Ein Förderschwerpunkt der Universitätsstiftung Münster sind die Bürgerwissenschaften (Citizen Science) an der Universität Münster. Damit ermöglicht die Stiftung die Verwirklichung von Forschungsprojekten, bei denen Bürgerinnen und Bürger aktiv eingebunden werden. Ziel ist es, das Vertrauen in wissenschaftliche Methoden zu stärken und gleichzeitig eine stärkere Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen.
Citizen-Science-Wettbewerb der Universitätsstiftung Münster
Die Stiftung finanziert seit 2020 den Citizen-Science-Wettbewerb an der Universität Münster. Mit dem Preis möchten die Stiftung und die Universität den Stellenwert des Citizen-Science-Ansatzes der Universität stärken, für das Citizen-Science-Potenzial in Forschungsprojekten sensibilisieren und neue Projekte anregen. Es können sowohl neue als auch bereits bestehende Projekte gefördert werden, bei denen Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler der Universität gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern zu einem bestimmten Thema forschen. Gefördert werden zwei Projekte mit einer Summe von je 7.500 Euro und einer frei wählbaren Laufzeit von bis zu zwei Jahren.
Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung hat die Universitätsstiftung Münster am 24. April 2024 hervorragende bürgerwissenschaftliche Forschungsvorhaben mit dem Citizen-Science-Preis ausgezeichnet. Der gemeinsam mit der Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) gestaltete öffentliche Abend („mitdenken – mitmachen – mitforschen“) lockte viele Besucherinnen und Besucher in die Studiobühne am münsterschen Domplatz.
Die ausgezeichneten Projekte
Im ersten Preisträgerprojekt „EAA“ geht es darum, ob kostengünstige High-Tech-Beobachtungssysteme für die städtische Bevölkerung ein neues Fenster ins Universum öffnen können. Zum Einsatz kommt dabei smarte Aufnahmetechnologie. Die Methode macht beispielsweise Eruptionen auf der Oberfläche der Sonne sichtbar. An dem Projekt „Electronically Augmented Astronomy“ (EAA) ist die Bildungsinitiative „Astronomy and internet in Münster“ (AiM) beteiligt, die an der Mathilde-Anneke-Gesamtschule eine AG „Astronomie Werkstatt“ und einen Projektkurs Astronomie anbietet.
Im Mittelpunkt des zweiten ausgezeichneten Projekts „VORAUS.MS“ steht eine Verbesserung der vorausschauenden Pflegeplanung und Palliativversorgung für wohnungslose Menschen. Dabei kooperieren die Palliativmedizin des Universitätsklinikums Münster, der Mobile Dienst Münster im Haus der Wohnungslosenhilfe sowie das Palliativnetz Münster und ALPHA NRW, den Ansprechstellen im Land Nordrhein-Westfalen zur Palliativversorgung, Hospizarbeit und Angehörigenbegleitung.
Siegerprojekte des Citizen-Science-Wettbewerbs 2022/2023
Während einer Feierstunde in der Studiobühne der Universität wurden am 3. Mai 2o23 die beiden Siegerprojekte des Citizen-Science-Wettbewerbs 2022/23 ausgezeichnet. Zudem wurde an dem Abend ein vielfältiges Rahmenprogramm für Bürgerinnen und Bürger geboten, die Interesse an bürgerwissenschaftlichen Forschungsprojekten haben. Weitere Informationen zu dem Programm entnehmen Sie gerne dem Programmheft.
Die Universitätsstiftung Münster gratuliert allen beteiligten Bürgerinnen und Bürgern sowie den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Preisträgerprojekte:
Community Forscher/Forscherin für Berg Fidel
Im Projekt „Community Forscher/Forscherin für Berg Fidel“ ermitteln Prof. Dr. Iris Dzudzek vom Institut für Geographie und Community-Forscherin Natividad Abaga Ayecaba, die in dem Stadtteil aufgewachsen und verwurzelt ist, Bedarfe der Gesundheitsförderung für Berg Fidel. Dieser ist von gesundheitlicher Chancenungleichheit geprägt: Kinder und Jugendliche von hier schneiden beispielsweise in den Schuleingangsuntersuchungen deutlich schlechter ab als Kinder aus weniger stigmatisierten Stadtteilen. Das Projekt widmet sich den damit verbundenen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung. Ein Workshop mit allen Beteiligten, interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie mit Akteuren aus Berg Fidel spiegelt die erhobenen Daten in die Community zurück und bietet so Raum für Diskussionen, Vernetzung und für die Entwicklung von gesundheitsrelevanten Strategien.
