Oratorischer Glanz mit der Studentenkantorei der Universität
Von Ellen Beinert
Zugegeben, im Winter ist es in den Mauern der Evangelischen Universitätskirche manchmal etwas kalt, im Sommer andererseits nähern sich die Temperaturen gelegentlich der 30°-Marke - aber das hält die Mitglieder der Studentenkantorei der Universität nicht davon ab, sich mindestens einmal pro Woche in der Ev. Universitätskirche, der ehemaligen Klosterkirche der Franziskaner-Observanten in der Schlaunstraße, zusammenzufinden. Hier ist nicht nur der Aufführungsort der "Observanten-Konzerte", hier wird auch mehrmals in der Woche geprobt. Es können inzwischen auch über 200 Sängerinnen und Sänger werden wie beim letzten Weihnachtsoratorium, die sich mittwochs abends zu Proben und Teepause zusammenfinden, um mit großer Ernsthaftigkeit, aber auch mit Spaß die Koloraturen des "Jauchzet, Frohlocket" zu erlernen oder sich der dramatischen Tiefe eines "Dies irae" anzunähern. Am Ende der Einstudierung stehen oft auswärtige Probenwochenenden, die von allen Beteiligten ein hohes zeitliches und energetisches Engagement abfordern. Einige der bedeutendsten Werke der oratorischen Musikliteratur konnten so in den letzten Semestern zur Aufführung gebracht werden.
Ihre Finanzierung aber wäre ohne die Unterstützung der Förderergesellschaft nicht
möglich gewesen.
Der Aufführung von Giuseppe Verdis "Messa da Requiem" im Januar 2009 attestierte die Presse "hohe chorische Transparenz" und formulierte: "Eine großartige Interpretation, die den Ernst einer Musik akzentuierte, der oft spektakulär überspielt wird."
Im Sommersemester desselben Jahres gab es kontrastreich barocke Klangentfaltung. Neben dem Publikumsmagneten "Der Sommer" aus Vivaldis Jahreszeiten gelangten Raritäten von Bach und Händel zur Aufführung, in denen der Chor "stimmliche Flexibilität und dramatische Durchschlagskraft" bewies (MZ). Auch im folgenden Wintersemester erklangen seltener zu hörende Kleinodien der Kirchenmusik: im Januar 2010 das mit eher impressionistischen Farben sanft anrührende Requiem des Franzosen Gabriel Fauré, dem - gewiß als Münstersche Erstaufführung - Moritz Hauptmanns frühromantische Kantate "Herr, wende dich zum Gebet" gegenüberstand, und dazwischen "Pie Jesu" der noch beinahe jugendlich verstorbenen Französin Lili Boulanger. Die Presse freute sich: "Ob einzelne Stimmgruppen einen Abschnitt eröffneten, ob das Tutti sich mit einer kleineren Besetzung abwechselte oder wie der Chor mit den Solisten Stefan Adam und Heike Hallaschka im Dialog stand - eine solche verwobene Einheit ist nicht selbstverständlich, gerade bei so vielen Mitwirkenden".
2010 zählte schon im Juli Joseph Haydns "Schöpfung" für die Münstersche Zeitung "zu den Highlights des Jahres" und die Westfälischen Nachrichten meinten: "Der Chor überraschte trotz seiner Größe durch Agilität". Im Dezember lautete das Urteil bei Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“: "Von wegen ‚matte Gesänge‘: Wenn die Studentenkantorei unter Leitung von Prof. Ellen Beinert loslegt, trifft wohl eher das ‚Jauchzet, frohlocket‘ vom Anfang der ersten Kantate zu."
Im Juli 2011, war mit Carl Orffs "Carmina Burana" wiederum ein monumentales Chorereignis zu erleben, im Urteil der Presse "begeisternd" und "zündend" befunden. Und außerdem hieß es: "Ja, so muss das klingen. So frisch und keck mit solch jungen Stimmen, wie sie Kammerchor und Studentenkantorei der Universität zu bieten haben.... Nein, diese Carmina sind keine Senioren-Musik!"
Ich freue mich, dass so viele diesem Chor über Semester die Treue halten; ich freue mich auch über all die, die hier zum ersten Mal ein Oratorium mitsingen. Wunderbar zu erleben, wie der musikalische Funke überspringt und enthusiastische Begeisterung entfacht - oder atemloses Innehalten bei den Sängern und Sängerinnen, bei den Orchestermusikern und schließlich beim Publikum.
Prof. Ellen Beinert ist Universitätskantorin an der Evangelischen Universitätskirche und leitet die Studentenkantorei.