah Fischer
© Sarah Fischer

Für ihre Dissertation untersuchte Sarah Fischer das Vertrauen von Internetnutzern in Gesundheitsangebote. Dazu ging sie der Frage nach, wie dieses Vertrauen durch die Art der Quelle und die dort erwähnten Informationen beeinflusst wird. Dazu führte sie mit insgesamt 270 Probanden eine mehrteilige experimentelle Studie durch. Die Studienteilnehmer lasen diverse Online-Artikel zu den Gesundheitsthemen „HPV-Impfung“ und „Nanotechnologie in Sonnencremes“. Dabei stammten die Artikel aus verschiedenen Quellen wie Forschungsinstituten, Zeitungen und Pharmaunternehmen. Nach der Lektüre sollten die Studienteilnehmer entscheiden, ob sie Freunden eine HPV-Impfung empfehlen würden und ob sie bereit wären, Nano-Sonnencremes zu nutzen. Zudem sollten sie bewerten, wie vertrauenswürdig sie sowohl Informationen und als auch Quellen empfanden.

Die Studie zeigt, dass die Erwähnung von ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Artikeln das Vertrauen der Studienteilnehmer in die Quellen (Forschungsinstitute, Zeitungen oder Pharmaunternehmen) nicht verringerte. Ganz im Gegenteil: Bei Probanden, die wissen, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert, führte die Erwähnung unsicherer Ergebnisse sogar dazu, dass sie das Forschungsinstitut für besonders objektiv und vertrauenswürdig hielten. Ihm vertrauten die Probanden auch am meisten im Vergleich zur Zeitung und zum Pharmaunternehmen, weil sie es als kompetenteste Quelle einschätzten.

Allerdings erschwerten die ungesicherten Ergebnisse es den Studienteilnehmern deutlich, eine Entscheidung zu treffen. Die Teilnehmer ließen sich stattdessen viel häufiger von ihren vorgefassten Einstellungen zum Thema leiten. Ungeachtet dessen, ob sie viel über das Thema wussten oder fast nichts. Dieses Ergebnis könnte beispielsweise Anwendung in der Patientenkommunikation finden. „Patienten könnten Schwierigkeiten haben gesundheitliche Entscheidungen zu treffen, wenn sie mit ungesichertem Wissen konfrontiert werden. Diese unsicheren Ergebnisse sollten für die Patienten vom Arzt eingeordnet werden“, betont Sarah Fischer.

Dr. Sarah Fischer promovierte im Graduiertenkolleg und forschte dort anschließend als Postdoktorandin. Seit Kurzem arbeitet sie bei der Bertelsmann Stiftung an Projekten rund um das Thema Digitalisierung.

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 3,5 Millionen Euro geförderte Graduiertenkolleg „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“ erforscht interdisziplinär, wie durch die fortschreitende Digitalisierung Vertrauen entwickelt und aufrechterhalten werden kann. Das Kolleg untersucht die Konsequenzen dieses Prozesses in den Bereichen Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Sport.

Publikation:

Fischer, S. (2016). Vertrauen in Gesundheitsangebote im Internet. Einfluss von Informationsquellen und wissenschaftlichen Unsicherheiten auf die Rezeption von Online-Informationen. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft.

Dissertation Dr. Sarah Fischer
© Nomos Verlag