Transformationen im Münsterland gemeinsam anstoßen: Das Künstlerdorf Schöppingen als Akteur sozial-ökologischer Nachhaltigkeit in der Region
Das Künstlerdorf Schöppingen steht im Mittelpunkt des zweiten Gewinnerprojekts "Transformationen im Münsterland“. Gemeinschaftsgarten, Küche, Werkstatt, Bibliothek, Galerie und die Ausstellungshalle des Dorfes werden dabei als Lern- und Wissensorte für die Bürger verstanden. Welchen Beitrag kann das Dorf als sozial-ökologisch orientierter Akteur für eine nachhaltige Regionalentwicklung leisten? Künstlerinnen und Künstler tauschen sich dafür mit Studierenden der Landschaftsökologie und Soziologie über die Bedeutung von urbanen Gärten für die Gemeinschaftsbildung aus. Prof. Dr. Matthias Grundmann vom Institut für Soziologie, Dr. Cornelia Steinhäuser vom Institut für Landschaftsökologie sowie Julia Haarmann von der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen leiten das Projekt. Der sozial-ökologische Transformationsprozess des Künstlerdorfs wird vom Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung der Universität Münster wissenschaftlich begleitet.
(Die Abschnitte zu den Pristrägerprojekten stammen aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 3, 3. Mai 2023.)
Siegerprojekte des Citizen-Science-Wettbewerbs 2021/2022
Zwei Forschungsprojekte mit einer aktiven Bürgerbeteiligung überzeugten die Jury im Citizen-Science-Wettbewerb 2021/22 der Universitätsstiftung Münster besonders: „Wie divers ist mein Garten? Automatisiertes Biodiversitätsmonitoring an heimischen Vogelfutterstationen“ und „Gemeinwohlbarometer für das Quartier“. In einer öffentlichen Feierstunde im Schloss nahmen die Preisträger jetzt die mit jeweils 7.500 Euro dotierte Auszeichnung entgegen. Die Besucher erhielten zudem Einblicke in den Forschungsalltag von Bürgerwissenschaftlern - unter anderem stellten die Vertreter der Preisträgerprojekte ihre Arbeit in kurzen Videobeiträgen vor. Prof. Dr. Pienie Zwitserlood vom Kuratorium der Universitätsstiftung Münster sowie die Jurymitglieder und Laudatoren Prof. Dr. Tillmann Buttschardt und Jessica Oertel verkündeten die beiden diesjährigen Preisträgerprojekte.
Wie divers ist mein Garten? Automatisiertes Biodiversitätsmonitoring an heimischen Vogelfutterstationen
Jan Stenkamp, Tom Niers und Nick Jakuschona vom Institut für Geoinformatik möchten gemeinsam mit Bürgern erforschen, wie die Zahl und Artenvielfalt der Vögel an heimischen Vogelfutterstationen mit der Gestaltung und Lage von Gärten zusammenhängt. Dazu werden sie an sogenannten smarten Futterstationen, die jeweils mit einer Kamera, verschiedenen Sensoren und einer Internetverbindung versehen sind, in möglichst verschiedenen Gärten Daten über die Vögel erheben. Dabei wird auch künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen. Die Initiatoren und die beteiligten Bürger wollen aus den Daten Rückschlüsse auf die Möglichkeiten für eine möglichst vogelfreundliche Gartengestaltung ziehen und gleichzeitig ein Zeichen gegen das Artensterben setzen. Ein weiteres Ziel ist es, herauszufinden, in welcher Weise dieser Citizen-Science-Ansatz die bisherige Vogelzählung des Projektpartners, des NABU Münsterland, ergänzen kann.
Um ein neues Gemeinwohlbarometer geht es in dem Projekt von Prof. Dr. Samuel Mössner und Le-Lina Kettner vom Institut für Geographie und des Hansaforums Münster. Zwischen 2019 und 2021 hatte die zivilgesellschaftliche Initiative mit Anwohnern einen Quartier-Gemeinwohl-Index entwickelt. Gemeinsames Ziel ist es nun, daraus ein Gemeinwohlbarometer für das Viertel zu erstellen, das auch anderen Quartieren und zivilgesellschaftlichen Initiativen nutzbar gemacht werden soll. Die Initiatoren sehen Citizen Science als wesentlichen Bestandteil der politischen Beteiligung und der Demokratisierung von Wissenschaft.
„Die Stiftung WWU Münster möchte den Citizen-Science-Ansatz der Universität unterstützen“, unterstrich Pienie Zwitserlood in ihrer Rede. „Es ist uns ein wichtiges Anliegen, das Vertrauen der Bürger in wissenschaftliche Methoden durch ihre aktive Teilnahme zu stärken und Barrieren zwischen Wissenschaft und Gesellschaft abzubauen.“ Prof. Dr. Michael Quante, Prorektor für Internationales und Transfer, ergänzte: „Die aktive Beteiligung von Bürgern an der Forschung reicht von der Formulierung der Forschungsfrage, der Projektentwicklung und der Erhebung von Daten bis zur Auswertung und Kommunikation der Ergebnisse. Citizen Scientists und Wissenschaftler generieren auf diese Weise gemeinsam neues Wissen und stellen es der Gesellschaft zur Verfügung.“
Im Citizen-Science-Wettbewerb 2020 wählte die Jury folgende Projekte aus: „Monitoring moderner Agroforst-Ökosysteme“ und „Kinderkuren in Westfalen“. Sie zeichnen sich durch eine starke Bürger-Einbindung, hohe gesellschaftliche Relevanz und ein innovatives Forschungsdesign aus - beide Projekte werden mit jeweils 7.500 Euro von der Universitätsstiftung Münster unterstützt. Zusätzlich wurde ein mit 1.000 Euro dotierter Publikumspreis für das Projekt „Peer-to-Peer-Videos im bilingualen Unterricht“ vergeben, der ebenfalls von der Universitätsstiftung Münster finanziert wird.
Die Forschungsprojekte
Das Projekt „Monitoring moderner Agroforst-Ökosysteme“ aus dem Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster hat zum Ziel, ein Kooperationsnetzwerk zwischen Wissenschaft und lokalen Interessensgemeinschaften in mehreren Landkreisen in Deutschland aufzubauen, in denen Landwirte Teile ihrer Flächen zu sogenannten Agroforstsystemen umgewandelt haben. Dabei handelt es sich um einen Anbau von Gehölzen, der Synergien zwischen der ackerbaulichen Nutzung und der integrierten Gehölzbepflanzung herstellt und gleichzeitig Naturschutz-Belange berücksichtigt. Die Studierenden Julia Binder und Thomas Middelanis sind verantwortlich für das Projekt. Hier finden Sie den ausführlichen Bericht über das Projekt "Monitoring moderner Agroforst-Systeme"
Wer zwischen 1940 und 1980 Kind war, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kinderkur absolviert. Allein in Bad Sassendorf wurden jedes Jahr mehrere tausend Kinder untergebracht. Sie sollten an Gewicht zunehmen und „aufgepäppelt“ werden. Für viele Kinder war der Aufenthalt mit Heimweh und Gewalterfahrungen verbunden, die bis heute nachwirken können. Im Projekt „Kinderkuren in Westfalen“ geht die Abteilung für westfälische Landesgeschichte am Historischen Seminar der Universität Münster mit dem Museum „Westfälische Salzwelten“ der Frage nach, welche sozialen und kulturellen Praktiken den Alltag prägten und das Leben in den Kinderkureinrichtungen in Bad Sassendorf bestimmten. Studierende und Museums-Mitarbeiter erarbeiten in Kooperation mit Bürgern und Betroffenen einen digitalen Ortsrundgang. Mithilfe einer App soll der Kuralltag für Besucher erlebbar gemacht werden. Hier finden Sie den ausführlichen Bericht über das Projekt "Kinderkuren in Westfalen".
Das Projekt „Peer-to-Peer-Videos im bilingualen Unterricht“ basiert auf einer Kooperation zwischen dem Englischen Seminar der Universität Münster und dem Arbeitskreis Bilingual des St.-Antonius Gymnasiums in Lüdinghausen. Bei den Peer-to-Peer-Videos handelt es sich um Filme, die in den zweisprachig unterrichteten Fächern Biologie und Geschichte der Mittelstufe von und für Schülerinnen und Schüler entwickelt wurden. Die Forschungsfrage des Projekts lautet: Inwieweit bieten diese Videos fremdsprachliche, inhaltliche sowie digitale Lerngelegenheiten? Die Schüler recherchieren und strukturieren die Inhalte, um sie in Form eines Videos aufzubereiten. Von der schulinternen Lernplattform aus können die Schüler sie nutzen. Ziel ist es, das Potenzial sowie die Erfolgsbedingungen von Peer-to-Peer-Videos für den bilingualen Sachfachunterricht herauszuarbeiten. Hier finden Sie das Projektvideo zu "Peer-to-Peer-Videos im bilingualen Unterricht".